Gestern eine erste Partie in entspannter wenn auch überlange Viererrunde mitgespielt. War keine Sekunde langweilig, aber hat eben seine Zeit gedauert, um ins Spiel zu kommen, die Möglichkeiten zu überblicken und halbwegs etwas sinnvolles zu machen. Durch den gescripteten Start wird man ein wenig in eine bestimmte Richtung gepushed, hat nach dieser Einführung aber noch zu wenig vom Spiel gesehen, um diesen Plan weiterführen zu können. Zumindest ging es mir so. Also einfach mal machen und sehen, was so passiert.
Der Teufel steckt aber in den vielen Detailregeln, die sich in ihren Auswirkungen erst im Spielverlauf zeigen. Denn seine eigene Engine, befeuert durch Advisor, Secrets und Favors und Relikte und ausliegende Aktionskarten und Banner zum Laufen zu bringen und auch am Laufen zu halten, empfand ich als gar nicht so einfach. Ganz klares Expertenspiel mit dem typischen Cole Wehrle Anspruch aus Root oder John Company oder Pax Pamir. Eine Partie reicht da nicht, um die Möglichkeiten zu erfassen.
Spielerisch ein Aufbauspiel der eigenen Grundlagen, um damit dann im konfrontativen Gemetzel gegen die Mitspieler bestehen zu können. Dieses aktiv gegen einen oder mehrere Mitspieler zu agieren, um die am vorzeitigen Sieg zu hindern, aber zeitgleich die eigene Position nicht zu gefährden oder andere Mitspieler stärker zu machen, ist die eigentliche Herausforderung. Diese Spielweise muss man mögen. Lieb und nett ist woanders. Dadurch war ich aber auch ausserhalb meiner eigenen Spielzüge am Geschehen interessiert und sei es nur als einflüsternder Warner vor drohende Gefahren durch Mitspieler. Ein "Wir müssen was dagegen tun" gibt es bei Oath nur oberflächlich dahergesagt, es hängt an den einzelnen Spielern. Gut gespielt ist wohl dann, wenn man seine Mitspieler in Positionen halten kann, in denen die zu wenig gegen den eigenen Sieg machen können.
Wer Inis oder Cyclades oder Kemet oder Chaos in der Alten Welt mag und eine Spielrunde hat, die mit den Spiel wachsen mag und sich auch auf eher ungewöhnliche Spielmechanismen einlassen mag, die es anfangs zu entdecken gilt, der könnte hier richtig sein. Wer nur Amitrash oder nur Eurogame erwartet und ebenso die Detailtiefe und die nötige Einarbeitung scheut oder schlicht einfach nur einmal eben mitspielen mag, ist woanders wohl besser aufgehoben.
Ich persönlich fand Oath gut bis ambitioniert mit Potential für weitere Partien. Für eine einmalige Partie würde ich den Aufwand hingegen scheuen. Allerdings war für mich der Zugang trotz gescriptete Einführungsrunde nicht einfach, zumal sich im Spielverlauf durch immer mehr ausliegende Aktionskarten an den Orten eine komplexe Situation ergibt, die man überblicken muss. Karten mit teils relativ viel kleinem Text auf dem Kopf liegend und durch den breiten Spielplan über den Tisch verteilt, muss man sich merken wollen und können oder erneut nachlesen wollen, weil man ansonsten viel von den Spielmöglichkeiten aufgeben würde, wenn man die aus Bequemlichkeit igoriert in seinen Plänen. Da hätte ich mir einen Fokus auf bessere Übersicht gewünscht, die man einfacher als Spieler aus jeder Sitzposition erfassen kann. Auch hier bleibt Oath ein Spiel, das seine Spieler fordert - dann aber ausreichend Spannung und Spielspass und Interaktion zurückgibt.
Ein Spiel, das seine Fans finden wird, aber ebenso wie Root nix für den Gelegenheits-Mitspieler ist. Da sollte man sich durch die wirklich stimmige Optik nicht blenden lassen. Die Optik ist nur die Oberfläche, um Interesse zu erzeugen. Sich reinknien und dranbleiben muss man selbst. Für Wiederholungsspieler empfohlen.
Ach ja: Ich konnte diese Viererpartie gewinnen mit den roten Füchsen. Zunächst schnappte ich mir etwas unwissend das Banner der Volkesmeinung, die dann aber doch zu gefrässig an Favors wurde und ich deren Vorteile nicht wirklich zu nutzen wusste. Danach hatte ich früh eine Vision gezogen, bei der ich das Buch der größten Geheimnisse halten sollte, was sich dann in Folge schwieriger als gedacht herausstellte. Zumal mir durch die Besitznahme genau diese Secrets fehlten, um meine eigene Engine am Laufen zu halten, die durch das Banner der Volkesmeinung eh schon an Favors auszutrocknen drohte. So wurde ich in der Folge beide Banner wieder los und konzentrierte mich stattdessen auf meine militärische Stärke, die Eroberung von Battle Plan Locations und den Sturz des Kanzlers, was mir auch zweifach gelang und ich beim zweiten Mal die nötige Zeit zum Spielsieg halten konnte. Ob am Ende nur die zwei Verteidigungswürfe mit jeweils Doppelschild und zweifach 2x-Verdoppelung ausschlaggebend waren, das weiss nur die Geschichte und die darf am Ende einer Partie nur der Sieger schreiben.