Beiträge von Sir Bobo im Thema „23.12.-29.12.2019“

    Herrlich - die Zeit zwischen den Jahren erlaubt es tatsächlich mal wieder, deutlich mehr Spiele auf den Tisch zu bringen als sonst... :klatsch:


    #Diamant


    Zunächst gab es eine kleine Aufwärmrunde des Mini-Spiels "Diamant" (auch als "Incan Gold" bekannt), die brettspielgewordene Inkarnation des "Chicken-Spiels": Die Spieler gehen gemeinsam in eine durch einzelne Karten nacheinander aufgedeckte Höhle und sammeln Edelsteine ein, doch wenn eine zweite Falle des selben Typs aufgedeckt wird, sind alle Spieler, die noch in der Höhle sind, tot und verlieren die gesammelten Steinchen. Da man umgekehrt bei einem Rückzug alle Steine vom Wegesrand einsammelt, die noch von Edelsteinkarten übrig sind, dies aber möglichst nur alleine machen möchte, ist die simple Entscheidung, wann man sich tatsächlich zurückzieht und dann die nächste aufzudeckende Karte den weiterlaufenden Mitspielern überlässt, einfach genial auf den Punkt gebrachte Pokerspannung, die in 10-15min schnell durchgezockt werden kann. Klar, es ist natürlich glückslastig und kann auch mit abgeschalteter Cortex gespielt werden, aber wir hatten damit zu viert einen unterhaltsamen, mit Schadenfreude und Neiddebatten gespickten Start in den Abend, daher glitzern hier 7.5 von 10 funkelnden Rubinen an der Höhlenwand.



    #TinyTowns


    Auch "Tiny Towns" wurde hier bereits mehrfach erwähnt, daher will ich es kurz halten. Jede Runde ruft ein Spieler eine von 5 Ressourcen aus, die auf einem 4x4 Grid platziert werden, um damit aus einer gemeinsamen Auslage Gebäude zu bauen, die im Tetris-Style eine bestimmte Form und Kombination von Ressourcen benötigen. Da dann aber das gebaute (sowie Siegpunkte oder sonstige Vorteile bringende) Gebäude ein Feld blockiert, wird der Spielraum wortwörtlich immer enger... Nach mehreren Partien macht es immer noch Spaß, es kann doch passieren, dass man sich schlicht durch ungünstige Ressourcenwahl der Mitspieler sowie mäßig brauchbaren Sonderkarten als eigener Geheimbauauftrag etwas gespielt fühlt, was ich bei der Länge des Spiels von 30-45min jedoch verzeihe und vor allem demnächst einmal die optionalen Sonderregeln zur Ressourcenbestimmung (Townhall Rules) ausprobieren werde, daher bleibt der Bürgermeister hier vorerst bei 7 von 10 genehmigten Bauanträgen.



    #MastersofRenaissance


    Der Untertitel von "Masters of Renaissance" führt mit Lorenzo il Magnifico: The Card Game zunächst schamlos in die Irre, denn der neue Titel von Cranio Creations hat weniger Karten als das Original und ist faktisch nicht einmal ein Workerplacement-Spiel, sondern ein durchaus spannendes Resource Management / Action Selection Spiel geworden. Jede Runde können bis zu vier Spieler jeweils entscheiden, ob sie Ressourcen nehmen, Karten kaufen oder produzieren wollen. Sollte ein Spieler sieben Karten auf seinem Tableau gesammelt oder das Ende des Glaubenstracks erreicht haben, endet das Spiel am Ende dieser Runde und es werden die Siegpunkte auf den Karten und dem Glaubenstrack zusammengerechnet.


    Das spannende Dilemma des Ressourcenmanagements beginnt bereits bei der Auswahl, da man sich alle Ressourcen aus einer Reihe oder Spalte eines 3x4 Felder großen Rechtecks mit Murmeln auswählt, wobei die Farbe der Murmeln bestimmt, ob bzw. welche Ressourcen man bekommt. Gleichzeitig verschiebt sich durch die Auswahl die Konstellation der Murmeln für den nachfolgenden Spieler (was leider die Vorausplanung dieser Aktion etwas limitiert). Knackpunkt dabei ist jedoch der begrenzte Speicherplatz für Ressourcen, da man nur 1x, 2x und 3x jeweils unterschiedliche Ressourcenarten maximal bei sich ablegen kann und ein Überfluss zu Boni bei den Mitspielern führt.


    Durch diese Ressourcen kann man erste Karten kaufen, die praktisch alle es jeweils in der Produktionsaktion dann erlauben, einzelne Ressourcen in mehr Ressourcen oder Glaubenspunkte zu verwandeln, wobei produzierte Ressourcen keine Lagerbeschränkungen haben und für teurere Karten essentiell notwendig sind. Ich kann jedoch eine Stufe II-Karte nur auf eine Stufe I-Karte bauen, die damit inaktiv wird und habe auch nur drei Slots für Gebäude zur Verfügung und kann jede Karte nur einmal aktivieren, so dass der Aufbau einer effizienten Produktion zu einer filigranen Balance gerät, die durch das Wegschnappen der auserwählten Zielkarte durch Mitspielerkauf mehr als einmal straucheln dürfte. In diesem Spiel muss man die Ressourcen und Pläne der Spieler immer aus dem Augenwinkel im Blick oder einen "Plan B" haben, sonst bleibt man auf evtl. zur Zeit unbrauchbaren Ressourcen sitzen.


    Zusätzlich hat jeder Spieler noch zwei Leader (aus 4 Karten zu Beginn ausgesucht), die bei bestimmten Grundvoraussetzungen (z.B. ein gelbes und ein grünes Gebäude haben) ins Spiel kommen und dann Siegpunkte und/oder dauerhafte Boni wie etwa günstigerer Kartenkauf, mehr Speicherplatz oder Umwandeln der "weißen Nietenmurmel" in eine bestimmte Ressource bringen. Auch der Glaubenstrack hat einen cleveren Mechanismus, der die Spieler zwingt, sich gegenseitig im Blick zu behalten, da der Abstand nicht zu groß werden darf, da ein Spieler bei Erreichen eines Papstaudienz-Felds eine Miniwertung triggert und alle Spieler, die dann nicht zumindest ein paar Felder von diesem Feld entfernt sind, Bonuspunkte verlieren.


    Die Produktionsqualität ist ordentlich und die Inlays durchaus funktional. Der minimale Renaissance-Flaire des Originals glimmt allerdings lediglich im gleichen Grafikstil von Klemens Franz auf, ansonsten haben die Autoren leider sogar auf Kartentitel oder Namen auf den Leaderkarten verzichtet. Während evtl. so mancher das etwas minimalistische Spieldesign der Produktionskarten (wandle x in y) und Leader (es gibt genau vier Arten) aufgrund der leichten Verständlichkeit und dadurch limitierten Komplexität feiern mag, hätte ich hier gerne etwas mehr Originalität und Abwechslung, die evtl. durch eine Erweiterung mit ein paar Karten mehr schnell erzielt werden könnte.


    Es bleibt im Ergebnis ein kniffliges Optimierungspuzzle, bei dem ich zwar nicht immer das Gefühl hatte, das Spiel wirklich strategisch zu kontrollieren (z.B. konnte ich einen einfachen Leader mangels unpassender Gebäudefarben nie ausspielen), konnte aber durch taktische Ausrichtung und Nutzung von Gelegenheiten dennoch gezielt zumindest etwas vorausplanen und passende Produktionsketten aufbauen, die am Ende dank Kartenpunkte und Führung auf dem Glaubenstrack einen souveränen Sieg ermöglichten. Insgesamt hatten auch alle Mitspieler ein befriedigendes Spielerlebnis, was man auch immer an der netten "Diskussion danach" festhalten kann, wenn Fehler analysiert und nicht genutzte Alternativen beklagt werden. Daher spendiert der Doge den Renaissancekünstlern 7 von 10 goldene Dukaten, erwünscht sich dabei jedoch eine kleine Erweiterung.


    Bildquelle: Cranio Creations s.r.l.

    Wieder einmal sind neben den "üblichen Verdächtigen" auch ein paar neue Kandidaten auf den Tisch gekommen, die ich hier gerne aufgrund der *hüstel*

    interessanten Erfahrungen kurz darstelle.


    #MonsterSlaughter


    Zunächst ausdrücklich vorneweg - mein Ersteindruck von "Monster Slaughter" beruht auf einer Vierer-Partie (ausnahmsweise) ohne eigenes Regelstudium, so dass ich es nicht ausschließen kann, ob alle Regeln auch richtig gespielt wurden oder meiner beschränkten Wahrnehmung schlicht tiefere Erkenntnisse entgangen sind... Inhaltlich ist es jedenfalls ein einfacheres "Bier & Brezel"-Spiel, bei dem die Spieler jeweils eine Monsterfamilie im Stil der 70er/80er-Horrorfilme über eine Hütte herfallen lassen und dort versuchen, bis zu 5 Opfer zu finden und futtern. Deren Schaden gibt Siegpunkte, ebenso der finale Todesstoß, die vorhergesagte Reihenfolge der Abgänge und Sonderpunkte, wenn man ein "auserwähltes" Opfer selbst um die Ecke gebracht hat.



    Dabei hat jeder Spieler insgesamt 9 Züge und kann jeweils 2-3 Aktionen mit Figuren auf dem Spielbrett durchführen. Die Aktionen sind dabei beschränkt, auf einem sehr überschaubaren Spielplan sich zu bewegen, Türen einzuschlagen, Räume nach Supportkarten (und dabei gelegentlich ein Opfer) zu durchsuchen und schließlich Opfer anzugreifen. Da fängt das Debakel aber auch an, denn normalerweise greift man bestenfalls mit vier Würfeln an und die anderen Spieler dürfen dann eine Karte ausspielen, die das Opfer boostet, so dass man oft selbst bei bester Planung bei reinem Würfelglück endet. Denn leider gibt es eine Menge Supportkarten, die alle die Opfer unterstützen und die Kartenstapel waren bei uns schnell durch und somit wurden die selben hohen Verteidigungskarten immer wieder in die gleichen Stapel gemischt. Da man die Opfer ebenso in den Kartenstapeln suchen muss, ist jeder schnell am Kartenlimit von 7 Karten angekommen und damit kann man viiiiiiieeeeele Angreifer zur Weißglut treiben.


    Das Spiel ist optisch durchaus eine kleine Augenweide, man spielt im bzw. um den Kartondeckel und baut darin eine kleine 3D-Hütte, doch für ein Spiel dieser Kategorie hat das Spieldesign einfach ein paar mächtige Haken. Die Stunde Spielzeit hat gefühlt viel zu lange gedauert, da die Aktionen an sich einfach bis langweilig sind und der Erfolg schlicht vom Kartenglück (wer zieht wo welche Charaktere?) bzw. Würfelpech (Karten ziehen? Würfeln... Tür aufbrechen? Würfeln... Erschrecken? Kämpfen? You get it....) abhängt. Hat den Designern niemand gesagt, dass sie die OPTIK der 80er übernehmen sollen, nicht das Brettspieldesign des letzten Jahrhunderts?! Die Idee der Vorhersage der Opferreihenfolge mit der theoretischen Motivation, Opfer, die nicht der eigenen "Menueplanung" entsprechen, aus der Gefahrenzone zu bewegen und wieder zu "verstecken", wird konterkariert durch die vielen Punkte durch erfolgreiche Angriffe und dem gnadenlosen Zufall an jeder Ecke, garniert mit nicht unbedingt ausgewogen erscheinenden Vorteilen einzelner Monster (Vampire können z.B. beim Suchen einen Würfel mehr einsetzen und haben dies auch ständig ausgenutzt, während Mumien besser "erschrecken" können, was ich genau einmal im ganzen Spiel - zugegebenermaßen erfolgreich - genutzt habe).


    Endlich mal wieder ein Kickstarter, der mich glücklich macht... einen weiten Bogen darum gemacht zu haben und nun auch zu wissen, dass es definitiv für mich die richtige Entscheidung war, obwohl ich das Spiel tatsächlich etwas (wie der Ritt auf einem von Dämonen bessenen Zombiebullen...) steuern und dadurch mein Hauptziel in der richtigen Reihenfolge erwischen konnte und dadurch mit 28 Punkten haushoch gewonnen hatte. Die Mechanismen sind einfach - motivgerecht - "gruselig" und sprechen vielleicht eher jüngeres Publikum an, doch da passen die blutigen Karten und das "Auffressen" dann auch nicht wirklich dazu. Daher gibt es ein bluttriefendes Massaker mit 5 von 10 Kettensägen...



    #ShadowsofMacao


    Danach gab es noch mit "In den Schatten von Macau" ein kleines Kartenspiel aus Essen 2019... und die Betonung liegt auf "klein". Selten hatte ich soviel Luft im Karton, denn der gesamte Spielinhalt mit sehr schmalen Karten passt in eine Zigarettenpackung, wird jedoch ein einem deutlich größeren Pappkarton verkauft (siehe Bild).



    Das Spiel selbst ist ein fluffig-leichtes Kartenspiel, bei dem man Informantenkarten aus einer Auslage auswählt, diese Informantenkarten mit Ressourcen entweder von anderen Informantenkarten, die man abwirft, oder mit permanenten Ressourcen bezahlt und damit zu permanenten Mitgliedern umdreht und dadurch dauerhafte Ressourcen und andere Vorteile erhält oder schließlich eine Menge Ressourcen bezahlt oder andere Bedingungen wie bestimmte Informationen in der Auslage erfüllt und damit sich "Gewerbe", faktisch Siegpunktkarten, sichert. Sind alle Gewerbe weg oder hat ein Spieler 7 permanente Mitglieder erworben, werden die Siegpunkte auf den Karten gezählt.


    Auch wenn diese Kartenmechanismen schon häufiger zu sehen waren, gibt es durch ein paar interessante Entscheidungen dank der Kartensonderfunktionen und dem üblichen Dilemma, welche Karten man bei begrenztem Raum als Ziel vorsieht und welche Karten man opfern wird. Durch das Drafting aus einem gemeinsamen Pool sowie dem Rennen auf die Zielpunktkarten und Sonderkarten, die z.B. andere Spieler zwingt, eine Karte abzulegen, gibt es ausreichend Interaktion, ohne allzu bösartig zu werden.


    Leider hat die Anleitung ein paar kleinere Schwächen und schweigt etwa schlicht zur Frage, was man mit einem leeren Kartendraftingstapel anstellt. Ausnahmsweise sind die 30min Spielzeit aber durchaus auch zu viert machbar und fällt daher eher in die Rubrik "Thinky Filler", auch wenn es in der Essenz ein einfaches Ressourcenmanagement darstellt. Es konnte uns durchaus unterhalten und der errungene Sieg war zwar knapp, aber durch gezielte Rekrutierungsstrategie nicht ganz unverdient. Dennoch bietet das Spiel für den aktuellen Preis von über 20€ leider etwas wenig, daher exekutieren die Triaden auch hier mit harten 6 von 10 tätowierten Yakuza-Schlägern.