#FormosaTea
Auch wenn Kermeur leider kurzfristig nicht teilnehmen konnte, ist bei uns diese Woche mit Formosa Tea eine Essen-Neuheit aus Taiwan als Dreierpartie auf den Tisch gekommen. Gleich vorneweg - Das Workerplacement-Spiel ist für mich als Ersteindruck ein kleines Highlight der diesjährigen Spielemesse und ich stimme den begeisterten ode. vollständig zu.
Jede Runde setzen die Spieler als Teeproduzenten ihre 4 Arbeiter zum Ernten, Verarbeiten und Verkauf von Tee ein. Dabei liegt die besondere Eleganz des Spiels in der Verknüpfung der Erntefelder mit den Produktionsstufen, so dass alle Arbeiter in der Verarbeitung weiter auf ihren Aktionsfeldern voranschreiten, sobald Pflücker auf zugehörigen Plantagen gesetzt werden. Dummerweise benötigt man aber erst Tee von den Feldern, bevor man eine Teecharge auch verarbeiten kann. Dann gibt es auch noch drei Teesorten, obwohl man nur maximal sechs unverarbeitete Teelieferungen einlagern kann und man doch möglichst viel einheitlichen Tee verarbeiten möchte... und dann gibt es auch noch das Wetter, dass die Feuchtigkeit des gepflückten Tees bestimmt und damit die Qualität. Ich kann aber auch die Verarbeitungsschritte abkürzen und statt hochwertigen Tee für den internationalen Markt (=Auftragskarten) den billigen Schrott auf dem lokalen Markt verhökern oder zu punkteträchtigen Jasmintee parfümieren. Herrliche Entscheidungen, die einen Spieler auch mit Blick auf das kritische Timing und Abstimmung der Arbeiter fordern, aber nie gefühlt überfordern.
Es findet auch ein enges "Mitspielen" mit der Konkurrenz statt, da die Arbeiter einerseits auf den Plantagen das gewählte Feld besetzen, andererseits aber alle Meeples in der Verarbeitung voranschreiten lassen. Auch können Aufträge weggeschnappt werden oder Rundenziele gehen an den Spieler mit einem bestimmten Vorsprung. Dennoch ist es durchaus keine blutige Konkurrenz mit Hauen und Stechen, sondern mehr ein gegenseitiges Taxieren oder sogar widerwilliges Kooperieren, nur um dann den entscheidenden Schritt schneller zu sein.
Das Design von Formosa Tea würde ich als zurückhaltend elegant bezeichnen, denn nicht nur optisch ist die Symbolik gelungen und sowohl das Brett als auch die Spielerboards erklären die Verarbeitungsabläufe. Das Spiel selbst ist vergleichsweise "schlank" gehalten und verzichtet auch übermäßige Komplexität oder voluminöse Grafiken, ohne dabei auf Spieltiefe zu verzichten. Minimale Abstriche gibt es vielleicht bei den nicht ganz selbsterklärenden, asynchronen Spielerfähigkeiten und den sich etwas ungelenk anfühlenden Plättchen als Verarbeitungsverbesserungen. Doch das Thema der Tee-Verarbeitung kommt einfach wunderbar durch und ein derartig rundes Spielgefühl der Zusammengehörigkeit von Thema und Aktionen hatte ich bei meinen Euro-Games in der letzten Zeit eher selten.
Die Partie selbst hat bei uns dann als Kennenlernrunde zwar doch gemütliche drei Stunden gedauert, aber es hat sich nicht so angefühlt und ich bin mir sicher, es auch auf zwei Stunden runterzubekommen (wir schweigen einfach mal über die 40-60min auf der Packung). Obwohl wir alle sehr unterschiedliche Strategien gefahren sind, lag die Konkurrenz mit mir bis kurz vor Ende noch recht zusammen, doch ein "last minute" Riesenexport, der mir auch noch viele Zusatzpunkte auf die von mir gesammelten Teeaufträge dank ausgebauter Techleiste geliefert hat, konnte ich die Partie mit 172 Punkten gegenüber der Konkurrenz mit knapp unter 150 Punkten schlagen. Dennoch waren alle Mitstreiter über die gelungene Abendrunde hochzufrieden und diskutierten noch einige Zeit über die eleganten Mechanismen und natürlich verpasste Chancen...
Damit gibt es von mir als Auszeichnung einen formosablen Oolong Teebeutel mit Meisterprädikat oder duftende 8.5 auf der BGG-Wertung.