Beiträge von PowerPlant im Thema „Komplexe Spiele erklären“

    Da vergisst man dann vielleicht eine Regel und der Mitspieler fühlt sich unfair behandelt ("Achso! Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich die letzten 4 Züge ganz anders gemacht!") - und ich kann das völlig nachvollziehen.

    Da kann ich dich beruhigen: Sowas haben komplexe Spiele an sich. Selbst wenn Du alles auf dem Schirm hast, wird dieser Satz irgendwann kommen. Manchmal kommt das dann selbst, wenn ich einen Satz 4x in der Erklärung gesagt habe. "Das wurde nie erklärt!" ;)

    Komplexe Spiele brauchen eine Lernpartie. Gerade deshalb habe ich die wirklich wichtigen Dinge in den Spielehilfen markiert bzw. hervorgehoben. Aber es nützt einfach nichts, je komplexer das Spiel, desto unwahrscheinlicher, dass man in der ersten Partie alles im Blick hat und gut spielt. Aber ehrlich gesagt ist ja diese Tiefe gerade der Grund, warum man diese Spiele spielt. Einen Titel, den ich nach der ersten Partie schon voll im Griff habe, kommt wohl selten noch auf den Tisch. Außer er bietet was anderes spannendes, wie VdW oder Bloodrage.

    Versuch dir die Regeln zuvor draufzuschaffen und verdeutliche den anderen, dass sie in der ersten Partie wohl nicht gut spielen werden. Einfach weil das Spiel erstmal "erkunded" werden möchte. Damit wird aber auch jede weitere Partie spannend bleiben.

    Der Umkehrschluss ist ja ganz logisch: Die Leute haben keine Lust über eine Stunde Regeln zuzuhören oder zu lesen und dann muss dieser Brocken auch noch gespielt werden und macht nichtmal Spaß, weil man die Hälfte schon wieder vergessen hat und sowieso nicht gewinnt. Klar, dass da mal ein Spiel "verbrannt" wird. Aber das musst Du mit guter Vorbereitung umgehen. Wenn es dir im Kopf nicht gelingt, dann mach dir ruhig Notizen. Bei meinen Spielehilfen gehe ich so vor, dass ich jeden Abschnitt versuche so kurz wie möglich zusammenzufassen. Das beginnt in Stichworten und du wärst überrascht, wie viel Text man mit 1-2 Sätzen zusammenfassen kann. Regeln sind ja immer für den DAU geschrieben (dümmsten anzunehmenden User) und müssen Wasserdicht sein. Was ich aber zusammenschreibe ist eine Gedankenstütze um solche Regeln im Gedächtnis zu halten. Die dann so sauber zu schreiben, dass man anderen damit ein Spiel erklären kann, ist eine Aufgabe an der ich aber auch noch arbeite. Aber ab und zu funktionierts :)

    Regeln lernen und Spieleabende sind einfach zwei unterschiedliche Dinge.

    Habt ihr irgendwelche Tricks, wie ihr komplexere Spiele "an den Mann" bringen könnt, ohne das Regelwerk selbst komplett auswendig lernen zu müssen?

    Nein. Bei uns gehört es zum "guten Ton", dass derjenige, der ein Spiel auf den Tisch bringt, es auch erklären kann. Es sei denn die Gruppe weiß vorab Bescheid, dass sie sich auf einen "Spiele-Lern-Abend" einlässt. Nichts ist für uns nerviger, als wenn wir in der schon knappen Zeit noch Stunden damit beschäftigt sind durch ein Regelheft zu blättern. Das ist für mich genau so unhöflich wie unerträgliche Downtime.

    Aus diesem Grund - und das ist der Startgrund für Boardgamefan gewesen - erstelle ich die Spielhilfen in erster Linie für mich selbst. Die lese ich dann vor und alle wissen Bescheid. Obendrein hilft die semantische Aufarbeitung die Themen bei Fragen zu finden. Besonders wenn wie bei Nemesis verschiedene Regeln zu einem Thema an unterschiedlichen Stellen stehen - die versuche ich dann an einem Ort zusammenzufassen, sodass man nicht springen muss.

    Es ist wie damals in der Schule: Einen Spickzettel zu schreiben ist der beste Weg zu lernen ;)

    EDIT: Wenn wir einen Lern-Abend (gemeint ist nicht "Erstpartie") veranstalten, dann weiß also jeder Bescheid, dass wir erstmal eine Stunde Regeln lesen und geben das Heft dann auch Abschnittsweise weiter und spielen die Absätze exemplarisch durch, bis sie jeder verstanden hat. Das dauert auch ein wenig, macht aber mehr Spaß als wenn alle um den Tisch herum sitzen und zuschauen, wie jemand bei Rückfragen im Heft blättert.