Beiträge von Bierbart im Thema „09.09.-15.09.2019“

    Das allgemeine Brettspielleben ist derzeit geprägt von Kompromissen; natürlich auch vom Zeitmangel, aber vor allem eben auch durch Kompromisse in der Auswahl der Spiele. Ich komme leider nur selten dazu, die Sachen zu spielen, auf die ich bedingungslos Lust habe. Ich fasse die letzten Partien in diesem Beitrag zusammen.


    Der Eiserne Thron (2nd ed.) in einer 5er-Partie, in der wir Stark entfernt und den Norden gesperrt hatten. Ich hatte erstmals überhaupt Lannister gespielt und bereits spätestens ab etwa der dritten Runde kein Land mehr gesehen. Ich hatte die Regeln nicht mehr hundertprozentig drauf und so ein paar falsche Entscheidungen getroffen:

    • Strategischer falsch entschieden, mich mit Greyjoy nicht anzulegen, und stattdessen auf Tyrell im Süden loszugehen. Meta-Aspekt, den wir hier nicht weiter diskutieren können, aber war halt so. Die Gründe waren gut, nur dumm.
    • Falsch gerüstet. Meine Rüstungsanstrengungen fokussierten die Flotte; diese war dann in der Folge leider in etwa so nutzlos wie ein Flugzeugträger auf dem Bodensee, da ich Greyjoy ja in Ruhe ließ. Die starke Flotte vor der eigenen Haustüre limitierten dann meine Truppenstärken am falsche Ort und war für nichts zu gebrauchen -- eine für mich völlig neue Erfahrung! Als Faustregel würde ich behaupten, dass die Kontrolle der Seegebiete für alle anderen Parteien schon die halbe Miete ist. Für Lannister gilt das nicht.
    • Taktischer Fehler: Die "Lannister-Schildkröte" habe ich zwar ohne fremde Hilfe entdeckt, dann aber blöderweise die Funktion der Türme falsch in Erinnerung. Arrgh! Brutal frustrierend! Aber irgendwie ja typisch für dieses verfluchte Spiel. Ich fühlte mich erinnert an meine ersten Erfahrungen mit dem Eisernen Thron und die Tage, in denen ich das Spiel aus eben jenem Grund bis ins Mark gehasst habe. "Ach so, nein. Das geht so nicht, sorry. Die Türme geben Dir nur im Angriff auf eine Burg den Bonus, nicht bei jedem Angriff. Habe ich aber vorhin gesagt!". Grrrr ja toll, hast du vorhin gesagt, ich hab's aber trotzdem vergessen, verdammte Scheiße grummelgrummel....

    Die Karten kamen außerdem mit einem für mich äußerst ungünstigen Timing. Bereits nach der ersten Runde kam eine Musterung. Lannister-Bonusbefehle zum Mustern gerade verpulvert. Also kurz gesagt: Ich habe dann einfach resigniert und diesen Schmerz 6 Stunden lang tapfer ertragen. Hmnja. Schwamm drüber.


    Dann Fuji erstmals zu viert gewonnen, war der fünfte Anlauf. Ein sonderbares, und dabei nicht besonders spaßiges oder spannendes Spiel, das ich meinen Mitspielern zu Liebe natürlich mitspiele, aber im Leben nicht vorschlagen würde. Ich würde sogar behaupten, es ist mit das schwächste, weil nicht so recht funktionierende vollkooperative Spiel, das ich kenne. Versteckte Information, Würfel erraten und Nachwürfeln, Gegenstände einsetzen -- alles nicht so überzeugend und ausgesprochen unspannend. Wenn man nicht weiß, welche Zahlen man (nach-)würfeln muss, kann ja auch keine Spannung, ist ja logisch. Nachwürfeln erscheint mir sowieso überwiegend blödsinnig, da selten klar ist, wann sich Nachwürfeln lohnt. Und dann diese fürchterlichen Farben, die sie da für die Würfel ausgewählt haben.... Hoffentlich nicht wieder. Es gibt soooo viele vollkooperative Spiele, die um Lichtjahre besser sind. Nein, ich mag es nicht.


    Ich liebe das Genre der Typen auf 'ner Landkarte, auch bekannt als DoaM, und so wahnsinnig viele gibt es nun einmal doch nicht davon. Kyklades besetzt in meiner Sammlung die ansonsten kaum präsente Nische der etwas euro-ischeren Hybriden. Nach längerer Pause das in den vergangenen zehn Jahren nur selten aus dem Regal geholte Kyklades. Zu dritt ging's mal wieder sehr flott. Einen Neuling habe ich aber, glaube ich, zu hart gebissen, was im Nachhinein betrachtet möglicherweise nicht nur ein bisschen und unnötig gemein, sondern dazu noch unklug war. Der wird es nämlich nicht wieder spielen wollen. Merke: Will man Leute anfixen, muss man sie das erste Spiel immer gewinnen lassen. Ist so. Kann man nichts machen.

    Schade ist das trotzdem, denn Kyklades ist an sich schon ein ziemlich cooles, sehr taktisches Dudes-on-a-Map-Spiel. Gewöhnungsbedürftig ist sicher diese Entkoppelung von See- und Landangriffen. Nach Ansicht mancher meiner bisherigen Mitspieler fehlt es dem Grundspiel deshalb bisweilen an Dynamik. Ich finde es ebenfalls ein wenig seltsam. Ich weiß zwar, dass Hades die Dynamik diesbezüglich nochmal stark verändert, und auch, dass das Spiel nur ab vier Leuten aufwärts wirklich funktioniert; und ich setze noch Hoffnungen auf die Titans-Variante. Aber trotz all der Elemente, die ich an dem Spiel mag, glaube ich nicht so recht daran, dass es sich nach inzwischen gut 10 Jahren in meinem Besitz jemals noch zum Dauergast auf meinem Esstisch entwickeln wird. Vielleicht wird es durch Kemet ersetzt. Das ist eh nochmal mindestens eine Ecke schärfer.


    Ähnlich selten wie Kyklades spiele ich Alien Frontiers, und es besetzt ebenfalls als einziges Spiel seiner Art das Genre der Würfeleinsatz-Spiele in meinem Regal. Erstmals zu viert gespielt, was viel, viel spannender ist, als das Spiel zu dritt. Die ordentliche Portion direkter Interaktion ist schon geil, auch ohne Raiders Outpost. Es ist sicher nichts allzu besonderes, aber es sieht gut und kann gut tanzen, wenn ihr wisst, was ich meine. Nee, im Ernst. Es sieht echt gut aus und ist unterhaltsam. Nichts, wofür man nachts aufstehen würde, aber gut genug.

    Bemängeln muss man aber eines dabei: Die Wartezeiten zwischen den Zügen. Es liegt wahrscheinlich in der Natur der Würfeleinsatzspiele, dass der Würfelwurf immer erst zu Beginn des Zuges ausgeführt wird, aber das hat eben den massiven Nachteil, dass der Spielzug nicht voraus geplant werden kann, während die anderen am Zug sind. So wird eben erst gewürfelt, und dann muss nachgedacht werden, während der Rest warten muss. Das wäre eigentlich fast schon ein Grund, es wieder zu verkaufen. Kenne aber gerade keine bessere Alternative dazu. Oder es müsste eine Hausregel her, die es erlaubt, den Wurf für den folgenden Zug am Ende des aktuellen auszuführen, irgendwie...


    Ganz anders Im Wandel der Zeiten. Allzeit-Favorit, für den wir am Sonntag zu viert über sieben Stunden brauchten. Bei mir lief's dermaßen gut mit Forschung und Ressourcen, dass ich es kaum fassen konnte, dass ich trotzdem als letzter auf der Kulturpunkt-Leiste endete! Wie konnte das passieren? Na ja, okay. Ich habe halt keine Kultur produziert. Egal, ich war der moralische Sieger! Nach eigenen Maßstäben! Wen interessieren schon profane Kulturpunkte, wenn man eine konstitutionelle Monarchie mit voll besetzter moderne Armee aus Panzern, Raketen, Luftwaffe und Infanterie mit Churchill als Anführer hat, eine vierfach-Erdöl-Produktion, die Bibliothek von Alexandria, die Karls-Universität, drei Computer-Labore, Profisport, Oper und überhaupt soooo einen Arsch voll fettes Zeug! Wie immer aber ohne Krieg aufgrund eines Gentlemens' Agreement. Finde ich auch gut, aber im Ernst, ich hätte die allesamt militärisch so dermaßen überfahren können...


    Ein ganz seltsames Spiel dagegen ist Discover. Wusste ich vorher nichts drüber, sah nur dieses unglaublich schöne Cover, Fantasy Flight und Corey Konieczka. Ich ging unvorbelastet, aber mit guter Hoffnung an die Sache, denn so ein Spiel muss gut sein.

    War es aber nicht. Uninspiriert. 08/15. Die Story, soweit man das nach einer Partie (des vollkooperativen Sumpf-Szenarios) sagen kann, ist flach, belanglos und langweilig. Irgendwie scheint da die zündende Spielidee im Hinterkopf gefehlt zu habe. Ich glaube auch nicht, dass der Reiz lange trägt, aus Schrott, Holz und anderem Zeug die immer gleichen 10 Gegenstände herzustellen. Also ziellos rumlaufen, Bär erlegen, Sachen sammeln, Bratpfanne basteln, Monster ausweichen, Bossgegner besiegen. Erinnerte mich vom Spielgefühl her an... an was? An Robinson Crusoe vielleicht? Und das meine ich nicht als Kompliment.

    Coreys Spiele finde ich mit die besten überhaupt, aber bei Discover hätte ich noch nicht einmal im Ansatz vermutet, dass ausgerechnet er der Autor ist. Das passt auch so überhaupt nicht in das FFG-Portfolio. Wo ist das Drama? Wo ist die Spannung? Nichts davon vorhanden! Ich würde es wieder mitspielen, aber dieses Spiel ist so unspektakulär, dass ich nicht glaube, dass ich es jemals vorschlagen würde.


    Gestern noch die vielleicht längste Praline bzw. das vielleicht entspannteste Gesellschaftsspiel der Welt, nämlich Sherlock Holmes Criminal-Cabinet. Fall 3, "Die toten Löwen im Hyde Park" nach drei Stunden auf dem Sofa lümmelnd gelöst. Also eigentlich schon nach einer Stunde, aber irgendwie nahmen wir wieder einmal fälschlicherweise an, es gebe noch mehr Hin- und Beweise zu entdecken, mit denen wir unsere Hypothese der Hergänge in der Nacht des 16. auf den 17. August des Jahres 1888 hätten validieren können, aber die gab es nicht. Also, so sehr ich dieses Spiel auch wertschätze, und das tue ich sehr, wirklich von ganzem Herzen: Man muss, glaube ich, einfach akzeptieren, dass Holmes keine Beweise, sondern nur Indizien braucht.

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