Udo Bartsch: Rezensionen für Millionen: Tapestry
Von mir hätte das Spiel bei genau den gleichen Kritikpunkten nur ein "mäßig" bekommen.
Sehe das Spiel auch genau so. Mir ist kein Spiel bekannt, das in vielen Punkten so dermaßen Misslungen ist und dann dennoch einiges an Spielspaß erzeugt. Ich frage mich dennoch wie SM redaktionell so schlampen konnte.
Alles anzeigenDie ganze Kontroverse und die Kommentare auf BGG zeigen doch sehr wohl, dass hier eine falsche Erwartung aufgebaut wurde. Wer die Schuld nur dem Konsumenten zuschiebt macht es sich zu einfach. Und das hat viele Gründe:
- "Zivilisationsspiel" prangt sehr deutlich auf dem Cover, was z.B. ein 7 Wonders oder andere Spiele die auf BGG als Civilization Spiel getagged sind nicht machen.
- Jamie hat in seinen Videos und im Blog mehrfach erwähnt, dass er für die Entwicklung von Tapestry sich mit den gängigen Civ-Brettspielen und auch dem PC-Spiel auseinander gesetzt hat.
Dennoch ist nichts davon gelogen oder verheimlichend. Er hat sich damit auseinandergesetzt und vielleicht erkannt, was an ihnen schlecht für Gelegenheitsspieler ist?
Das sind - wie gesagt - einzig die eigenen Erwartungshaltungen.
Wie HCeline schrieb: Wer sich wirklich damit auseinandergesetzt hat, der wusste genau, was für ein Spiel er bekommt. Und das allen mit Info des Herausgebers.
Von Lügen oder Verheimlichen war nie die Rede, sondern von Suggestion und das beherrscht Jamey sehr wohl.
Warum redet er bei Scythe von 4x wenn es keines ist, warum schreibt er Zivilisationsspiel dominant aufs Cover, wenn es falsche Erwartungen schüren kann? Warum macht er es und andere nicht?
Torlok: Es ist drin, was drauf steht: Ein Zivilisationsspiel. Kein Civ-Spiel.
Herbert: Ich denke, wir müssen hier nicht über das Für und Wider von Werbung diskutieren. Werbung hebt natürlich die positiven Elemente eines Produktes hervor. Alles andere wäre ja auch bescheuert. Und das weiß auch jeder. Denn es macht keinen Unterschied ob wir über Zigaretten, Autos, Strumpfhosen, Klebeband oder Brettspiele sprechen.
Worüber ihr euch hier ärgert ist, dass ihr selbst das Produkt mit eigenen Maßstäben und Erwartungen aufgeladen habt. Das ist weder die Schuld des Verlages noch der Werbung. Wer ein Civ-Spiel erwartet, nur weil "Zivilisationsspiel" drauf steht, der ist eben selbst schuld. Man spielt eine Zivilisation und deren Entwicklung. Das ist drin. Es funktioniert aber gänzlich anders als ein Civ-Spiel oder seine Nachfolger. Gelogen hat da niemand.
Die ganze Kontroverse und die Kommentare auf BGG zeigen doch sehr wohl, dass hier eine falsche Erwartung aufgebaut wurde. Wer die Schuld nur dem Konsumenten zuschiebt macht es sich zu einfach. Und das hat viele Gründe:
Was für mich zum Storytelling dazugehört:
Ich habe ja schon an anderer Stelle das Playthrough von Quackalope empfohlen, weil ich wirklich spannend finde, welche Kombos da zu Tage kommen. Und da entstehen eben auch "Geschichten". Etwa, wenn der Spieler links am Ende blind eine Tech-Karte zieht, und genau ins Schwarze trifft, und dadurch eine Kombo bauen kann, die ihm 66 Punkte bringt.
Das sind so die "Geschichten", die glücklichen oder unglücklichen Würfe, die hängenbleiben, und die man später noch erzählt.
Also der epische Moment mit den 66 Punkten klingt jetzt weniger nach Ameritrash, wo der letzte Würfelwurf über Sieg oder Niederlage entscheidet, der Verräter enttarnt wird usw. sondern mehr nach 5 Tuch in Orleans abliefern und noch 3 Käse und 2 Wein in der Stadt daneben für insgesamt 43 Punkte.
Naja er hat im Video gesagt, dass es so gut wie keine Glückskomponenten gibt und es die bisher besten Komponenten seiner Spiele hat. Das finde ich schon Erwartungen schüren.
Was allerdings ein messbarer Faktor ist. Das ist auch fern von "gefällt oder gefällt nicht". Wenn er mehr Geld in die Komponenten steckt als jemals zuvor, dann wird das schon stimmen können. Ist aber ja auch keine Aussage über die Qualität des Spiels als solches.
Wie du sagst, seine Spiele sind erfolgreich. Schon das hängt die Messlatte hoch.
Hat dennoch nichts mit "Erwartungen schüren" zu tun, denn die Kunden machen die Produkte erfolgreich, nicht der Verlag. Und Grazias Papa vielleicht
Und was willst du mir jetzt genau sagen?
Er hat ein Video gemacht, danach folgten in den Foren entusiastische Spekulationen. Als das Spiel dann vorgestellt wurde gab es dann viele enttäuschte Stimmen. Das ist ja alles nachzulesen und auch chronologisch nachzuverfolgen. Die Threads gab es genau zu den Punkten die ich aufgeführt habe. Willst du mir jetzt sagen diese Threads gibt es nicht oder die User dort sollen halt nicht so empfinden wie sie es tun?
Naja er hat im Video gesagt, dass es so gut wie keine Glückskomponenten gibt und es die bisher besten Komponenten seiner Spiele hat. Das finde ich schon Erwartungen schüren. Ersteres hat sich als falsch herausgestellt und die überragenden Komponenten, weswegen das Spiel auch recht teuer wird und sogar seinen Arbeitstitel Clay bekommen hatte, haben als Funktion -> Platz einnehmen. Pappe wäre funtkionaler und deutlich günstiger gewesen.
Wie du sagst, seine Spiele sind erfolgreich. Schon das hängt die Messlatte hoch.
Die Empörung darüber, dass ein Author sein Werk und eine Firma ihr Produkt bewirbt, kann ich nicht nachvollziehen.
Man nennt das "Hype" und tut so, als wäre das etwas total Unanständiges. Dabei wird immer - mal direkter, mal weniger direkt - unterstellt, dass in fast betrügerischer Weise Versprechungen gemacht werden, die nicht eingehalten würden. Das sehe ich nicht. Ja, Jaimie spricht viel über das Spiel. Aber ist es verwerflich, dass er als Author ein Fan seines eigenen Spiels ist? Oder dass er als Chef von Stonemeier Games das Spiel bewirbt? Und, ganz ehrlich, Einblicke und Hintergründe zu bekommen ist doch ein tolles Angebot, das würde ich mir für viel mehr Spiele wünschen! Designer Diaries für Crystal Palace? Her damit! Watch it Played im Vorfeld von Maracaibos Veröffentlichung? Unbedingt! Es ist ein Angebot, das in 2019 total Sinn macht, weil es die Möglichkeiten des Internets und seiner Plattformen nutzt, um Interessenten und Fans mitzunehmen. Und, um das zu betonen: Es ist ein Angebot. Wem es zu viel ist, der klickt nicht drauf.
Ich habe den Eindruck, dass diese ganze Gegenwelle Ausdruck purer Missgunst ist von Leuten, die Stonemeiers Spiele nicht so überragend finden und es nicht ertragen können, dass sie trotzdem Erfolg haben.
Nachweislich sind es ja gerade eher SMG Spieler, die hier kritisch aktiv sind, weshalb ich die Vermutung mit Missgunst nicht nachvollziehen kann.
Und es ist ja gar nicht so sehr Empörung, sondern eher Belustigung (siehe die ganzen Satire Threads).
Wenn man sehr hohe Erwartungen schührt und dann das Gezeigte dem nicht gerecht wird passiert das eben. Man hat also selbst für die Fallhöhe gesorgt.
Oder es ist einfach der verzweifelte Versuch der Hardcore-Civver, die zufrieden mit ihrem Mega-Civ sind, ihre Gemüter zu beruhigen, dass Civ auch anders geht. Anders als sie es verstehen und anders als sie es wollen. Aber anders. Und anders ist ja generell erstmal doof. Denn wer bisher Civ spielen wollte, der musste sich ja den Einstiegshürden zuwenden, die die Hardcore-Civver schon längst überwunden haben.
Kann ja nicht angehen, dass jetzt Leute mit weniger auch Spaß haben
Wie kommst du zu dieser Annahme?
Schau dir doch mal an, wer Tapestry wie bewertet bzw. die Threads startet und ob da welche dabei sind, bei denen ein Civ-Spiel zu einem ihrer best bewerteten Spielen gehört. Das sind mit riesigem Abstand keine User mit von ihnen hoch bewerteten Civ-Spielen, sondern mit hoch bewerteten SMG Spielen. Wie passt das zu deiner These?
Ich verfolge das ganze seit der Devlog von Jamey begonnen hat und schaue mir eben die User und deren bisherige Posts / Wertungen / Plays usw. an. Deshalb finde ich es ja so interessant was dort vor sich geht.
z.B. der Thread: Marketing tactics vs. what the product really offers. Der User hat Scythe mit 10 bewertet, aber kein Civ-Spiel.
Der ist tatsächlich ganz lustig, aber alles in allem ist die Menge an Troll-, Meta- und versucht lustigen Threads bei Tapestry einigermaßen erschreckend.
Ich finde eigentlich an dem Geschehen um Tapestry interessant, wie der Umfang des Versuchs durch SMG Hype für Tapestry zu erzeugen der Community zuviel des Guten wurde und sie durch Wertungen und Kommentare ein Zeichen gegen dieses extreme Hypen von Spielen setzt.
Mal eine womöglich naive, aber ernst gemeinte Frage, weil man das Wort so viel liest: Durch welches Verhalten genau bildet Jamey denn in Euren Augen "Hype" auf im Unterschied zu einer normalen Produktankündigung?
Dadurch, dass er nicht einfach eine Ankündigung macht, sondern dies als regelrechtes Event gestaltet.
