Beiträge von PeterRustemeyer im Thema „Ist "klug, aber faul" eine Zielgruppe?“

    Puh... Ich war ja nicht dabei, aber wenn es in den Köpfen mancher Vertreter der deutschsprachigen Brettspielelite scheinbar noch immer nicht angekommen ist, dass auch sogenannte "Vielspieler" nicht zwangsläufig die maximale geistige Herausforderung im Spielen suchen, dann ist das in meinen Augen ein echtes Armutszeugnis.

    Ich glaube nicht, dass ich das ausdrücken wollte, und ich glaube auch nicht, dass das so in den Köpfen der "Brettspielelite" drinnen steckt.


    Deshalb ist die Fragestellung von Peter auch nicht so einfach zu beantworten, da er selbst beide Begriffe vermixt hat.

    Eigentlich wollte ich sie mit dem Bindestrich nebeneinander stellen, nicht vermixen.

    Ich bin mir des Unterschiedes wohl bewusst.


    Ich sehe keinen Grund, ein komplizierteres Spiel zu lernen, wenn ich dieselbe Komplexität auch einfacher haben kann.

    Ich sehe einen riesengroßen Grund: Thema.


    Ein Großteil der Spiele, die ich eher in der komplizierten denn in der komplexen Ecke verordnen würde, und die dennoch zu meinen Lieblingsspielen gehören, hat seine "Kompliziertheit" alleine aus diesem Grunde: Immersion, Geschichten erzählen, ein besseres Abbild der "Wirklichkeit" liefern.


    Du könntest etwa ein #TwilightStruggle redaktionell runterbürsten auf ein knappes Dutzend verschiedene Karten, die Defconleiste und das Atomprogramm rausschmeißen, und dann nur noch die zwei Kernmechaniken "Event oder Aktionspunkte" und "Tauziehen in den Ländern" runterspielen. Das wäre immer noch "ein Spiel", das wäre vermutlich immer noch ein in irgendeiner Weise interessantes Duell für beide Kontrahenten.


    ...aber ich bin mir sicher, dass das so niemals denselben Status erlangt hätte, den es heute hat.

    Ist diese Gruppe eine Zielgruppe für Verlage/Autoren? Nein. Wer sowas nicht spielen will, der kauft's auch nicht. Diese Personen wissen meist schon beim Erstkontakt, ob ihnen komplexe Brettspiele Spaß machen oder nicht.

    Es geht doch genau nicht darum, diese Spieler mit komplexen Brettspielen ansprechen zu wollen.

    Das macht doch genau Null Sinn, wenn die da offensichtlich keine Lust drauf haben.


    Wesentlich interessanter: man kann diesen Spielern eher leichtere Kost servieren, die aber dennoch ein paar eher knifflige Elemente enthält. Elemente, die ein bisschen regelaufwändiger/komplizierter/verschlungener sind.


    Das ist dann die Sorte Spiel, die für den Redakteur so ein bisschen "zwischen den Stühlen" sitzt: Für den analytischen Hirnzwirbler-Expertenspieler "zu wenig Fleisch", für den Familienspieler "zu hoch". Da setzt er dann, wenn er die Idee an sich mag, die Schere an und schnibbelt gefühlt alles raus, was die klassische Zielgruppe auch nur minimalst überfordern könnte.


    Meine Frage ist nun:

    Ist dieses "Wegschnibbeln" wirklich nötig? Wäre es ohne Glattbürsten wirklich an jeglicher Zielgruppe vorbei entwickelt?

    Denn ich fühle mich von genau sowas durchaus angesprochen. Und ich bin vermutlich nicht alleine damit.

    Ich hatte auf dem Cliquenabend Mallorca Treffen eine interessante Diskussion mit Sophia Wagner (und ein paar anderen Beteiligten, aber wir waren einer Meinung, also nenne ich nur sie).


    Gibt es eine echte Zielgruppe an Leuten, die prinzipiell in der Lage sind, sich in komplex-komplizierte Spiele reinzufuchsen, aber schlicht keine Lust drauf haben?

    ...die auf ein Spiel wie #EinFestfürOdin oder #Coimbra draufkucken, und dann sagen: "Ja, ist bestimmt interessant, da könnte ich jetzt voll viel Gehirnschmalz drauf verwenden, aber ich mach das jetzt halt einfach mal nicht, sondern ich geh halt weg und spiele was anderes"?

    ...die sagen, ein Spiel muss auch einfach mal einen gewissen Grad an "Zurücklehnen und Dinge tun, oder der Zufall regelt das" beinhalten?

    ...die bewusst unter ihren geistigen Möglichkeiten bleiben, weil Spielen halt auch Entspannung sein soll und nicht nur Herausforderung?


    Leute, die sich von derlei Äußerungen angesprochen fühlen, bitte melden.

    Leute die nicht, gerne auch.