Beiträge von yzemaze im Thema „Splotter Spielerleben“

    - Intuition ist eigentlich ein Entscheidungsverhalten, das auf vergangenen Erfahrungen beruht, selbst wenn ich ein Spiel das erste Mal spiele; da spielen dann also vielleicht auch unbewußte Gründe für meine bestimmte Entscheidung mit rein

    - auf Anhieb Entscheidungen treffen, also spontan, aus der Situation heraus, die aber situationsbezogen angemessen und richtig sind

    - Intuition ist für mich eher ganzheitliches Erkennen, jedenfalls ist es nicht ohne Verstand

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    Intuitiv ist das aber nach meinem Begriffsverständnis noch lange nicht. Dazu müsste ich ganz ohne bewussten Gebrauch des Verstandes, also ohne Nachdenken handeln.

    Scusi, aber da muss ich jetzt die ganze Zeit an Henry Poincaré denken, dem man den Satz zuschreibt: Intuition ist das Mittel zur Erfindung… ein Mathematiker, dessen (mathematische) Begabung sich durch ein hohes Maß an Intuition auszeichnete, aber wohl nicht ohne den Gebrauch des Verstandes.


    Wenn ich „intuitiv“ spiele, dann bin ich ja nicht komatös oder handle im Zustand geistiger Umnachtung oder im Affekt. Meinen Verstand schalte ich ja nicht ab. Vermutlich sogar eher im Gegenteil, je nach Definition.

    Ich schrieb ja nicht „ohne Verstand“ und „ohne Denken“ ;) Leg die Betonung in obigem Zitat von mir mal auf „bewussten“ und „Nach“, dann erkennst du vielleicht, dass unser Verständnis von Intuition recht nah beieinander liegt, wenn auch die Worte differieren mögen.

    Möglicherweise ist’s so besser: Wenn man nicht (mehr) merkt, dass man denkt, und trotzdem sehr planvoll handelt, das Hirn also quasi im Flow ist, dann ist das ein Resultat von Intuition.

    Ich bin mal gespannt, ob man einen Grad an Erfahrung erreichen kann, dass es sich anfühlt als würde man auch solche Spiele aus dem Bauch heraus angehen. Einfach, da man schon viele Situationen erlebt hat und abschätzen kann, welchen Weg das Spiel einschlagen wird.

    Mit reichlich Erfahrung mit einem Spiel, sollten die meisten Menschen in der Lage sein, es irgendwann auch intuitiv spielen zu können. Nur was „reichlich“ ist, ist von Spiel zu Spiel und Mensch zu Mensch halt unterschiedlich.

    Ich habe z. B. Antiquity iirc knapp 30 mal gespielt. Gib mir 1, vielleicht 2 Partien, um etwas Rost abzuschütteln, und ich könnte es spielen, ohne großartig überlegen zu müssen. Intuitiv ist das aber nach meinem Begriffsverständnis noch lange nicht. Dazu müsste ich ganz ohne bewussten Gebrauch des Verstandes, also ohne Nachdenken handeln. Ab welcher Erfahrung das möglich wäre, vermag ich nur schlecht einzuschätzen. Anhand anderer (nicht Splotter-) Titel kann ich jedenfalls für mich klar erkennen, dass regelmäßige Partien dafür deutlich wichtiger sind als die reine Anzahl. Es muss ja nicht nur der Regel- sondern auch der Strategieballast abfallen, um in diesen Flow zu kommen.


    Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob es überhaupt erstrebenswert ist, rein intuitiv zu spielen. Intuition dient ja vor allem dazu, geistige Ressourcen durch schnelle, unterbewusste Entscheidungen zu sparen und dabei zu (sagen wir mal) 90 % das „Richtige“ zu tun. Muss ich diese Ressourcen sparen? Reichen mir die 90 % bei einem Strategiespiel? Ist nicht gerade die bewusste geistige Beschäftigung mit der Materie Sinn und Zweck des Ganzen?

    Für mich wäre es jedenfalls nur relevant, wenn eine Zeitkomponente hinzukäme, z. B. ein Timer (Schachuhr), tatsächlicher zeitlicher Druck bei einem Online-Spiel („2 Minuten für Aktionen in 5 Partien, dann muss ich los.“) oder andere Leute am Tisch, die auf mich warten. Ohne diese Komponenten falle ich meist vom intuitiven Spiel ins Nachdenken „zurück“ – es sei denn, ich habe sowieso wenig oder keine Lust (mehr) auf die Partie und spiele ggf. sogar nur noch „meinen Stiefel runter“.


    Das ist nebenbei bemerkt auch das Schöne an Spielen wie FCM oder Antiquity, bei denen manche Phasen großteils parallel laufen (können). Die langsamste Nase am Tisch bestimmt das Tempo und der Rest kann seine intuitiven Entscheidungen ruhig nochmal überdenken. Das kann allerdings auch zum Problem werden ;)

    Dazu hatte ich gerade bei FCM erst eine extrem frustrierende Erfahrung und leider war es wohl schon so, dass ich wenig Chancen auf einen Sieg hatte, weil mein Startrestaurant ein burger death valley war. Die Partie hat mir zwar dennoch Spaß gemacht, aber der Rückstand war nicht mehr aufzuholen. Da wir aber zu 4 gespielt haben, habe ich geduldig mein Allerbestes gegeben, aber gewinnen konnte ich nicht mehr, das war ziemlich klar. Bislang hatte ich beiAntiquity kaum mal eine Partie, in der ich mich so abgehängt gesehen habe, wie es bei FCM schon (frühzeitig) sein kann. Ein weiterer Pluspunkt für Antiquity…

    Bei FCM ist es in der Tat einfacher, sich mit der ersten Aktion komplett ins Aus zu befördern als bei Antiquity. Das Splotter-Mantra halt: Wenn eine Entscheidung am Anfang keine Relevanz hat, kann man sie auch weglassen. Die einen nennen das schlechtes Spieldesign, andere lieben es :)


    Welche Partien blieben euch in Erinnerung und warum?

    Etliche Partien Antiquity und FCM bei boardgamecore, die sich vor allem dadurch auszeichneten, dass mein Freund im Chat oder am Telefon fluchte, weil er mal wieder etwas übersehen hatte. Sein regelmäßiges Fazit: „Online-Spiele sind nichts für mich!“ Leider hat er’s dann irgendwann tatsächlich dran gegeben …

    Wie war eure Lernkurve im Laufe der Zeit?

    Grundsätzlich erst mal steil. Man kann bei jedem der großen Splotter am Anfang verdammt viel falsch machen und so eben auch verdammt viel lernen. Nach ein paar Partien stellt sich meist ein gewisses Gefühl ein, dass einen glauben lässt, man habe ein Kompetenzniveau erreicht, das ganz ok sei. Das hält so lange an, bis man mit neuen Strategien konfrontiert wird, auf bessere Spielerinnen trifft oder sich mit Strategieartikeln bei BGG beschäftigt. Ab dem Zeitpunkt wird die Kurve wieder etwas steiler, um mit der Zeit erneut etwas abzuflachen.

    Wie führt ihr Neulinge an diese Titel heran?

    Das Wichtigste: Sie müssen wollen und leidensfähig sein. Wenn das passt, wird’s erklärt und solange gespielt, bis jemand nicht mehr mag. Die erste Partie sollte man generell als Lernpartie begreifen, ganz besonders bei solchen Spielen. Lieber abbrechen, wenn alle am Tisch ungefähr wissen, wie der Hase läuft, und neu starten, als unbedingt durchziehen. Von Letzterem hat niemand etwas.

    Arbeitet ihr viel mit Strategien und "Vorbereitung" oder schafft ihr es schon, solche Spiele aus dem Bauch heraus zu spielen?

    Erstpartie stets intuitiv. Wenn ich das entsprechende Spiel schon 2+ mal gespielt habe, überlege ich mir anhand das Setups ziemlich genau, was ich wann wie machen möchte. Es sind nicht umsonst Strategiespiele. Nimmt man diesen Aspekt nicht ernst, kann es gut sein, dass man schon nach wenigen Aktionen nur noch sehr geringe Chancen hat – oder im Extremfall auch gar keine mehr (, wenn die Mitspieler nicht ebenfalls irgendwann Mist machen). Die Startplatzierungen z. B. bei FCM und Antiquity sind Paradebeispiele dafür.