Beiträge von Pikmin im Thema „Marketing in der Brettspielwelt - Status Quo?“

    Pikmin : Reden wir wirklich von den gleichen Sachen?

    Möglicherweise nicht. Ich zitiere nochmal genau und etwas knackiger, worauf ich geantwortet habe:


    Zitat

    - Das, was wir Vielspieler so betreiben, ist deutlich näher am Wettkampf als die meisten Computerspiele. Der Trend geht auch Richtung Entertainment. Wettkampf ist nicht mainstream-fähig.


    - Die Belohnung besteht darin, Hürden überwunden und Probleme gelöst zu haben. Das ist aber auch im Computerspiel-Bereich kaum noch gefragt.


    Dass es dir dabei generell um "Brettspiele kontra Videospiele" und nicht nur um strategy games ging, habe ich so verstanden, weil du letztere später konkret und nur als Beispiel heranziehst:


    Zitat

    - Man muss sich ja nur mal anschauen, wie sich die Strategie-Spiele im Computerbereich entwickelt haben.


    Wenn du all deine Aussagen aber nur in Bezug auf diese konkrete Art von Videospielen meinst - round based strategy games - und dann auch nur darauf, dass dir die neueren Vertreter ihrer Art nicht mehr gefallen und da deiner Meinung nach der Wettkampf fehlt (was ich auch nicht ganz verstehe, denn auch wenn die Entwicklung weg von Strategie hin zu Taktik gehen sollte, hat das doch wenig mit mangelndem Wettkampf oder Problemlösung zu tun; es ist DIR einfach zu wenig Strategie) dann ist das dein gutes Recht. Es war nur sehr allgemein formuliert und dadurch für mich missverständlich im Sinne von "beim Videospielen ist Wettkampf nicht so wichtig" und nur darauf bin ich eingegangen.


    Bei dem immer wieder zu findenden Vergleich mit der Computerspielbranche sollte man IMHO nicht vergessen, dass "Spielen" für ganz unterschiedliche Dinge stehen kann. Von Unterhaltung und belanglosem Zeitvertreib bis (denk)sportlichen Wettkampf. Das, was wir Vielspieler so betreiben, ist deutlich näher am Wettkampf als die meisten Computerspiele. Der Trend geht auch Richtung Entertainment. Wettkampf ist nicht mainstream-fähig. Zuschauen beim Wettkampf vielleicht schon, aber Wettkampf selbst nicht.


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    Unser Hobby braucht Aufwand an allen Stellen: beim Regellesen, beim Erlernen von Strategien, sogar beim Spielen selbst, wo einem kein Computer irgendwelchen Verwaltungskram abnimmt. Die Belohnung besteht darin, Hürden überwunden und Probleme gelöst zu haben. Das ist aber auch im Computerspiel-Bereich kaum noch gefragt.


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    Man muss sich ja nur mal anschauen, wie sich die Strategie-Spiele im Computerbereich entwickelt haben. Strategischer Anspruch nahe null. AI grottenschlecht (aber mit dreimal soviel Material ausgestattet). Man kann 100 verschiedene Gebäude bauen, die alle toll animierte Grafiken haben und sich nur in wenigen Prozent Bonus auf dieses-und-jenes unterscheiden. Und selbstverständlich ist über alles eine auswändig ausgearbeitete Kampagne mit Story drüber geklatscht. Soll heißen: Entertainment pur, aber Strategie, Herausforderung und Wettkampf kaum noch da. Das ist ein allgemeiner Trend.


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    Muss mal eben meine über drei Quadratmeter verteilte Kinnlade vom Boden aufsammeln.... So.


    Während ich viele viele Videospieler kenne (was nicht nur, aber auch, mein früherer Job bei Nintendo mit sich brachte, aber fast mein gesamter Freundeskreis spielt Videospiele), und nicht ganz so viele Brettspieler, möchte ich fast garantieren, dass im Schnitt die Wettkampf- und "Hürden zu überwinden und Probleme zu lösen"-Wut bei Videospielern deutlich höher liegt. Bei Brettspielen überwiegt immer noch der Freude- und GESELLSCHAFTS-Aspekt. Natürlich, nicht bei allen. Nicht bei jedem. Nicht bei Wargamern. ( ;-D ) Aber so im Schnitt. Man redet ja mit seinen Peeps. Den "ich genieße das Spiel einfach"-Typus gibt es auch bei Videogamern, ja. Aber deutlich seltener. Die meisten wollen "etwas schaffen". Warum ist das "hundert Prozenten" oder "platinieren"* eines Spieles so wichtig - weil man eben jede, auch die letzte vom developer gestellte Aufgabe, SCHAFFEN will. Auch wenn es mehr als mühselig ist. Und das bezieht sich vor allem auf one player games, bei multiplayer games fängt es ja erst richtig an.


    Im Videospielbereich sind Strategie, Herausforderung und Wettkampfs sowas von präsent, dass die besten eSportler Multimillionäre sind (schon für den Sieg einzelner Turniere werden mehrere Millionen Dollar Preisgeld ausgelobt), Turniere u. a. in unserem Waldstadion ausgetragen werden (und das im etwas unterrepräsentierten Deutschland), und diverse Communitys eigene Ligen haben. Besonders prominent sind neben Sportspielen natürlich Shooter (also sowas wie CoD, Battlefield, CounterStrike), Fighting Games (bspw. Tekken, Smash, StreetFighter, Mortal Kombat, Virtua Fighter), Strategiespiele (z.B. Starcraft, Warcraft, wenn man so will auch Overwatch und Hearthstone) aber es gibt sogar professionelle Guitar-Hero-Gamer usw.


    Während bei vielen dieser Spiele im Gegensatz zu Brettspielen auch Geschwindigkeit eine immens wichtige Rolle spielt, kenne ich keines, das in den höheren Klassen ohne eine Strategie gewinnbar wäre, BESONDERS die Gruppenspiele. Das sind bis auf Fighting Games die meisten.


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    Ich bin ja auch dafür, dass man seine Stärken offensiv bewirbt. Aber wir Brettspieler, erst recht im Bereich der Kenner- und Expertenspiele, werden uns damit abfinden müssen, dass wir Fans eines Nischenproduktes sind, und da nützt es auch überhaupt nichts, in "mainstreamigere" Ecken zu schauen, wenn diese aus diversen Gründen nicht mit der Brettspielbranche vergleichbar sind.


    Was Wettkampf und Herausforderung betrifft sind Brettspiel- und Videospielbranche tatsächlich nicht vergleichbar, aber mit genau umgedrehten Vorzeichen, als du dir denkst, würde ich sagen. Ich selbst bin da als Brettspielerin zwar total anspruchslos, sowohl im Video- also auch im analogen Bereich, aber was mein Mann bei Videospielen mit Training, Übung, dem Entwickeln von Strategien und Taktik und Qualifikationskämpfen an Zeit verbringt, und er macht das nur zum Spaß, geht auf keine Kuhhaut. Dabei ist er unter den Vielspielern wirklich nur gutes bis besseres Mittelmaß (sorry habibi <3). Ich wage zu behaupten, dass kaum ein** Brettspieler so viele JAHRE in das Studium von irgendeinem seiner Spiele investiert hat, wie ein Kumpel von mir in seine StarCraft-Strategien, und auch er macht das zwar mit Liga- aber ohne professionellen Anspruch. Und auch er gehört zwar zu den guten, aber eben nur hierzulande, in der Asia-League würde er absaufen (sorry buddy) und das nach jahrelangem Training. Wie viel StarCraft-Wissen ich durch Osmose nun über build orders, blitz, protoss und OP-Terraner habe, weil man monatelang quasi über nichts anderes mit ihm reden konnte...
    Selbst Kolleginnen, die mit Videogames nix am Hut haben, waren kurz davor, ihre Konsole in die Ecke zu pfeffern, wenn sie beim Playtesting von Smash gegen mich (*bescheidenhüstel*) verloren haben. Als wir ein Puzzlegame im Testing hatten, konnten manche kaum Feierabend machen, bevor sie auch das letzte aus eigener Kraft geschafft haben. Ein entspannter Brettspielabend wäre mit denen hingegen durchaus drin. Wenn etwas highly competitive ist, dann video games - nach meiner bescheidenen Erfahrung, sowohl im professionellen als auch im privaten Bereich.



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    * bedeutet, die Platin-Trophäe für ein Spiel zu bekommen, was wiederum bedeutet, jedes einzelne Achievement eines Spiels freigeschaltet zu haben.


    ** kaum ein. Nicht "keiner". Bitte beachten. 8o