Regeln gelesen. Sachen, die mir aufgefallen sind, während des Lesens relativ unordnet runtergetippt:
- 28 Seiten. 1 Titelseite, 2 Seiten Material, 5 Seiten Aufbau, 16 1/3 Seiten Regeln, 3 2/3 Seiten Anhang. Durchaus gut geschrieben, aber insgesamt schon eine gewisse Menge.
- Karten "königlicher Auftrag": im 4er-Spiel alle 8 drin, im 3er-Spiel 6/8, im 2er-Spiel 4/7 (eine spezielle nie dabei). Heißt: im 2er und 3er Setup-Variation vorhanden, im 4er nicht. Sonst besteht die einzige Setup-Variation darin, welche beiden Doppel-Landschaftsplättchen jeder zieht (und da gibt's auch nur drei verschiedene Arten).
- Startfeld: in Anfänger-Version immer Wiese. Fortgeschrittenversion I: zufällig zugelost (es gibt 4 Typen). Fortgeschrittenversion II: nach Wahl. Zwei verschiedene Fortgeschritten-Versionen? Häh?! Das ist zumindest mal ungewöhnlich. Bei Fortgeschrittenenversion II sehe ich durch die Abwesenheit nennenswerter Setup-Variationen auch die Gefahr, dass sich irgendwann herumspricht, dass Landschaftstyp X am besten wäre (egal ob zutreffend oder nicht) und jeder nur noch damit starten will.
- Viele unintuitive Sonderregeln. Sandbank darf durch Legen von Inselplättchen abgedeckt werden, aber nur einseitig, und ähnliches mehr.
- Die pure Mechanik-Lastigkeit zieht sich bis in die Bezeichnungen in der Regel durch. In der Regel wird z.B. von Anfang an der Begriff "Einkommensboote" verwendet, als wäre es ein normales Wort der deutschen Sprache. Was zur Hölle ist das? Antwort: jeder Spieler hat 6 gleichartige Plättchen im persönlichen Vorrat, die er unter bestimmten Bedingungen auf sein Tableau legen darf. Das bringt dann, neben ein paar anderen Sachen, jedes Mal in der Einkommensphase irgendeinen Ertrag. Jo. Für manche ist's vielleicht genug thematische Integration, wenn diese Einkommensmarker dann die Form von Booten haben und "Einkommensboote" heißen. Ich hätte aber gerne etwas mehr Thema.
- Wenn man mit Booten über Inselchen hüpft, gibt es spezielle, den Inselchen zugeordnete Aktionen. Thema?! Den aufgedruckten Bonus gibt's übrigens auch schon 1x beim Legen der Insel selbst. Ich kriege für das Platzieren von Inseln irgendwelche vom Himmel gefallenen Belohnungen, z.B. dass ich irgendwo anders ein Ruinenplättchen entfernen darf. Thema?! Bin ich Gott oder was?!
- Seite 12 unten: Beispiel nicht gut gewählt, weil der ODER-Schrägstrich im Inselplättchen von "Frank" nicht erkennbar ist (zumindest in der Online-Version der Regel) und man sich beim Lesen direkt fragt: "Warum bekommt er keine Stein-Ressource?" Vermutlich im Print aber okay.
- Seite 13, Gebühr für das Einsetzen auf besetzte Felder, und Seite 16, Gebühr für Ankern im fremden Hafen: "Falls du die Gebühr nicht zahlen kannst oder willst, [...]" (Kursivierung von mir). Warum ist das nicht zahlen wollen eine erlaubte Aktion? Warum die Abweichungen vom normal-üblichen "du musst zahlen, wenn du kannst"? Welchen spielerischen Mehrwert bringt das? Es fühlt sich für mich auch thematisch falsch an, wenn man dem Mitspieler das, was ihm normalerweise zusteht, einfach mit "nö, will ich nicht" verweigern kann. Auf Kosten eines Ankerplättchens, schon klar, aber wieso geht das überhaupt, das freiwillige Verweigern, obwohl man könnte?
- Seite 13, das Beispiel unten: Das im Text referenzierte "C" geht man erstmal im Bild suchen. "Aktionsbereich" ist erstmal unverständlich, das wird erst eine Seite später eingeführt. Das ebenso referenzierte "D" ist durch Spielsteine sogar halb verdeckt. Man kriegt's raus, aber gute Beispiele gehen anders.
- Das Spiel ist eher interaktionsarm. Beim Einsetzen der Worker auf besetzte Felder muss man ein Geld oder eine Ressource nach Wahl an den zahlen, der zuvor dort war (setzt danach noch jemand dort ein, bekommt man selbst die Gebühr). Ein Bonus bekommt auf vielen Aktionsfeldern obendrein nur der Erste. Geld dürfte selbstverständlich ziemlich knapp sein. Aber trotzdem ist das weniger interaktiv als alles mit hartem Rausblocken oder mit Drafting-Mechanismen aus zentralen Auslagen oder Mehrheiten oder vielen anderen Mechanismen. Ohne es gespielt zu haben, möchte ich es nicht Multiplayer-Solitär nennen, aber der Fokus ist doch sehr klar auf der Optimierung des eigenen Spiels.
- Teil komische, unthematische Optimierungen mit völlig unthematischen Zwängen: Ich muss schauen, dass ich Ressourcen von den höchstwertigen Feldern nach Möglichkeit vor dem Häuserbauen nicht verbrauche, sondern liegen lassen, weil die Regeln mich aus irgendwelchen unerfindlichen Gründen zwingen, beim Häuserbau die höchstwertigen freien (d.h. nicht von Ressourcen blockierten) Felder zuzubauen. Was ist das für ein Blödsinn? Mit großem Aufwand kultiviere ich Land, thematisch gesprochen vielleicht Terrassierungen, und ausgerechnet auf die fruchtbarsten, höchstgelegenen Felder muss ich dann Häuser setzen, auf dass ich diese meine besten Felder nie wieder als solche nutzen bzw. verbessern kann?! Es sei denn natürlich, sie sind noch nicht abgeernten, dann und nur dann darf ich auf einmal doch tiefer bauen. Äh ja... WARUM?!
- Baue ich Häuser auf Siedlungsfeldern, darf eines meiner Schiffe ein Extra-Feld weiterfahren (bzw. über ein Inselchen springen). Okay, ich frage schon gar nicht mehr nach der thematischen Begründung, bringt eh nix bei dem Spiel...
- Jederzeit-Aktionen (hinter denen u.a. wieder allerlei Bonus-Freischaltungsmöglichkeiten steckt), Karten für Dauerboni, Karten für starke Einmalaktionen (oder auch mehrfach, weil reaktivierbar), Wegräumen von Ruinenplättchen, die sich mit einer zweiten Aktion in Statuen transformieren lassen und sowohl bei dem Wegräumen als auch beim Aufstellen wieder Schiffsbewegungen geben bzw. geben können, Lieferungen an Schiffe -- das ist längst noch nicht alles gewesen... da kommen nämlich noch die Kartographenaktion (mit 4 Untermöglichkeiten), die Freischaltung von Arbeitern durch Meilensteinerfüllung (bis zu 4x, bringt außerdem jeweils einen von vier möglich zum Zeitpunkt eigener Wahl einsetzbaren Vorteil), königliche Aufträge, Ernährungszwang ... und dann kommt erst noch die Aufräumphase mit sieben Unterphasen und die Schlusswertung mit diversen Einzelbepunktungen... Komplett überbordende Regelmengen... Sorry, das ist viel zu viel des Guten, vor allem wenn's so komplett themenlos ist...
- Nochmal Thema Jederzeit-Aktionen: Eine davon ist das Einlagern von Ressourcen. Auf einem Landschaftsfeld zählen Würfelchen 1 bis X Einheiten, je nach Wertigkeit (Höhe) des Feldes. Nach dem Einlagern immer 1. Das mag interessante Optimierungsprobleme liefern (ich brauche oft freie Plätze), aber das Thema bleibt wieder mal komplett auf der Strecke. Durch Ernten/Abbauen verliert irgendwas seinen Wert? Häh?
- Das Spiel enthält viel #Antics (Fraser und Gordon Lamont, Fragor Games 2010) und genauso auch bei den Landschaftsfeldern mit Ressourcen drauf und dem Bezahlen von dort an #Helios (Kallenborn/Prinz, Hans im Glück 2014), bei dem Einlagern mit begrenzten, am Anfang teilweise blockierten Feldern ein bisschen auch an #Concordia (Hausbau = Ins-Spiel-Bringen zusätzlicher Kolonisten), bei den Schiffsbewegungen zum Kassieren vorher gelegter Boni stark an #RussianRailroads mit dem Industriemarker dort. Am Ende der Anleitung als ersteres als Inspiration genannt, der Rest nicht.
Mein Fazit: Wenig Setup-Variation, wenig Interaktion, wenig Innovation, absolut NULL Thema, Mechanik pur, und davon viel zu viel. Das ist ein Mechanik-Monster, das sicher seine Fans finden wird, aber in ein paar Jahren ist's vergessen, weil auch der größte Fan Schwierigkeiten haben wird, das Spiel nach 6 Monaten Spielpause nochmal auf den Tisch zu kriegen. Vermutlich wird's schon daran scheitern, dass auch dieser Fan solcher Sachen sich nicht ein zweites Mal durch 28 (übrigens gut geschriebene!) Seiten Regeln quälen möchte, sondern lieber ein anderes Spiel aus dem Regel ziehen wird, bei dem man sich die Regeln durch eine bessere thematische Integration viel leichter merken kann.
Mechanismensalat ohne jedes Thema... Früher hätten mich solche Sachen vielleicht noch interessiert... aber heute? Nö, nicht mehr. Ich bin ziemlich sicher, dass ich bei solchen Spielen wie Cooper Island trotzdem direkt um den Sieg mitspielen werde, wenn ich es mal irgendwo spielen kann. Aber kaufen, nee, kaufen muss ich solche Dinger nicht mehr, da hole ich lieber Brass Birmingham oder Lisboa oder andere medium-heavy-Spiele aus dem Regal, die neben anspruchsvollen Mechanismen zusätzlich auch noch mehr oder weniger viel Thema haben.
Ich habe mir vorgenommen, in Essen in diesem Jahr nur 1-2 neue Spiele zu kaufen. Tut mir leid für die Unknowns-Mitglieder, die da direkt involviert sind, aber Cooper Island wird sicher nicht dazu gehören.