Beiträge von PowerPlant im Thema „Der Wert von Musik (Streamingdienste, Ticketpreise, etc.)“

    Reich der Spiele Gut, vielleicht muss man da trennen zwischen "Berufsmusiker in normalsterblichen Umfang" und "Star mit internationaler Bekanntheit".


    Denn die kleinen Musiker hatten es auch vor Streaming schwer, und mit Streaming auch nicht viel leichter.


    Meine "Wahrnehmung" bezog sich eher darauf, dass es viele Künstler ab einer gewissen Schwelle an Bekanntheit zu geben scheint, die sich über Streaming beschweren weil sie dadurch weniger Geld verdienen würden. Ich denke, der Thread richtet sich eher in die Richtung derer.

    Andererseits hat das auch Nachteile. Algorithmen entscheiden darüber, was mir vorgeschlagen wird. Aber ist das schlimm? Ich denke nicht, denn ich kann ja auch aktiv nach Dingen suchen.

    Nein, ist es nicht. Da es nur ein weiterer Weg ist, um Input zu bekommen, der deinen alten (Empfehlungen von Freunden) nicht ersetzt. Ich bin noch nie in den CD-Laden gegangen und habe gefragt, was mir denn gefallen könnte ;)


    Manipulativ sehe ich diese Algorithmen ebenfalls kaum, da selbst gepushte Musik ja nicht automatisch gefallen muss. Und letzten Endes ist den Streamingdiensten nicht daran gelegen, dass du eine bestimmte Band hörst, sondern dass Du ihren Service nutzt, um irgendeine Band zu hören. Entsprechend ist ihnen daran gelegen, dass die Algorithmen deinen Geschmack bestmöglich zu analysieren wissen um dir Musik vorzuschlagen, die du dann auch tatsächlich hörst.


    Mit zu vielen manipulierten Vorschlägen würden sie auf Dauer sicherlich einige Hörer verlieren.


    Fest steht doch, dass viele Menschen in Deutschland von 20.000 € im Jahr (1.650€ netto) oder weniger leben, wofür sie täglich 8 Stunden oder mehr arbeiten gehen. Auf der Gegenseite steht eine Künstlerin, die einmalig Songs geschrieben und aufgenommen hat und dafür monatlich - quasi passiv - Geld bekommt. Sich da zu beschweren ist eigentlich nicht angebracht.


    Der einzige Grund ist: Früher wäre es (wahrscheinlich) wesentlich mehr gewesen. Wir kommen aus 50 Jahren extremst verpuderter Musikindustrie in der wir es gewohnt sind, dass erfolgreiche Leute automatisch steinreich werden. Sicherlich beschweren sich die Künstler heute, dass das alles wegbrechen würde. Tut es sicherlich auch zu einem Großteil, aber ist das schlimm?


    Wie gesagt, 20.000$ jährlich nach einmaliger Arbeit. Das ist für die meisten Berufe nicht schlecht ;) Und daneben hat man ja genügend Zeit zu touren und Auftritte zu planen. Ein Monteur ist auch wochenlang auf Achse, und der wird auch nicht reich dadurch. Die saubere Ausführung seiner Arbeit ist aber nicht minder wichtig, weil oft sogar Leben davon abhängen können.


    Disclaimer: Ich möchte gar kein Künstlerbashing betreiben. Meine Idee bzw. Frage ist eher, ob es nicht an der Zeit ist den Beruf "Musiker" finanziell zu sehen wie jeden durchschnittlichen Beruf auch. Und ich denke, dass dieses Umdenken irgendwann kommen muss.


    EDIT: Ich kenne sogar Künstler, die haben das Gut "Musik" auch als Ware begriffen und bieten die Dienstleistung der Livemusik an. Die haben ihre eigene Agentur, bieten Musik von-bis Personen und Stilen an und spielen eben Coversongs. Von Geburtstag über Firmenveranstaltung bis hin zur Hochzeit. Für die ist das auch ein 9-5 Job mit anders gelagerten Arbeitszeiten. Aber die hat eben eine Kellnerin auch. Oder ein Bäcker. Oder ein Krankenwagenfahrer.

    Das ist korrekt. Was ich aber meine ist: Muss ein Musiker, nur weil ihn die halbe Welt kennt, automatisch Millionen verdienen? Oder reicht es nicht, wenn er 50k-100k im Jahr verdient?


    "Ob es reicht" ist natürlich eine schwierige Formulierung - natürlich "reicht" es. Aber im allgemeinen geht man ja doch davon aus, dass ein weltbekannter Musiker steinreich sein muss.

    Ich habe mich lange Zeit gegen Streamingdienste gewehrt, nicht aber gegen digitale Käufe von Musik. Ich habe seit dem Beginn von iTunes relativ schnell auf physische Käufe verzichtet und bin auf digitale Käufe umgestiegen. Und damit fuhr ich auch seither gut. Abgesehen davon, dass man keine CD mehr in den Händen hielt, war das Vertriebsmodell mit dem klassischen recht vergleichbar. Nur dass eben Apple als Plattformanbieter einen Teil des Kuchens abbekam statt die Fabrik, die die CD herstellte. Dann kamen Spotify und Co auf den Markt und mir war das eine lange Zeit lang recht suspekt. Damals war es so einfach: Geld bezahlen, Files herunterladen, Daten sichern, fertig. Mit Streaming war man gefühlt abhängig von der Willkür der Bereitstellung der Anbieter und meine gut gepflegte Musiksammlung war eigentlich auch ein Gegenargument.


    Seit Apple Music sieht das aber tatsächlich anders aus und auch ich höre viel über diesen Streamingdienst. Nicht nur, weil die Netzfunkanbieter endlich angemessene Produkte anbieten (Apple Music verbraucht kein Datenvolumen). Auch Hörspiele sind hier wieder im Kommen. So aber kam ich zu dem Gedanken, was wohl die Macher daran verdienen. Ich höre z.B. sehr gern die Hörspielserie "Dorian Hunter". Damals kaufte ich die in iTunes, was zumindest insofern nervig war, als dass ich die einzelnen Stücke später in meiner Musiksammlung hatte (iTunes machte seit iTunes Match-Zeiten keine so saubere Trennung mehr zu Hörspielen).


    Später bin ich dann auf Audible umgestiegen, die die Hörspiele auch im Programm haben - ein recht klassischer Dienst bei dem man die Produkte (bzw. Zugriffe) noch klassisch digital kauft. Mittlerweile gibt es sie auch bei Apple Music - also im Streaming-Dienst. Demnach hat man sie immer dabei und kann kostenlos darauf zugreifen.


    Mal ganz davon ab, dass die Audible-App dafür die wesentlich bessere Plattform ist, die sich Stoppmarken, Kapitel- und Lesezeichen merken kann und sich so im Gegensatz zu Apple Music merkt, an welcher Stelle man pausiert hat, stellte sich mir die Frage nach dem Verdienst der Ersteller. Denn ich möchte ja, dass die Hörspielserie auch weiter produziert wird. Darum bin ich auf die Produzenten mal zugegangen.


    Wie man sich denken kann, verdienen sie am meisten, wenn man direkt bei ihnen kauft. Relativ logisch. Der Umweg über Audible und die Abfuhr eines Anteils an Amazon lasse ich mir dann aber gefallen, weil deren technische Plattform es mir so schön einfach macht die Hörspiele zu hören. Audible ist aber nun auch kein "All you can hear"-Streamingdienst sondern ein recht klassisches Modell, wie oben bereits erwähnt.


    Daher habe ich mal aus Interesse geschaut, wie denn Streamingdienste überhaupt abrechnen. Spotify ist mittlerweile an der Börse und 32 Milliarden Dollar wert. Hat aber nach eigenen Aussagen seit 2006 ca. 8 Milliarden Dollar an Künstler ausgezahlt. Dienste wie Spotify versuchen, Musiker für die Plattform zu begeistern. Sie versprechen Reichweite und bessere Auffindbarkeit. Je nach Vertrag landet aber nur ein Bruchteil der Abogebühren, die die Nutzer zahlen, am Ende wirklich bei den Musikern und Komponisten. Denn das Geld, das Spotify (hier exemplarisch für alle Streamingdienste) zahlt, geht erstmal an die Labels.


    Klar ist natürlich, dass ohne Marketing auch auf Seiten der Musiker nichts geht. Wer nicht bekannt ist, wird nicht gespielt. Und da sind Streamingplattformen in der Tat eine gute Möglichkeit. Denn diese sind für den Künstler erst einmal kostenlos. Anders als ein Label im klassischen Musikgeschäft geht hier niemand in Vorleistung und erstellt eine teure Marketingkampagne, die durch Verkäufe wieder eingefahren werden muss. Dennoch zahlt Spotify den Rechteinhabern am Ende nur 0,0038 $ pro gespieltem Song (Stand 08/18).


    Die Cellistin Zoë Keating hat ihre Einnahmen von Streamingdiensten aus dem Jahre 2017 veröffentlicht. Unterm Strich wurden ihre Songs ca. 3,5 Millionen Mal gestreamt. Über ihre verschiedenen Labels bekam sie dadurch 19.629 $ ausgezahlt. Macht 0,0056 $ pro Stream im Durchschnitt. Da mag man sich nun mal denken: "Wow, das ist ja wenig! 3,5 Millionen mal gestreamt und dadurch nur ein unterdurchschnittliches Jahreseinkommen? Damit wäre man damals reich geworden!"


    Kann vielleicht stimmen und demnach ist das Geschreih der Künstler und der Industrie auch groß. Aber ist das gerechtfertigt? Natürlich tut es immer weh, wenn jemandem etwas weggenommen wird. Aber ich möchte einmal eine andere Sichtweise diskutieren. Denn man stelle sich mal vor: Diese knapp 20.000 $ hat sie durch einmalige Arbeit (Aufnahmen) erhalten. Und die werden mit dem richtigen Marketing auch 2019 nicht ausfallen. Dass natürlich etliche Jahre Ausbildung dahinter stehen, ist auch nicht wegzudenken. Aber andererseits: Wer unter euch hat nicht Jahre in seine Ausbildung investiert, 5-10 Stunden am Tag, über Jahre, um den Job auszuüben, der heute die Brötchen bezahlt?


    Ist es vielleicht nicht eher an der Zeit, "Musik" nicht mehr als Hitdriven Business zu bezeichnen, in dem man als "One hit wonder" zur schnellen Million kommt? Sondern eher als normalen Job, der größtenteils aus Live-Auftritten besteht? Dann sind Einkünfte über Streamingdienste ein gern gesehenes Grundrauschen. Sicherlich braucht es auch dafür wieder die kritische Masse, Aufträge, Technik, Promotion, etc. Aber auch ein Handwerker muss sich um seine Aufträge kümmern und wo keine Baustelle, da keine Arbeit.


    Kann es vielleicht sein, dass sich das Musiker-Darstein viel mehr den üblichen Berufen angleicht, mit durchschnittlicherem Gehalt und "geregelteren" Arbeitszeiten? Und weiter gesponnen: Wäre daran etwas schlechtes?