Sich jetzt hinter What-If‘ s zu verstecken, würde bedeuten, dass jeglicher historischer Bezug bei Spielen keiner besonderen Rolle zukommt. Hast du/ habt Ihr selbst in euren Brettspielen diesen Anspruch? Ich verstehe, auf was du hinauswillst, doch wirken hier osmanische Überseebesitzungen etwas hölzern. Deren Kolonialbemühungen sahen anders aus.
Die nächste Erweiterung von Endeavor handelt dann sicher von Leif Erikson oder Klaus Störtebeker? Das wäre doch auch ein dolles Thema für Cäptn Nemo. Quasi die Kirsche auf der Torte. Beide Gestalten haben ja nachweislich schon mal in nem Schiff ein Kommando gegeben. What If....
(P.S. Sich nur Fragmente zum Zitieren herauszunehmen und dann da drauf einzuschlagen, halte ich nicht für die ganz feine Art.)
Ich habe keine Fragmente zitiert, sondern ich wollte mit diesem Post auf diesen Aspekt deines Arguments eingehen. Über die anderen Punkte haben wir uns ja schon unterhalten.
Hier nun warum ich dein Argument nicht verstehe:
Spiele in egal welcher Art, erkunden einen wie auch immer gearteten „Possibility Space“. Ja, man kann einen Anspruch auf „Historicity“ stellen - das ist vollkommen legitim - auch wenn dieser im Kontext eines Spiels zwangsläufig immer nur ein hauchdünner Deckmantel ist, egal wie historisch ein Spiel auch sein mag. Er spiegelt immer nur unsere Erwartung wieder - die sich nicht mit der Realität decken muss. Ein schönes Beispiel ist das weiße Mittelalter und dieser immer noch herrschende Mythos vom „volksreinen“ Mittelaltervolk. Du willst mich gar nicht erst anfangen lassen, wie schlimm ich das finde, dass das in den Brettspielen gar nicht thematisiert wird und wie das Auswüchse schlägt, konnte man vor ein paar Jahren beim Videospiel „Kingdom Come“ schön sehen.
Aber ich will nicht zu sehr abdriften. Je mehr ein Spiel seinen Mechanismus hervorhebt und nur durch ein Thema unterstützt, desto spekulativer wird ein Spiel natürlich in seinem Possibility Space. Vielleicht kannst du mir mal ein Beispiel geben für ein Spiel, dass du super akkurat hältst und alles richtig macht für dich.
Aber selbst unsere eigenen Spiele wie Watergate arbeiten natürlich stark mit What-Ifs. Was wäre wenn Nixon alle Informanten hätte blocken können?
Was wäre wenn die UdSSR in Twilight Struggle ein kommunistisches Deutschland kontrolliert hätte?
Der Spieler will ja Agens - und damit seine eigene Geschichte schreiben. Deswegen ist es so spannend in Civ mit den Azteken mit Atombomben auf England zu gehen. Oder mit Boudica den Kultursieg mit Broadway und Freiheitsstatue ....
Nun ist Endeavor ohne Erweiterung ja einfach ein Spiel mit einem coolen Thema und die Erweiterung bringt Nationen mit hinein, die sehr wohl mit Schiffen unterwegs waren. Mir fehlen sogar noch andere Nationen - die sich nur leider mit der Euro-Zentrischen Thematik beißen würden - aber ich hätte auch ein neu aufgeblühtes Venedig genommen ....
Wenn du darauf bestehst, dass nur historisch korrektes stattfinden kann - wie ist es dann in Ordnung für dich, wenn Frankreich Nordamerika alleine kolonisiert?
Dürfen die Nationen dann manche Regionen nicht betreten, weil das lächerlich wäre? Wo ziehe ich da die Grenze? Für mich liest sich das, als ob du einen Film schauen willst oder ein Buch lesen - also etwas dessen Possibility Space bei 0 liegt, aber nicht ein Spiel, wo die Aktionen der Spieler das Narrativ gestalten.