Beiträge von Sir Bobo im Thema „17.06.-23.06.2019“

    Tudor


    #Tudor kam inzwischen zweimal mit unterschiedlichen Gruppen auf den Tisch (jeweils 3er Partien). Trotz netter Optik und historischem Flavour ist es faktisch ein eher abstraktes Action Selection-Spiel mit kleinen Area Control & Set Collection Elementen. Ein gelungener Kniff ist hierbei das Platzieren der "einfachen Arbeiter" (Hofschranzen) in drei Bereichen (Tischen) mit jeweils zwei Aktionen. Diese Arbeiter darf ich in der dritten Phase aber nur zur Aktivierung einer Option nutzen, wenn auch in der vorherigen zweiten Setzphase ein "besonderer Arbeiter" (Adeliger) auch an den Tisch gesetzt wurde, der sogar zwei Aktionen mitbringt. Dieser Prozess gibt ein paar knackige Überlegungen vor, die Spieler der hinteren Reihenfolge mit Optionen bevorzugen, aber auch vor vollendete Tatsachen stellen können ("Mist, jetzt muss meinen Adeligen an den Tisch AB setzen, sonst geht mein Arbeiter dort leer aus, aber eigentlich brauche ich noch Aktionen auf Tisch CD...").


    Die Aktionen selbst drehen sich vor allem um das Sammeln von Karten ggf. in Abhängigkeit von verfügbaren Ringfarben, das Bewegen von Figuren (ggf. unter Abgabe von Karten) zum Sammeln von Symbolen und zum Platzieren auf den Endfeldern ("Ämter"), was wiederum weitere Ringe gibt. Hierbei sind Punktebedingungen und die Bedeutung von Jokerteilen jeweils von Spiel zu Spiel variabel, und so war meine erste Partie mehr ein Rennen auf Ämter und Ringe, während man in der zweiten Partie viele Figuren auf das Feld bekommen wollte und seltene Symbole gejagt hat.


    Die Geschwindigkeit und Dauer des Spiels ist sehr gelungen und liegt inkl. Erklärung bei maximal 2h - geübte Spieler sollten für eine Partie ca. 1h benötigen. Da man in der Regel zwischen 4 und 6 Runden spielt und, beginnend in der ersten Runde insg. 4 Aktionen hat und maximal eine weitere Aktion pro Runde dazubekommt (bis die ersten Arbeiter auch wieder rausfliegen), die Aktionen selbst sehr einfach sind, fokussiert sich der Denkprozess auf das Puzzle auf dem Spielfeld. Dies löst zwar gelegentlich durch unerwartete Aktionen der Mitspieler "Denkstarre" aus, doch eigentlich wart der Spielfluss sehr angenehm und insgesamt kurzweilig.


    Die Interaktion des Spiels ist sehr deutlich spürbar und eine Partie Tudor ist nichts für Gruppenkuschler. Die Auseinandersetzung beginnt mit dem Gedränge und Verdrängen am Tisch, bei dem man ab der zweiten Spielhälfte durchaus den einen oder anderen Spieler am Ende der Runde auf "Notaktionen" beschränken kann (man verliert zwar den Arbeiter, hat aber noch kleine Aktionen als Trostpflaster). Auf dem Spielplan selbst kann man sich gegenseitig die Ämter wegnehmen und dadurch (ohnehin sehr knappe) Ringe der Mitspieler entwenden, schnappt sich seltene Symbole weg oder kann sogar - je nach gültiger Spielregelkarte - das Spielbrett manipulieren. Während dies in einer Dreierpartie sorgfältige Überlegungen aller Spieler zur Ausbalancierung der Folgen eines Zuges erfordert, da sich sonst zwei Spieler beharken und der dritte Spieler freie Bahn hat, dürfte eine Viererpartie aufgrund der Nähe zueinander trotz eines weiteren Platzes am Tisch Schweißperlen auf der Stirn verursachen.


    Fazit: Aufgrund des hohen Abstraktionsgrads und der etwas heiklen Spielbalance kleine Abzüge in der B-Note, ansonsten ein sauberer Spielmechanismus, der in der richtigen Zeit für große Unterhaltung gesorgt hat (7/10 BGG Rating mit leichter Tendenz nach oben).


    Undo - Das Kirschblütenfest


    #Undo ist das neue Pegasus-Kartenspiel einer Storytelling-Reihe mit Anleihen an den alten Action Adventure-Büchern ("Gehst Du nach links, lies weiter bei 475..."). Es gibt hierbei 13 Hauptlokationen, die mit unterschiedlichen Zeiten und Orten auf dem Tisch noch verdeckt hingelegt werden. Dazu legt man noch verdeckt eine kleine Hinweiskarte. Lediglich das "Hauptevent", ein Todesfall, wird zusammen mit seiner Hinweiskarte bereits offen aufgedeckt.


    Die Spieler diskutieren nun gemeinsam, welche weitere Zeitkarte aufgedeckt wird und haben hier insgesamt 9 Runden zur Verfügung, d.h. es werden in einer Partie nicht alle, aber viele Karten aufgedeckt. Allerdings darf man zusätzlich lediglich insgesamt 4 Hinweiskarten aufdecken. Hierbei kann auch die Reihenfolge entscheidend sein, denn ich muss bei jeder Karte eine von drei Optionen wählen, durch die ich das lokale Ereignis manipuliere. Ergebniskarten teilen mir dann mit, ob die Entscheidung positiv, neutral oder negativ war. Dabei sind die Karten untereinander aber lediglich durch die Geschichte verbunden, d.h., es gibt keine "Entscheidungsbäume" oder eine Entwicklung durch meine Entscheidungen, sondern es wird einfach am Spielende eine Summe aller erreichten Ergebnisse gebildet und daraus das Spielergebnis ermittelt.


    Die Spielaufmachung ist für mich eher unbefriedigend, da es sich um reine Textkarten ohne echte Bilder handelt. Selbst das Cover erscheint mir eher amateurhaft - hier hat man bei der Grafik deutlich gespart. Dies mag für eine Geschichtenerzählung evtl. zweitrangig sein, aber fördert aus meiner Sicht eben auch nicht die Atmosphäre. Auch wenn das Spiel als Familienspiel ab 10 Jahren ausgezeichnet ist, halte ich dies aufgrund der tragischen Ereignisse für zu weit unten angesetzt und würde hier meine Kinder dies nicht alleine spielen lassen, sondern eher ab 14 Jahren empfehlen.


    Fazit: Es handelt sich um ein spielmechanisch sehr einfach gehaltenes Story Telling-Spiel, welches definitiv nicht in der Liga der Exit-Spiele unterwegs ist. Erfahrene Spieler sind in 45min damit durch und dürften die gerade am Anfang eher zufällig erratenen Entscheidungen als unbefriedigend ansehen. Umgekehrt ist es nicht uninteressant, wenn sich eine Geschichte in den Köpfen der Spieler entwickelt und man so langsam ein Gefühl für das tragische Ereignis bekommt (gerade so 6/10 BGG Rating).