Beiträge von MetalPirate im Thema „Brass: thematische Schwächen?“

    Bei Stone Age (Stichwort: Hunger-Strategie) sehe ich die Diskrepanz zwischen dem, was sich thematisch richtig anfühlt, und dem, was siegpunkttechnisch optimal ist. Bei Brass sehe ich sie nicht, da geht das für mich Hand in Hand. Aber haken wir's einfach ab, "we agree to disagree".

    Tut mir leid, aber ich sehe immer noch nicht den fundamentalen Unterschied zwischen der Industrie, die ich baue, damit sie mir in der Endwertung Siegpunkte bringt, und der Eisenbahn, die ich baue, damit sie mir in der Endwertung Siegpunkte bringt.


    Beides unterscheidet sich bei den Anforderungen (an die Karten, an das Netzwerk, an die Versorgung mit Kohle/Stahl), in der Bepunktung (ansteigend mit Level, Freischaltung erst durch Verkauf, fest vorgegebene Werte vs kein Level-Anstieg, direkte Freischaltung, aber variable ansteigende Wertigkeit) und in den Konsequenzen, die daraus für zukünftige eigene wie fremde Züge erwachsen (Anbieten von Rohstoffquellen bzw. Transportkapazität). Aber letztendlich mache ich beides, weil es gleichermaßen Spielziel ist und demzufolge mit Punkten belohnt wird.


    Wenn ich in der vorletzten Runde noch eine Eisenmine eröffne, um das Eisen zur Not in der letzten Runde noch selbst sinnlos weg-zu-developen, wenn's kein anderer tut ... wo liegt dann der Unterschied zum Legen einer Verbindung zwischen zwei Industriegebieten, die ich selbst nicht mehr brauche, um Kohle irgendwo hin zu bringen?

    Ernst Juergen Ridder : Der Bau von Transport-Infrastruktur ist genau wie der Bau von Industrie das Spielziel von Brass. Die Wertungen bestehen ganz bewusst aus diesen beiden Teilen und das ist auch vollkommen thematisch richtig. Die Wissenschaft ist sich ziemlich einig, dass die Industrielle Revolution nicht möglich gewesen wäre in einem Gebiet ohne die Möglichkeit, große Mengen Kohle kostengünstig zu transportieren und genau das ging im Nordwesten Englands mit Kanalbau. Genau damit sind auch in den Anfangstagen der Industrialisierung viele Landbesitzer reich geworden. Dass Verbindung auch direkt Industrien mit Kohle versorgen und dafür notwendig sind, ist eher ein Nebeneffekt. Wenn du die Transport-Infrastruktur auf "ich muss man Stahlwerk mit Kohle versorgen" reduzierst, dann argumentierst du am Thema vorbei.

    Das ist so ein Punkt, der mir bei Brass weniger gefällt: Bauen von Verbindungen gegen Ende des Spiels, die keiner braucht, nur um der Punkte willen.

    Hilft es dir, wenn du dir das thematisch erklärst? Wenn (z.B.) in Birmingham viel Industrie sitzt, der es an Transport-Infrastruktur fehlt, um effizient zu arbeiten, dann müssen eben Eisenbahnen dorthin gebaut werden, ganz ganz dringend... Der Punktwert der Verbindungen fällt ja nicht vom Himmel, sondern kommt sehr direkt und thematisch passend durch die Industrien an beiden Enden zustande. Großer unerfüllter Transportbedarf => viele Punkte wert.


    Im Übrigen glaube ich, dass sich das (gefühlte) Problem mit vielen 6er- oder 7er-Verbindungen gegen Spielende durch steigende Spielerfahrung der Runde tendenziell erledigt. Ich werfe ja auch Brass nicht vor (oder zumindest nicht mit hoher Intensität), dass die orangenen Würfelchen ausgehen, wenn in reinen Anfänger-Runden niemand billiges Eisen zum Entwickeln verbraucht. Unter guten Spielern sind unbesetzte 6er oder 7er Verbindungen selten. Die werden entweder vorher selbst gesichert, bevor man sie so hoch aufwertet, oder man baut seine Industrie lieber woanders hin als dass man dem nächsten Spieler so eine Vorlage gibt.