Beiträge von MetalPirate im Thema „Rodney Smith (Watch It Played) über bezahlte Rezensionen“

    Eine halbwegs unabhängige Finanzierung über Youtube, Patreon oder ähnliches kann, Stand 2019, in einem Exoten-Hobby wie Brettspiele IMHO höchstens für englischsprachige Kanäle klappen. Bei Schminktips, Grillen und anderen massenkompatibleren Sachen sähe das vermutlich anders aus, aber nicht in unserem kleinen Bereich. Bei den Medien mit hoher Reichweite (Video) sind die Kosten (Zeit, Arbeit) zu hoch. Bei den günstigeren Sachen (Blogs) sind die Reichweiten zu niedrig, um damit seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Deshalb bleibt im deutschsprachigen Bereich alles im Hobbybereich hängen oder entwickelt sich zum schlecht bezahlten Alles-Hochjubler.

    Manche versuchen sich wie H&C an Mischfinanzierungen -- aber genau das geht dann IMHO besonders gründlich in die Hose, weil sich dann unterschiedliche Interessen und Erwartungen einfach fundamental widersprechen. Der Patreon-Unterstützer erwartet dann kritische Reviews, auch von "großen" Titeln. Die etablierte Firma, die eben dieses Review sponsort, erwartet dagegen ein wohlwollendes Review. Beides zugleich kann der Reviewer gar nicht leisten. Selbst wenn der Macher die widersprüchlichen Interessen oft unter einen Hut bringen kann -- wenn's mal knallt, dann aber gleich richtig, mit direktem Verlust von Reputation.

    Daher hoffe ich stark, dass jeder Reviewer, der seine Zeit dafür opfert entsprechend entlohnt wird. Entweder durch Geld oder halt durch Spass an der Arbeit/dem Hobby.

    Von Spaß am Hobby kann kein Reviewer auf Dauer leben. Deshalb ist es für mich auch relativ logisch, dass die Reviewer insbesondere im zeit- und geldintensiven Review-Genre, nämlich Youtube, entweder irgendwann vom Bildschirm verschwinden oder zum bezahlten Nur-Noch-Hochjubler mit absinkendem Qualitätsniveau korrumpiert werden (siehe z.B. Rahdo). Das kann man zwar bedauern, aber kritisieren kann man da eher wenig. Man würde die ganze Recherche-, Beschaffungs-, Aufnahme- und Editier-Arbeit ja auch nicht umsonst mache. Da bin ich ganz bei Rodney Smith.

    Gibt es dazu ein tl;dw?

    1) Genau Begriffsklärung Review/Preview/paid/anderes und was wie problematisch sein kann. (etwas länglich, aber IMHO hier notwendig)

    2) Hinweis, dass man bei aller berechtigter Kritik an "paid reviews" nicht "unpaid reviews" als das Gegenteil davon einfordern kann, weil das in der Praxis heißt, dass der Reviewer sein Geld und seine Zeit ohne Gegenleistung zur Verfügung stellen müsste. Das kann man insbesondere dann nicht einfordern, wenn man "paid reviews" mit der Argumentation "ich will nicht zu Fehlkäufen getrieben werden" kritisiert, da hängt beides zusammen.


    Persönliche Meinung: Punkt 2 ist auch richtig, solange man nicht dem Fehlschluss aufsitzt, dass "ich stelle etwas kostenfrei zur Verfügung" ein irgendwie geartetes Anrecht auf Bezahlung enthalten würde. Viele von denen, sie sich als Blogger/Podcaster/Youtuber oder sonstiger "Influencer" der Öffentlichkeit präsentieren, sind nämlich meiner Meinung nach einfach nur Selbstdarsteller, die mit mehr oder weniger viel Ahnung von der Materie und mehr oder weniger vielen Abhängigkeiten berichten. Dass sich da kein weitverbreitetes "ich zahle gerne Geld dafür!" einstellt, ist für mich nur logisch.

    Bei Punkt 2 wird IMHO auch das Medium auf einmal sehr wichtig. Es ist völlig klar, dass man das als Youtuber nicht mehr so einfach hobbymäßig leisten kann, wenn man technische Ausrüstung im vierstelligen Preisbereich braucht und vor jedem hochwertigen Upload erstmal mehrere Stunden am Videoschnitt sitzt. Einen Spielberichte hier im Wochenthread zu schreiben, ist dagegen noch deutlich eher hobbymäßig machbar. Genau daher bezieht dann auch ein Forum wie dieses für mich seinen Wert. Die niedrige Zugangsschwelle -- einfaches Schreiben -- sorgt dann wirklich für ehrliche, unabhängige, und, ja: unbezahlte Berichte. Da gebe ich dann auch gerne mal einen Daumen hoch, selbst wenn es nicht hochglanz-perfekt ist oder ich eine Meinung zu einem Spiel nicht teile.