Alles anzeigenMagst Du ein bißchen darüber elaborieren? Ich bin noch kein Freund von CoC, und vielleicht kann ich aus Deinen Fehlern lernen.
Kann ich gerne machen, aber ich muss dich insofern enttäuschen, dass ich nicht CoC (also "H.P. Lovecrafts Cthulhu", wie das RPG im Deutschen heißt) leite, sondern Fhtagn! Das ist ein OGL-RPG, entwickelt von der Deutschen Lovecraft-Gesellschaft, auf der Basis des RPG-Systems von Delta Green und dessen OGL. Das gesamte Regelwerk sowie die Beschreibung der Spielwelt und einige weitere Artikel finden sich frei verfügbar unter dem angegebenen Link. Wer also Interesse hat, kann nicht nur dort nachschauen, sondern sich auch direkt bedienen, ohne ein Buch oder ähnliches kaufen zu müssen (die es jedoch als PoD auf DriveThruRPG gibt). Einzig die Abenteuer-Veröffentlichungen gibt es nicht kostenfrei.
Fhtagn ist im Großen und Ganzen dem Regelsystem von CoC sehr nahe - man nutzt einen W100, um auf Attribute und Fertigkeiten ähnlicher Art zu würfeln, es gibt Stabilität etc. Es ist sogar noch simpler vom Regelgerüst, würde ich sagen, unterscheidet sich aber in ein paar Punkten signifikant von CoC. Diese Unterschiede sind jedoch so gering, dass es möglich ist, jegliche CoC-Veröffentlichung mit nur sehr wenigen Anpassungen 1:1 mit dem Fhtagn-System zu spielen.
Ich werde in Zukunft zwar weiterhin CoC-Produkte sammeln, aber nur noch Fhtagn leiten, da ich
- ein noch simpleres System durchaus schätze, da ich Regelsysteme beim RPG nur als notwendige Krücke sehe, nicht aber als zu relevantes Element
- die Unterschiede zu CoC sehr schätze, da sie einen anderen Schwerpunkt legen, und One-Shot-Spiel sogar mE z.T. deutlicher begünstigen
- ein großer Freund der OGL bin
- den knebelnden Stranglehold, den Chaosium seit Jahrzehnten über CoC verhängt hat, und erst in den letzten Jahren langsam lockert, schon immer verabscheut habe
Aber gut, das war nicht die Frage. Es lief bei dem Abenteuer ("Der Monolith" aus "Königsgambit in Kamborn") einiges schief, weil ich mehrere grundlegende Fehler gemacht habe:
- Ich war nicht firm genug im auch für mich neuen Regelsystem (bzw. den abweichenden Details) und konnte so den Spielern nicht genug Anleitung geben. Sonst hätte ich bessere Möglichkeiten aufzeigen können, und der permanente Wahnsinn zweier Charaktere bereits im ersten Abenteuer der Kampagne hätte wahrscheinlich verhindert werden können.
- Ich habe sehr, SEHR viel Arbeit in die Vorbereitung gesteckt - aber nicht in das Abenteuer selbst. Viel Aufwand steckte ich in Props und andere Dinge, die alle sehr cool sind. Dabei ließ ich aber das zentrale Element außer Acht - als SL sollte man sein Abenteuer in und auswendig kennen, und auch die Fallstricke und Probleme. Beim erstmaligen Lesen entpuppte sich das Abenteuer als eines mit eher einfacher, fast schon banaler Struktur und Hintergrundstory. Mein SL-Hirn sagte sich daher "ach, das ist simpel, das geh ich kurz vorher nochmal grob durch, und dann passt das." Dabei übersah ich jedoch einige Fallstricke, die ein weiterer Grund waren, warum das Abenteuer letztendlich nicht so endete, wie es vorgesehen war.
- Statt aufgrund fortgeschrittener Uhrzeit und allgemeiner Müdigkeit einen Cut zu machen, und das Abenteuer beim nächsten Mal fortzusetzen, versuchte ich, es noch in derselben Nacht abzuschließen, da "nicht mehr viel außer dem Showdown übrig blieb". Dadurch war ich selbst auch zu müde, um noch konzentriert leiten zu können, und auf die Probleme des Abenteuers reagieren zu können (durch Improvisation und ad-hoc-Änderungen). Ein weiterer Fallstrick.
Alles Dinge, die einem erfahrenen SL nicht passieren dürften. Aber es ist halt geschehen.
Also, aufstehen, weitermachen. Besser machen.
Meine Spieler sind glücklicherweise da super-entspannt. Mich fuchst das Ganze jedoch sehr.
Edit:
CoC ist definitiv kein gutes RPG-Regelsystem. Fhtagn ist besser, aber gut ist es auch nicht. Aber auch Trail of Cthulhu hat massive Systemschwächen, die nur eben anders gelagert sind.
Tatsächlich aber ist für mich das System nicht von großer Bedeutung. Zwar hat sich da in den letzten Jahren viel getan, und es gibt wirklich interessante RPG-Systeme (angefangen mit Fate, über Fiasko und Don't Rest Your Head bis hin zu Powered by the Apocalypse), aber ich empfinde es bisher noch als vollkommen unnötig, eine solche massive Änderung des Regelgerüstes für mein Mythos-Spiel vorzunehmen. Es wird nicht allzu oft gewürfelt, in meinen Runden, ich lege Wert auf Erzählspiel und Beschreibung, auf Improvisation und Kreativität der Spieler. Das Regelgerüst kommt nur dann zum Tragen, wenn mal gewürfelt werden muss. Oder wenn man die Regeln mal für sich arbeiten lassen kann. Oder wenn sie das Eine abdecken, was man als Spieler nicht empfinden kann - das Abgleiten in den Wahnsinn, den Verlust des Bezuges zur Realität. Darüber hinaus sind sie für mich wie ein ein Duden, den man aus dem Schrank holt, wenn man ihn braucht, der aber sonst schön da drinnen sein Dasein fristen kann...
Vielen Dank für den ausführlichen Bericht.
Ich versuche immer ein oder zwei „zufällige Begegnungen“ im Ärmel zu haben. Bei einem zu schnellen oder zähem Fortschreiten lassen die sich stets easy einbauen, und den zeitlichen Rahmen zu kontrollieren, das kann einem den Hintern retten, gerade wenn man eine dynamische Gruppe am Start hat.
Nicht selten entwickeln sich aus solchen kleinen Nebenschauplätzen ja auch die Momente, an welche man sich am liebsten erinnert.