In letzter hört man so gut wie nichts mehr von Altar Quest. Ist es schon etwas in Vergessenheit geraten? Mittlerweile habe ich über 10 Partien in jeglicher Spieleranzahl hinter mir und möchte ein längeres Fazit ziehen und eventuell auch die Frage klären, wieso über Altar Quest kaum noch gesprochen wird. Info: Die Kampagne habe ich nicht gespielt, sondern nur One-Shots ausprobiert.
Positive Aspekte
Das Spiel ist innerhalb von fünf Minuten aufgebaut. Das große Spielbrett bereitstellen, ein paar Kartenstapel mischen und die Miniaturen heraussuchen. Mit einem guten Sortierungssystem ist das schnell abgewickelt und auch die Regelerklärung für neue Mitspieler*innen gestaltet sich relativ zügig.
Die Heldendiversität ist groß, obwohl die meisten Helden eher Klischeefantasy Protagonisten entsprechen. Man merkt allerdings den Unterschied zwischen den einzelnen Fähigkeiten der Helden deutlich und muss dementsprechend auch seinen Spielstil umstellen, je nachdem welche Figur gesteuert wird. Einige Helden glänzen eher im Zusammenspiel mit anderen Charakteren, andere sind hingegen auch gut für True Solo geeignet.
Die Quests und Endgegner sind abwechslungsreich. Auch hier werden zwar kaum neue Konzepte oder Ideen eingeführt, aber es gibt viel zu entdecken und das eigene Vorgehen muss entsprechend angepasst werden. Gerade in der Stretch Goals Box haben sich mehrere coole Endgegner angehäuft.
Ich empfinde die Interaktion mit Möbeln und Altären als gelungen. Pro Raum wird immer genau ein Möbelstück beim Betreten des Raumes platziert, welches geschickt ausgenutzt werden kann / muss und häufig nochmal einen kleinen Boost darstellt. Ebenso ist der Einfluss des gezogenen Altars auf das ganze Spiel deutlich spürbar und muss im Blick behalten werden.
Es gibt kaum tote Züge der spielenden Personen. Falls gerade nichts spannendes passiert, oder man sich außerhalb des Kampfgeschehens befindet, hat man noch genügend Optionen offen und bereitet sich auf eine tolle Kombination in der nächsten oder übernächsten Runde vor.
Mir gefällt die mögliche Kooperation zwischen den Spieler*innen. Man kann leicht anderen Personen einen Bonus geben und gegenseitiges Helfen wird mMn anhand der Handkarten der Helden leicht gemacht.
Die größte Stärke des Spiels ist die Mechanik der Altar Dice, welche sich wie ein roter Faden durch das ganze Spiel zieht. Man muss nicht nur die Spezialfähigkeiten der Threats und Villains im Blick haben, nein auch die eigenen Mitspieler*innen können dadurch öfters mitmischen, obwohl ihr Turn eigentlich offiziell beendet ist. Das führt dazu, dass die Aufmerksamkeit am Tisch durchgehend hoch ist.
Neutrale Aspekte
Im Spiel ist einiges an Verwaltungsaufwand zu leisten. Gegner- und Möbelminiaturen herauszusuchen, viele Tokens hin- und herschieben, Gegner bewegen, auf die Altar Dice achten usw. Es gilt also einiges zu beachten.
Letztendlich besteht Altar Quest aus vielen Testwürfen. In meisten Dungeon Crawlern werden viele Proben verlangt, oder Angriffs- und Verteidigungswürfel geworfen, aber hier fällt einem das gehäuft auf, dass schon wieder eine Probe verlangt wird. Muss man mögen.
Es sind instabile Spielerfahrungen möglich. Unsere Partien waren teils sehr kurz, teils unglaublich lang. Teils endeten Sie abrupt, teils zogen Sie sich wie Kaugummi. Manchmal war es viel zu leicht, manchmal viel zu schwer. Das liegt an dem modularen Aufbau sowohl der Decks (Threats, Villains, Quests) als auch des Spielplans mit dem gesuchten Altar. Je nach Heldenwahl kann eine Partie auch deutlich leichter oder schwerer werden.
Das Artwork und Miniaturen sind in Ordnung. Es ist immerhin nicht das 08/15 Fantasy Gedöns, allerdings kann ich weder die Miniaturenqualität noch das Artwork besonders loben. Die Möbelstücke finde ich allerdings ganz nett.
Altar Quest ist wenig immersiv. Das Spiel schreibt kaum erinnerungswürdige Geschichten, die Gegner sind teils austauschbar und auch die Flavour Texte können mich nicht wirklich in diese Welt ziehen. Durch die Altar Dice ist man zumindest mechanisch aber voll dabei.
Negative Aspekte
Mich stört die redaktionelle Bearbeitung. Die Spielanleitung ist halbwegs in Ordnung, es fehlt allerdings an ausführlichen Beispielen und erst ein langer und ausführlicher Spielbericht bei BGG konnte meine Fragen ganz klären. Nervend finde ich die Tatsache, dass in der Spielanleitung lediglich eine (!) mögliche Aufbauvariante von Quest, Threats und Villains angegeben wird. Bei BGG wiederrum gibt es eine schöne Tabelle mit möglichen (guten und stabilen) Kombinationen und Tipps, wie man schwerere und leichtere Partien hinzaubert. Gehört mMn alles ins Regelheft.
Cooles Looting? Nicht existent. Hier kriegt man ab und zu einen Trank oder ähnliches hinterhergeschmissen, der mir zu 50 % helfen könnte. Neue Waffen, Rüstungen oder Items? Nope. Nicht bei Altar Quest.
Es gibt keinerlei Charakterentwicklung. Erfahrungspunkte gibt es einfach nicht, Levelupgrades auch nicht und so fühlt man sich im Laufe einer Partie auch kaum stärker (es liegen vielleicht mehr Karten aus, die einem einen dauerhaften Buff geben) werden.
Ich finde die Gegner wirklich langweilig. Es ist mir egal, ob ich gegen Werwölfe, Frösche oder Söldner ins Gefecht ziehe, da jede Gegnerart in Nahkämpfer, Fernkämpfer und Schamane unterteilt ist und sich diese innerhalb der Threats kaum unterscheiden. Lediglich die Stats sind ein bisschen anders, ansonsten ist da nichts, was einen Werwolf von einer Söldnerin unterscheidet. Dazu kommt die „KI“, die genau eine Möglichkeit zur Abhandlung des Gegnerzugs vorgibt – und dieser ist immer gleich je nach Gegnerklasse. Überraschungen sind damit ausgeschlossen und auch der Schaden ist konstant gleich, da festgelegt.
Altar Quest ist für mich persönlich spannungsarm. Es ist ein sehr berechenbares Spiel, bei dem sowohl der eigene Schaden als auch der mögliche Schaden der Gegner sehr genau vorhergesagt werden kann. Lediglich die Events und die Quests bringen etwas Abwechslung in den Dungeon. High-Fives oder kollektive Trauer? Nope.
Fazit
Wir hatten in unserer Gruppe mit Altar Quest einiges an Spaß und das Spiel kam durch die Bank weg auch gut an, aber letztendlich hat die letzte Emotionalität gefehlt. Dazu kommt das fehlende Looting, die nichtvorhandene Charakterentwicklung und die absolut langweiligen Gegner. Die Altar Dice Mechanik finde ich persönlich richtig klasse und diese wird hoffentlich auch bald in anderen Spielen zu finden sein. Persönlich würde ich Altar Quest am liebsten zu zweit oder zu dritt mit erfahrenen Spieler*innen zocken, da dann auch die Wechselwirkungen zwischen den Protagonisten groß sind.
Letztendlich habe ich Altar Quest mit ein wenig Wehmut (sortiert schauen die Boxen mit den krass vielen möglichen Kombinationen schon beeindruckend aus) verkauft, da es mich (uns) nicht restlos überzeugt hat. Laut den derzeitigen vielen EBay Kleinanzeigen bin ich mit meiner Einschätzung nicht allein.
Ich warte immer noch auf einen richtig tollen One-Shot Dungeon Crawler. Vielleicht können mich bald Machina Arcana oder Massive Darkness 2 überzeugen?
7.25 von 10 bei BGG