Hmm, ich bin mir etwas unsicher, wie ich dich finden soll.
Erstmal möchte ich ein generelles Lob aussprechen. Deine Videos sind durchdacht, du hast eine gute Wortwahl, du fackelst nicht lange rum, du zeigst nicht permanent dein Gesicht in die Kamera (für mich ein Plus), hast gepflegte Hände, du hast eine sehr gute Kamera und weißt top damit umzugehen, du bist gut vorbereitet (Fotos anderer Spiele ausgedruckt, andere Spielschachteln zur Hand), usw. Die Rahmenbedingungen stimmen also schonmal allesamt.
Weiterhin finde ich es sehr gut, dass du überhaupt kein Blatt vor den Mund nimmst. Du sagst, wie es ist und redest überhaupt nichts schön. Du scherst dich nicht darum, PC zu sein; benutzt viele Anglizismen und hast in deinem Genre (was ich bisher einschätzen kann) sehr viel Ahnung. Das ist top. Von deiner Sorte gibt es kaum Leute auf Youtube, erst recht nicht in Deutschland, und das ist ein super Alleinstellungsmerkmal.
Wo ich aber jetzt nun leider die Abstriche machen muss, sind an dreierlei Punkten:
1. Deine Urteile sind inkonsistent und eher impulsiv.
2. Deine Partienanzahl bzw. vor allem -Varianz rechtfertigt nicht die Härte des Fazits.
3. Deine Prinzipien sind etwas sehr festgefahren und daher artet vieles in Nitpicking aus, was einfach nur wiederholt und "ausgeschmückt" wird.
Dies möchte ich dir auch gern begründen.
Zu 1: (Inkonsistenz)
In Video 1 sagst du als tl;dr zu Gloom of Kilforth:
"Das Spiel ist gut."
"Es ist genau mein Ding."
"Es macht eine Menge richtig - und zwar teilweise 'richtiger' als andere Genrevertreter."
"Es macht eigentlich nur zwei Dinge grundlegend falsch/absolut beschissen, weswegen man das Spiel für mehrere Spieler absolut nicht empfehlen kann."
Oben schriebst du in deinem Post dazu ebenfalls noch:
"Was mir in den ersten beiden Stunden noch gut gefiel" (Auszug) und "die ersten zwei Stunden (...) sind echt nicht übel". Weiterhin:
"Wenn das Spiel 2 bis 3 Stunden (wegen mir auch 4) dauern würde und das Endgame schneller werden würde, wäre Gloom genau mein Ding"
Du findest es also gut und würdest gern zwei spezifische Dinge ändern.
Es hat dir Spaß gemacht und es hat dir in den ersten zwei, drei Stunden gefallen.
Und dann sagst du nach der zweiten Partie in Video 2:
"Das Spiel ist scheiße."
"Das Spiel brauch' keiner/keine Sau."
"Das Spiel ist objektiv gesehen kein gutes Spiel. (...) Es ist objektiv gesehen scheiße und da lasse ich auch keine zwei Meinungen gelten, seid mir nicht böse."
"Die anderen genannten Titel sind wirklich Lichtjahre besser." (Talisman, Runebound, WoW Board Game, Pathfinder ACG, Hexplore it)
"Großen Bogen drum machen - da kannst du in 2-3 Stunden so viel mehr Spaß haben."
"Es regt mich auf, dass so halbfertige Grütze von Spiel überhaupt auf den Markt kommt."
"Ich habe mit dem Spiel ungefähr 200 Dollar weggeschmissen - das nächste Mal zünde ich es an, da habe ich wenigstens ein bisschen Wärme von, und fertig."
Das ist erstmal lustig und irgendwie auch cool, wie du dich hineinsteigerst und deinen Emotionen freien Lauf lässt, sicherlich, aber eins ist es nicht:
konsistent.
Denn du blendest quasi in Video 2 komplett aus, dass du in Video 1 noch Spaß am Spiel hattest, noch sehr viel Positives finden konntest. Du hast die Würfelproben gelobt, das Artwork, die Orte, die Aktionsmöglichkeiten, usw usw. und es hört sich in Video 2 so an, als hättest du deine Erstpartie schon komplett vergessen oder gar nie gespielt. Als wäre die erste Hälfte von Video 1 nie passiert. Sie ist aber passiert und du hast dich positiv zum Spiel geäußert. Warum also in Video 2 so übertreiben? Warum ist alles, was du in Video 1 Positives gesagt hast, auf einmal ausradiert und weggewischt? Das verstehe ich ehrlich gesagt nicht, wirklich. Entweder bist du also ein Fähnchen im Wind, oder du fandest es auch nach Partie 1 schon mega schlecht und hast dir nur sonst was aus dem Poppes gezogen, damit du überhaupt was Gutes sagen kannst. Ich weiß es nicht. Gibt sicherlich auch noch mehr Möglichkeiten. Aber insgesamt hinterlässt das schon ein bisschen einen "sour taste" in meinem Mund, wie man so schön sagt. Einfach weil das nicht konsistent ist. Und wenn sich deine Meinung so derart drastisch verschlechtert und ins Negative verkehrt hat, hättest du das imho viel deutlicher herausstellen und anders erklären müssen. Mit einem Bogen:
"Ja, ich muss wirklich zugeben, am Anfang fand ich es noch stark. Da war echt viel Richtiges dabei. Aber mittlerweile sehe ich das nicht mehr so. Vielleicht lag ich vorher auch schon falsch, vielleicht bin ich jetzt einfach nur strenger rangegangen, (...), ich weiß es nicht..." usw. Irgendwie sowas. Aber diesen Bogen gab es nicht. Nie. Es war ein Bruch, ein harter Cut, und auf einmal ist komplett ALLES scheiße, das Game für die Mülltonne, keinen Cent wert, löst Wutanfälle aus, etc. Verstehst du, wie ich es meine? Ich möchte dich einfach gern verstehen, kann ich aber nicht, wenn du so widersprüchlich bist.
Du sagtest in Video 2 (wie oben schon zitiert), du lässt zu dem Spiel keine zwei Meinungen gelten. Dann solltest du, bezogen auf mein Erstens insgesamt, vielleicht aber deine eigene Meinung aus Video 1 erst nochmal überdenken und nachträglich into consideration ziehen.
Zu 2.: (Partienanzahl & -Varianz)
Du hast das Spiel genau zwei Mal gespielt und zerreißt es komplett. Für mich ist das persönlich legitim, einfach weil ich auch selbst relativ schnell meine Meinung bilde und meine, Schwächen erkennen zu können (subjektive und intersubjektive+). Tom Vasel und Efka/Elaine von No Pun Included sehen es genauso und verteidigen diesen Punkt auch seit Jahren bis aufs Messer. Aber was hier mehr stört, ist die Varianz dieser deiniger Partien. Du hast eine 3er und eine 2er gespielt, und das bei einem Spiel, das nachweislich und sogar laut eigener Aussagen vom Designer, ursprünglich als Solospiel designed wurde. Na wowie. Wie willst du es denn dann fair und vor allem objektiv (wie du oben sagtest) bewerten, wenn du es im HAUPTmodus des Spiels noch nicht mal probiert hast? Are you shitting me? "Na weil ich es für etwas anderes gekauft habe" war deine Begründung. Wp. Was ist das denn für ein Kinderargument? Bist du Reviewer oder gewinnst du gerade im Debattierclub der fünften Klasse? Das ist nicht. stark. genug. Ich kaufe auch nicht Der Ringkrieg, spiele ihn ein Mal zu viert und schreibe dann den Verriss des Jahres. Einfach weil JEDER MENSCH weiß, dass das Spiel als 2er designed und konzipiert wurde. Der Vierermodus ist einfach nur drangetackert, um mehr Spielerzahlen bedienen zu können. Das ist bei Star Wars: Rebellion genau das gleiche. Es gibt zahlreiche weitere Beispiele aus anderen Genres, mit anderen Spielerzahlen. Five Tribes zu fünft, Solospiele die als reine Multiplayer designed wurden, und so weiter. Muss ich mehr bringen? Nein, ich denke nicht. Du verstehst mich schon. Es bringt mir somit quasi nichts, wenn du ein Spiel als 2er und 3er spielst, dass als Solospiel gedacht war. Da kannst du dich dann zwar aufregen und es abwerten usw., aber viel Mitschuld trägst du mit deinen falschen Erwartungen und mangelnden Vorinfos, und trägt da vor allem der Verlag, der es so durchwinkt. Denn wenn sie Eier gehabt hätten, hätten sie es als reines Solospiel herausgebracht. Verkauft sich mittlerweile gut genug, weil die Lobby groß ist und immer größer wird. Siehe Der Unterhändler, Coffee Roaster, usw usw. Aber sie hatten keine Eier. Weder Hall ( ), noch Schwerkraft ( ). Alles was zählt ist die Absatzgröße und dass man das Spiel an so viele Leute wie möglich verkaufen kann. Daher weiß ich unter dem Strich einfach nicht, ob ich deinem Review und vor allem deiner Wertung allzu viel Gewicht, Legitimation und Validität zumessen kann, einfach weil du es nie im vorgesehenen Spielmodus gespielt hast.
Und Funfact am Rande: bei Spielen, die mit mehreren Modi kommen (Solo, Coop, Competitive) sollte man von vornherein die Ohren spitzen und die Augen offen halten, das klappt fast nie in allen Modi gleich gut. Wundert mich, dass du als jemand, der sich vermeintlich top auskennt, da in so ein hartes Messer gelaufen bist. Das ist für mich demnach alles in allem komplett selbstinduziert. Spiel' es paar Mal solo und du wirst merken: da funktioniert es viel besser, die Night Cards sind gar kein Problem mehr, usw. Aber das machst du nicht, weil es dir generell zu langweilig ist, zu ereignislos, usw. Das kann ich nachvollziehen. Dennoch will ich dir nur auch ein paar Hilfestellungen geben, warum falsche Erwartungen da eben auch Teil deiner 2/10 waren. Oder anders: du kriegst mehr Respekt, Anerkennung und Abonnements für solche Videos, wenn du dich noch durch ein paar Partien mehr quälst (auch wenn ich das selber nicht mag, sowas zu verlangen - hier wäre es aber existenziell wichtig gewesen!), oder wenn du wenigstens dem Modus den Hauptfokus gibst, für den das Spiel geschaffen wurde.
Zu 3.: (Nitpicking/Prinzipien)
Die meisten deiner harten Kritikpunkte aus Video 1 und 2 (kumuliert) sind für mich persönlich gesehen insgesamt Nitpicking. Es gibt so viele Möglichkeiten, Gloom of Kilforth für deine Spielrunde so zu "optimieren", dass es euch wesentlich mehr Spaß macht, dass ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll.
- ihr spielt einfach eine fest vordefinierte Anzahl an Runden und geht dann zum Boss
- ihr spielt einfach mit wesentlich weniger Night Cards oder bekommt pro Rundenende 2 oder 3 anstatt einer
- ihr sortiert einfach die Night Cards aus, die ihr am langweiligsten findet, und spielt nur mit ~10 Stück
- ihr erfindet eigene Night Cards mit Twists, druckt und sleeved sie und mischt sie in die vorhandenen (nach Kürzung der Gesamtanzahl)
- ihr führt einen weiteren Endgametrigger ein und seid nicht mehr allein von den Night Cards abhängig
- ihr führt einen weiteren Endgametrigger ein der codependent zu den Night Cards ist und dann in einer gemeinsamen Formel/Mischung den Boss triggern
usw usw.
Ich kann mit Sicherheit noch zehn Weitere solcher Ideen aufzählen, locker.
Aber warum versperrt ihr euch davor? Achja, richtig: wegen eurer Prinzipien. Wegen der Aussage, Hausregeln wären generell abzulehnen und nur sinnvoll bei Perlen, die herausstechen und dies auch wirklich verdient hätten. Ahaaaa?! Und wieso das? Wer hat das festgelegt und warum? Fühlt ihr euch wirklich als Betatester, nur weil ihr eine fitzelkleine Winzigkeit ändert? Holy moly, na deutscher geht es dann wahrscheinlich kaum. Ich hoffe, ihr messt auch mit dem Lineal jede Karte ab, könnte ja sein, dass ihr einen Fehldruck bekommen habt und bei einer einzelnen Karte der Sleeve nicht passt. Sorry, aber so ungefähr hört sich das für mich an. Übertrieben korinthig.
Designer sind auch nur Menschen und jedem kann mal etwas durchrutschen. Wenn also bekannte Fixes existieren, kann man diese doch auch benutzen? Und wenn nicht: ein klein bisschen Kreativität hat doch auch noch keinem geschadet.
Du bist genau wie ich Lehrer, schreckst aber vor einem einzelnen Hotfix zurück, der das Spiel wesentlich kürzer & knackiger macht? Was machst du denn dann, wenn du ein Werk im Unterricht vorstellen sollst, das nicht 100% in den Lehrplan passt oder wo die Form nicht gut in dein Stundenkonzept passt? Lässt du die Quelle/das Material dann einfach weg? Ich persönlich tweake es, das muss ich dir ganz ehrlich so sagen. Ich verändere ein Arbeitsblatt, ich verändere eine Lehrbuchseite, ich tune Größen/Formulierungen/Inhalte/whatever, damit es passt und Sinn macht. Und ich glaube einfach, das hast du auch schon gemacht. Behaupte ich jetzt einfach mal so, rein aus dem Bauch heraus. D.h., warum schreckst du dann bei einem Spiel davor zurück? Weil es eine geschützte, intellektuelle Entität ist? Na dann dürftest du nie irgend eine Hausregelvariante spielen, in deinem ganzen Leben nicht. Oder hast du Angst, dass der Autor oder gar der Verlag irgendwann mal bei dir vor der Haustür steht und sich beschwert, dich abmahnt, o.Ä.? Auch das halte ich für unrealistisch, um nicht zu sagen für völlig abwegig. Eher danken sie dir noch, dass du eine neue Variante erfunden hast oder ein ggf. unrundes Spiel rund machst. Egal. Worauf ich hinaus möchte, ist, dass ich Nitpicking hier und da selbst auch betreibe, sicher. Definitiv. Und ich habe auch meine Prinzipien, jeder hat das. Aber so ein spezifisches Korinthenkacken wie oben, gepaart mit den härtesten, steifsten Prinzipien, die ich persönlich je gehört habe, diese Mischung macht es dann für mich irgendwie ungesund. Du klingst für mich, als muss jedes Spiel, dass du kaufst, absolut perfekt sein, fehlerlos sein und ganz genau deinem Geschmack entsprechen. Und wenn es das nicht tut, und gegen irgendwas Winziges widerspricht, was du dir in deinem Kopf festgesetzt hast, dann ist es eine 2/10. Mal ganz übertrieben gesagt.
Aber ist das fair? Ist das wirklich intersubjektiv anwendbar? Denn - sind wir doch bitte mal ehrlich - Gloom of Kilforth ist im Solomodus durchaus spielbar und macht wirklich vielen Menschen Spaß. Das ist jedenfalls der Mehrheitskonsens und Negativmeinungen zum Solomodus gibt es kaum. Dass es Macken im Mehrspielerspiel hat, bitte, geschenkt - aber du sprichst von objektiv schlecht und scheiße (hauptsächlich eben aufgrund von marginalen Details) und das ist es halt nicht. Entschuldige.
Somit möchte ich unter dem Strich damit schließen, dass, wenn du an deiner Konsistenz über verschiedene Videos hinweg arbeitest, du etwas mehr auf den ursprünglich erdachten Sinn eines Spiels eingehst bei deinen Reviews, und ein klein wenig den stark subjektiv-geprägten(!) Detailhass stecken lässt, ich dich nicht nur abbonnieren werde, sondern ich sogar aktiv Werbung für dich machen werde. Denn dann bist du der beste deutsche Brettspielrezensent auf Youtube, hands down. Und das würde ich mir wirklich für dich wünschen. Du hast die Technik, du hast das Fachwissen, du hast das Auftreten und du hast vor allem das Sprachspiel. Bitte.
Danke,
Lg