Beiträge von brettundpad im Thema „15.04.-21.04.2019“

    brettundpad


    Könnte das Spiel deiner Meinung auch als 2er taugen? Kannst du auch was zur Spielzeit sagen?

    Die Spielzeit ist skalierbar. Man spielt im normalen Spiel nicht alle Zeitalter durch und die Siegendbedingungen sind niedriger. Ein normales Spiel dauert ca. 30 Minuten pro Spieler. Mit Erstspielern ging es ab der Mitte des Spiels recht zügig. Durch Autoexpansion etwas aufwendiger, von der reinen Workerplacementphase mit der Geschwindigkeit von Scythe vergleichbar. Oft weißt du schon was du die Runde vorhast.

    Je nach Spieleranzahl wird ein Teil der Karte mit grauen Grenzsteinen verkleinert. Es gibt dabei verschiedene Möglichkeiten. Entweder schneidet man z.B. den Osten ab (Griechenland, Ägypten...), den Süden oder Norden. Auf meinem Bild kannst du im Hintergrund eine graue Linie aus Holzstäbchen erkennen, das wäre die Grenze. Mit zwei Spielern wird Europa dann sehr sehr klein – oder du lässt es größer, dann hast du ein weniger kriegerisches Spiel und mehr Barbarendörfer. Aber wie gesagt, es ist skalierbar. Weniger Spaß macht dann sicher die Diplomatie, da dein Mitspieler Bündnispartner, Handelsparter oder Feind für den Krieg in einem ist und das verträgt sich natürlich alles nicht so gut.

    #EraOfTribes


    Ich hatte Arne Lorenz zu Besuch, den Autor dieses Zivilisations-Spiels mit Workerplacement. Ich habe es im Oktober auf der Brett in Hamburg kennen gelernt und mir hat es damals schon gefallen. Nun durfte ich den aktuellen und fertigen Prototypen bestaunen, der der fertigen Kickstarter-Version entspricht. Wir haben zu viert gespielt und Arne hat zugeschaut. Außer mir kannte keiner das Spiel und das war Sinn und Zweck. Einfach mal zu schauen wie wir bzw. die anderen Mitspieler mit dem "fertigen" Spiel klar kommen.

    Die erste Erkenntnis hat mich nicht verwundert. Man wird erstmal erschlagen vom Material, dem Brett und vor allem dem Spielertableau. Die Ikonographie, die Zusammenhänge, der überladene Fortschrittsbereich – da muss man sich reinwühlen. Da war viel Bahnhof in den Gesichtern, aber die zweite Erkenntnis ist eben das, was ich selber schon durchgemacht habe. Nach drei Zügen hat man das System verstanden, es gibt weniger Fragen und die Spielzüge entwickeln wenig Downtime. Das überrascht dann wirklich, weil es eigentlich viel zu beachten gilt. Das Spiel wurde für die erste Kickstarterversion auch etwas entschlankt, denn Religion und Spionage sind erstmal weggefallen. Das ist gut für den Einstieg.

    Was macht Spaß?


    Das Spielgefühl eines Europa Universalis auf dem Tisch zu haben. Die vielen verschiedenen Völker mit ihren kleinen aber spürbaren Sonderregeln, die thematisch super passen. Das Fortschrittsystem, bei dem der erste einer Technologie mehr bezahlen muss, dafür aber "Ruhmpunkte" erhält. Andere bezahlen weniger, erhalten allerdings keinen Ruhm mehr. Das ohne diese Technologien Dinge nicht möglich sind, wie Truppen ausheben, Seefahrt oder das Gründen von Städten und das ohne bekannte benachbarte Technologien das Forschen in Teilbereichen teurer wird. Es macht einfach Spaß sich zu spezialisieren und steht ständig in der Zwickmühle, weil man so viel machen möchte, es sich aber nicht leisten kann.

    Der größte Spaß für mich ist aber die Autoexpansion im Zusammenhang mit dem Wachstum. In Era of Tribes entscheide ich mich nicht, ob ich mich ausbreite, denn das Volk entwickelt sich, so fern ich die Aktion im Spiel nicht selber aktiviere, am Ende einer Runde automatisch. Ob das nun positiv oder negativ ist! Je nach Nahrung, Moral, Zeitalter und Luxusgütern, vermehrt sich jede Provinz einmal. Habe ich zu wenig Wachstum, nur in einigen Provinzen, habe ich ein nagatives Ergebnis, schrumpft mein Reich. Mir macht das ungemein Spaß das eigene Volk zum Wachstum zu treiben, was aber gar nicht so leicht ist. Kriege verschlechtern die Moral, das Gründen von Städten ebenfalls und wer mag schon Steuern bezahlen? Truppen über das Belastungslimit der eigenen Vasallen einziehen? Auch hier sinkt die Moral!


    Anfänglich hat man nur zwei Anführer (Worker) die man auf dem eigenen Tableau für Aktionen nutzen kann – dabei will und braucht man so viel (Brot & Spiele, Expansion, Handel, Steuer, Forschung, Rebellion). Liebevoll sind auch Details: Wer das Luxusgut "Pferd" erhält, hat Reiterei im Kampf, wer Erz findet, verbessert damit seine Truppen, Nordmänner haben Sonderregeln für das Plündern, es gibt Barbaren-Dörfer ect. pp.


    Was macht weniger Spaß?


    Der Spielaufbau ist langwierig! Und der Einstieg ist nicht ohne. Ich hatte jemanden in der Gruppe der war dem Ganzen (Spielanleitung und Ikonographie) sehr kritisch gegenüber eingestellt. Ich kann das sogar verstehen. Ohne das Spiel vor einem zu haben, die Spielregel zu verstehen, ist möglich (hat ein anderer in der Gruppe locker geschafft), aber es erfordert Einarbeitungswillen. Auch ist das Spielertableau und das Fortschrittsdiagramm voll mit Grafiken, die alle Sinn machen und einmal verstanden, auch im Kopf bleiben, aber das ist trotzdem etwas wuselig.


    Weiter ist es wichtig, das Spieler am Tisch sitzen, die sich auch wehren wollen. Das kreide ich dem Spiel nicht an, wer aber anderen immerzu Platz macht, der hat bald ein imperium vor sich welches das Spiel absolut dominiert. Kennt man wohl aus jedem Zivilisationsspiel. Auch wenn man das Spiel über sechs verschiedene Wege beenden kann und in vielen Bereichen Siegpunkte erhält, wenn nur einer die Schwerter wetzt, dann gibt er den Ton an. Sollte man vielleicht wissen. Wie auch in Through the Ages, ohne Militär wird es schwer.


    Fazit


    Für mich der heißeste Kickstarter bisher – startet im Mai. Ich liebe Zivilisationsspiele und Era of Tribes ist ein herrliches Schwergewicht, welches mit vielen liebevollen Details richtig Spaß macht. Kickstarter wurde genau für solche Projekte gemacht. Kein großer Verlag, sondern ein Autor der nach zehn Jahren seinen Schatz an den Mann bringen will.