Beiträge von MetalPirate im Thema „[2019] Paladins of the West Kingdom“

    MetalPirate erläuterte zügig die Regeln, aber zumindest ich musste ständig hin & her scrollen für die Übersicht. Das geht am echten Tisch dann doch schneller

    Oh ja. Ich würde mich für einen geübten Regelerklärer halten, aber am TTS etwas zu erklären, ist echt nochmal eine Nummer schwerer als normal. Man kann nicht so einfach auf irgendwas zeigen. Man kann nur mit dem Mauszeiger irgendwo rumfuchteln und muss dann darauf setzen, dass die Zuhörer die entsprechende Stelle nah rangezoomt haben (bzw. M-Taste für Lupe oder ALT-Taste für Darstellung bestimmter Spielelemente), um dann bei einem übervollen Tableau die passende Stelle zu erkennen, die man gerade erklärt.


    Ein großer Fan von Brettspielen am Computer werde ich vermutlich nie. Aber ich kann natürlich verstehen, dass sowas allemal besser ist als gar nicht zu spielen, und gerade wenn es um laufende KS-Kampagnen geht, ist das auch wirklich gut geeignet, um sich einen Eindruck zu verschaffen.




    Jetzt zum Spiel. Das ist wieder das klassische Shem Phillips Schema-F Konstruktionsprinzip: Man nehme ein paar Zählgrößen (hier teils als Ressourcen mit Tokens repräsentiert, teils mit Schritten auf einer Leiste). Man definiere ein paar thematisch passende Aktionen mit Kosten und/oder Bedingungen, die das Spiel voran bringen. Dazu packe man kaufbare Karten, die beim Durchführen irgendwelcher Aktionen irgendwelche Ressourcen oder Leistenschritte ausspucken. Das ergibt natürlich Kombo-Möglichkeiten, insbesondere wenn mehrere Karten auf die gleiche Bedingung triggern.


    Mit den passenden Karten ist dann mal dieser, mal jener Weg besser. Ein paar Endwertungen noch reingestreut und fertig ist das Shem Phillips Spiel. Paladins spielt sich auch halbwegs locker runter, wenn auch nicht auf dem Niveau von Architekten. Für Kenner von Räuber der Nordsee und/oder Architekten des Westfrankenreichs ist die Ikonografie auch sofort verständlich. Die Grafik ist wirklich schön und stimmungsvoll, sofern man sich an The Mico nicht schon satt gesehen hat.


    Das Ganze ist solide, aber kein bisschen mehr als das. Ich werde es nicht backen.


    Gründe:

    • Es fehlt mir komplett das "besondere Etwas", die clevere Grundidee, die das Spiel aus der Masse abhebt. Das war alles Kategorie "schon x Mal gesehen".
    • Die Interaktion ist nur schwach ausgeprägt. Wettrennen um begrenzte Plätze und Zugriff auf die gleichen Karten, die erst am Rundenende erneuert werden. Sonst nichts.
    • Das Spiel ist fast rein taktisch orientiert. Strategie kaum möglich. Ganz im Gegenteil: in den ersten drei Runden wird je eine Endwertung freigeschaltet, die beim Erreichen 4/6/8 Siegpunkte wert sind. Die drei Endwertungen kommen aus einer Auswahl von sechs Endwertungskarten, die zu den sechs Hauptaktionen korrespondieren. Das Spiel hat nur sieben Runden und zwingt einen durch die Boni für Aktionen schon von Anfang an auf bestimmte Wege. Kommt in Runde 3 eine Wertung für einen Weg, auf dem man eh schon unterwegs ist, freut man sich über 8 leichte Punkte. Ansonsten kann man diese 8 Punkte quasi kampflos abgeben.
    • Der Zufallsfaktor ist mir oft zu hoch. Beispiel Suspicion-Karten. Geben zufällig 0-2 Geld. Üblich in Spielen ist, gerade bei knappen Ressourcen, dass man Zufallsverteilungen macht mit begrenztem Verhältnis zwischen maximalem und minimalem Wert. Also z.B. 2-4 Geld kriegen. Mit Glück bekommt man doppelt so viel wie mit Pech, aber man bekommt immer ein gewisses Minimum. Ein 0-2 fühlt sich da falsch an.
    • Ganz allgemein stimmt für mich die Verteilung der Zufallselemente nicht. Vergleichen wir es mal mit Orléans, von dem ein Hauptmechanismus geklaut wurde. Bei Orléans gibt es einen kleinen Zufallsfaktor beim "Input", d.h. beim Ziehen der Worker aus dem Sack, und daraus muss man das Beste machen. Was man dann bekommt, d.h. der "Output" der Aktionen, ist dagegen klar definiert. Damit lässt sich gezielt vorgehen, bei gleichzeitigem taktischem Anspruch. Bei Paladins läuft's eher andersrum. Welche Workerfarben ich bekomme, kann ich relativ gut steuern, aber der Ertrag der Aktionen ist dafür enorm zufällig. In einen Engine Building Kontext fühlt sich das für mich falsch an. Beispiel Bau von Befestigungen. Mal kriege ich einen Stärkeschritt und 1 Siegpunkt als Belohnung, mal einen Stärkeschritt und drei weiße Worker, d.h. 1-2 Zusatzaktionen. Das ist gerade am Anfang ein enormer Unterschied! (Und dass die wenigen interaktiven Elemente dann Wettrennen-Charakter haben, macht die Sache hier nicht besser.)

    Paladins würde ich jederzeit mitspielen (und solange ich die Regeln noch drauf habe auch weiteren Interessenten erklären), aber selbst haben muss ich das nicht. Insgesamt fühlt sich Paladins für mich nicht "rund" an. Aber bitte genießt das mit gewisser Vorsicht. Ich gebe auch den Räubern oder den Architekten nur ein schwaches gut. Mit den Designs von Shem Phillips können andere mehr anfangen...

    Wenn Gruppenbestellungen (im Sinne von: beliebig viele Spiele als Add-On für je 60 NZD zum Pledge für 78 NDZ dazufügen) für 5 von 6 Sprachversionen möglich sind und nur für deutsch nicht, dann muss man wohl von einem aktiven Veto des Preistreiber-Verlages namens Schwerkraft ausgehen. Da finde ich "sabotieren" durchaus angemessen und kann nur hoffen, dass viele andere meinem Modell folgen, bei Veröffentlichungen des Schwerkraft-Verlages grundsätzlich das englischsprachige Original zu kaufen. Bietet sich ja auch hier an, um mit lokalen Gruppen gemeinsam zu bestellen.

    Leon macht keine Sammelbestellung. Lohnt sich nicht bei den Konditionen, zumal es auch nur für englischsprachige Exemplare ginge, und das war die Minderheit bei Architects. (Quelle: Kickstarter Colllective Orders Geeklist bei BGG)


    Zum Spiel: Ich werde mir das sehr kritisch ansehen. Auch Architects ist bei mir nach ~5 Spielen genau wie zuvor Raiders of the North Sea schon wieder auf dem absteigenden Ast. Ich spüre Balance-Probleme und fehlende Anpassungen bei unterschiedlichen Spielerzahlen. Bisher hat mich noch kein Spiel von Shem Philipps dauerhaft überzeugen können.