Spiel Nummer 3 ist durch.
Nachdem wir zuvor zweimal Szenario 2 - "Safe Haven" - gespielt haben, war diesmal mit "Awakening" Szenario 3 an der Reihe. Szenario 1 (Road to Ruin) ist ein Solo-Szenario - da wir zu zweit spielen, wurde es bisher immer übersprungen. Und wird es wohl auch in Zukunft.
Zwischenstand jetzt, nach drei Spielen und Diskussion mit meiner Frau im Nachgang: Ich bin, ehrlich gesagt, enttäuscht. Und ich glaube nicht daran, dass sich in den späteren Szenarien noch grossartig etwas ändert. Ich setze noch etwas Hoffnung in die Ankündigung der Entwickler, dass irgendwann noch Open-World-Szenarien folgen sollen, aber Stand jetzt bin ich enttäuscht.
Kurz und schmerzhaft: Die Idee ist cool, die Umsetzung hat imho dringenden Überarbeitungsbedarf.
In länger und detaillierter:
- Abenteuer entstehen aus Entscheidungs- und Erlebnisfreiheit. In Waste Knights rennt man ständig dem Timer hinter, um rechtzeitig die verschiedenen Orte auf dem Spielfeld besucht zu haben. Viel Erkundungsgefühl bleibt da nicht übrig, es ist eher ein Rumgehetze unter Zeitdruck
- Die Encounter, die man währenddessen erlebt, sind völlig unberechenbar. Ein paar verstrahlte Raben mit 2 Leben und wenig Bedrohungspotential, oder ein schwerer Panzer, der kaum auszuschalten ist und das Potential für einen Spieler-Instantkill mitbringt. Zwischen der Überzahl an Gegnern (gefühlt bestehen die Encounter fast nur aus Gegnern) sind dann ein paar Ereigniskarten eingestreut, die noch ein bisschen mehr in die Fresse geben und auch kein Stück planbar sind.
- Obendrauf kommen dann noch Threat-Tokens, die den Gegnern / Ereignissen nochmals zufällig gezogene Bonusfähigkeiten geben. Je weiter man sich auf dem Spielfeld bewegt hat, desto mehr Threat-Tokens bekommen die Gegner / Ereigniskarten im Schnitt. Teilweise vermeidbar, aber nicht immer, und gerade unter Zeitdruck akkumuliert es dann halt irgendwann.
- Wo wir gerade bei Kämpfen sind: Eine Runde! Wie bei Talisman hat man eine Chance, den Gegner zu besiegen, dann war's das. Anders als bei Talisman bleibt der Gegner aber nicht da, sondern ist dann weg. Und mit ihm auch die Belohnung. Zurück bleibt nur der Schaden, den man von der Begegnung genommen hat.
- Das Kampfsystem selbst ist im Übrigen auch ungefähr mit dem taktischen Anspruch von Talisman gesegnet. Nahkampf, Fernkamp - entscheid dich für eins von beiden, fertig.
- Die Entscheidungen im Abenteuerbuch sind nett geschrieben, aber man hat oft überhaupt keine Ahnung, was da kommt. Oder ob man irgendwas gebraucht hätte, weshalb man nun wieder irgendwo anders hin muss, was suchen/finden, und dann wieder zurückkommen. Das wäre ja alles halb so wild, wenn da nicht... Genau, Zeitdruck herrschen würde.
- Die Enden sind antiklimatisch. Man sitzt da und denkt sich: "Aha. Ja, und das war's jetzt? Was passiert denn jetzt noch weiter mit XY?" Klar, es gibt ein bisschen Text, aber es ist unbefriedigend.
- Die Ausrüstung, die gefunden werden kann, ist einfach nur hübsches Beiwerk. Manchmal nützlich, aber nicht spielentscheidend. Weil die verschiedenen Charaktere neben ihren Spezial-Skills auch Spezial-Ausrüstung beim Level-Up kaufen können, und die eigentlich immer besser ist als das, was man so findet. Wenn man denn nützliche Ausrüstung findet, und nicht irgendwelchen Krempel, den eh keiner braucht.
- Der Zufall ist natürlich auch bei jedweden Skill-Checks ganz gross dabei. Ganz toll bunte Custom-Würfel überall anstatt ein vernünftig modifizierbares W6/W10/W12-System. Ein bisschen Einfluss darauf hat man dann irgendwann, aber den grössten Teil des Spiels ist man dem Würfelglück ausgeliefert, ohne Einfluss und ohne Reroll. "Och, 3 Leben hat der Gegner, wunderbar, ich hab ja 4 grüne Würfel... Ja, schade, nur 2 Wunden, da lebt er wohl und ich bekomm keine Belohnung..." (Wir erinnern uns: Nur eine Kampfrunde). Oder diverse Skill-Checks, die dann ohne Reroll die Story in eine andere Richtung treiben, weil halt der "falsche" Charakter grade die Aktion macht.
- Das Spiel teilt eigentlich die ganze Zeit nur aus. Verletzungen hier, Verstrahlung da, Schaden am Fahrzeug dort... Man ist die ganze Zeit damit beschäftigt, irgendwie die ständig ankommenden negativen Effekte in Zaum zu halten und nebenbei noch die Story voranzutreiben. Positives Feedback ist was anderes.
- Obwohl man eigentlich gefühlt ständig nur in die Fresse bekommt, schafft man dann trotzdem irgendwie alles. Komisches Konzept.
Als ob das nicht schon alles schlimm genug wäre, kommt nun die Krönung des Ganzen.
Wir haben heute in unserem Spiel in jeder story-relevanten Aufgabe versagt. In jeder einzelnen. Was das war spielt keine Rolle, ich will hier auch nichts spoilern. Und trotzdem - obwohl wir 3 Stunden lang versagt haben - trotzdem haben wir am Ende "glorreich" in einem "epischen" Kampf gewonnen.
Das ist nicht episch, das ist keine Geschichte, das ist ein Armutszeugnis. Wozu sollen wir 3 Stunden lang irgendwelchen Tokens hinterrennen und irgendwelche unplanbaren Story-"Erlebnisse" abhandeln, wenn sie für den Ausgang überhaupt keine Rolle spielen und keinerlei nennenswerte Konsequenzen haben?
Das Spiel hätte uns nach einem solchen Versagen auf ganzer Linie erbarmungslos in den Boden stampfen müssen. Zur Seite fegen wie eine lästige Fliege. Aber doch nicht "The Waste Knights win the Game!"
Wie ich bereits vermutet hatte, setzt Waste Knights für den Wiederspielwert durchaus darauf, dass man die Einzel-Requirements der Szenarien beim ersten Anlauf einfach schon aufgrund von Unkenntnis nicht erfüllen kann. Ein zweites Spiel ist also nötig, diesmal in besserer Kenntnis der Voraussetzungen. Hier kommt dann auch eine gewisse Planung und Vorbereitung ins Spiel.
Allein: Wenn man selbst ohne das Erfüllen dieser Story-Requirements gewinnt, wozu dann die Mühe??? Ja, es gäbe da ja noch die Alternativen im Abenteuerbuch zu lesen, richtig. Aber 2-3 Stunden Rumgehetze und unbefriedigende Kämpfe, nur um nochmal ein paar mehr Story-Fetzen zu lesen, bei denen man sich auch nur blind für irgendwas entscheidet?
Zum Positiven:
- Das Fahrzeug-Equipment ist ein Must-Include. Sofort mit reinnehmen, nicht damit warten. Ich hatte heute einen Sand Buggy mit Abrissbirne, Zusatzpanzerung und Klingen an den Felgen.
- Das Setting ist cool
- Das Spielmaterial ist hübsch
Wir werden es sicherlich nochmal spielen und dann noch ein paar weitere der Kickstarter-Extras mit reinnehmen (Landmarks, und noch irgendwas anderes das mir grade nicht mehr einfällt). Mal schauen, ob Spiel Nummer 4 dann diesen doch nicht so positiven Eindruck bestätigt. Mein Gefühl ist eher ein "Ja", da bei Waste Knights gefühlt von Spiel zu Spiel mehr Unzulänglichkeiten hinzukommen. Aber wer weiss...
Momentanes Zwischenfazit:
Kann man mal spielen, wenn man das Setting mag. Muss man aber nicht haben. Würde ich nicht empfehlen.
Aber: Es scheint, ich bin kein narrativer Spieler. Es wäre deshalb sicherlich sinnvoll, den Eindruck eines Tainted-Grail-Fans zu Waste Knights abzuwarten. Ich für meinen Teil bin nach Waste Knights sehr froh, dass ich Tainted Grail nicht unterstützt habe.