Bei Spielen wie Azul und Splendor, setzt das Material nicht nur „den i-Punkt auf den Spielspaß“ (wie Thygra es wunderbar treffend beschreibt), sondern erhöht eben auch die Funktionalität des Materials drastisch. Dicke Chips oder Spielsteine lassen sich nun mal wesentlich besser handhaben als einfache Counter. [Bei manchen Wargames wären sie hingegen fehl am Platze, wenn > 100 Counter ihren Platz auf dem Spielbrett finden müssen …]
Trennen sollte man solche Spiele von denen, um die es MetalPirate wohl hauptsächlich ging: Den „Materialschlachten“ mit toller Graphik und „Wow-Effekt“. Da legt er den Finger schon in die richtige Wunde. Die (gefühlte) Abnahme der Relevanz oder Aussagekraft der BGG-Top100 hängt u. a. auch damit zusammen.
Allerdings sehe ich den Untergang des Abendlandes noch lange nicht am Horizont. Um die BGG-Top100 korrekt einordnen zu können, muss man eben auch wissen, dass sie immer auch die aktuelle Zeit und die aktuellen Einstellungen und Vorlieben der BGG-User widerspiegeln. Die Geschmäcker sowohl des Einzelnen als auch der großen Masse ändern sich und nur wenige Spiele können konstant über Jahre oder Jahrzehnte hinweg begeistern. Somit bleiben auch nur wenige relativ weit oben, die anderen kommen und gehen. Durch das BGG-Wertungssystem geschieht das alles auch noch mit mehr oder minder viel Verzögerung.
Sehr eindrücklich sind zu diesem Aspekt die Top50 in microbadges von Tom Verdonck (LordT), welche er in seiner monatlichen BGG Top50 Übersicht jeweils auf der letzten Seite postet (BGG Top 50 Statistics : from 01 Oct 18 to 01 Nov 18) :
(Im Original gibt’s die Titel per Mouseover. Wegen Ladezeit hier aus Screenshots zusammengefügt.)
Schaut man sich das genauer an, kann man erkennen, dass sich einige Spiele mit durchaus verbesserungswürdigem eher durchschnittlichem Material auch Jahre nach Veröffentlichung noch recht weit oben halten können (Burgen von Burgund), eher sanft fallen (Puerto Rico, Brass, El Grande, Race for the Galaxy) oder sogar bei einer (verbesserten) Neuauflage erneut steigen (Brass, Race) können. Andere hingegen erreichen die Top20 oder 30 und fallen dann binnen 12-24 Monaten aus den Top50 ganz raus.
Genau das ist meines Erachtens der Unterschied zwischen den wirklichen Ausnahmespielen und „nur“ (sehr) guten. Zu welcher Kategorie die Kickstarter-Materialschlachten gehören, wird die Zeit zeigen. Wenn sie genügend Verbreitung finden und auch in Runden gespielt werden, die weniger stark daran hängen, weil sie eben nicht teils sehr hohe Beträge investiert haben, wird sich die „Wahrheit“ wahrscheinlich früher offenbaren.
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