Beiträge von Dumon im Thema „Qualität der Demos/Erklärungen in Essen“

    Alles, was ein Verlag bezahlen muss, muss er auch wieder rein bekommen. Wenn Erkläristen bezahlt werden, dann muss das Geld irgendwo herkommen. Klar gibt es (insbesondere Klein-)Verlage, die Spiele aus Enthusiasmus auf den Markt bringen, und gar nicht am Verdienst interessiert sind, aber grundsätzlich sind Verlage daran interessiert, Gewinn zu machen. Kosten werden also aufs Produkt umgelegt. Das ist auch ein Grund, warum vieles nicht so ideal ist, wie man es sich wünschen würde:
    - keine Qualitäts-Endkontrolle bei Spieleherstellung (außer Vorab-Kontrolle einer Testausgabe)
    - keine (oder kaum welche) nach gängigem Maß bezahlten Übersetzer (ich beschwer mich hier nicht, aber was ein Übersetzer, wenn er gut ist, sonst so
    veranschlagen kann, das kann sich kein Verlag leisten
    - selten höhere Bezahlung für Supporter (oder sogar Zahlung in Spielen - oder dem Zwischending, Gegenwert im verlagseigenen Shop) - auch hier keine Kritik
    etc.
    Vielleicht würde der Eine oder die Andere gerne mehr bezahlen, um sowas zu finanzieren, aber das Gros der Kunden (insbesondere derer, die NICHT zu unserer Nische aus informierten Vielspielern gehören) würde nicht verstehen, warum ein Spiel auf einmal 80 Euro anstelle von 40 Euro kostet.

    Wenn Supporter-Kosten NUR auf Messepreise umgerechnet würden, wäre das sogar noch vergleichsweise fair, würde sich aber für Verlage auch nicht rechnen. Schon jetzt gibt es Spiele online meist günstiger als auf der Messe (ein, zwei Euronen), und davon wird reger Gebrauch gemacht. Wie viele Kunden würden sich dann auf der Messe Spiele erklären lassen, nur um sie dann online oder sonstwo günstiger zu kaufen? Dann würde der Verlag wieder auf den Kosten sitzen bleiben. Also einzig sinnvolle Reaktion wäre, auf Gesamtpreis umlegen. Mit dem o.g. Resultat.

    Vielleicht wären höhere Messepreise da die Lösung, wenn davon ein Teil quasi dafür genutzt würde, um damit Erklärer zu finanzieren. Dann kostet die Messe eben 50 Euro pro Tag an Eintritt. Aber auch die Messe Essen ist ein Wirtschaftsunternehmen, und mehr Beschäftigte (Erklärer) bedeutet mehr Aufwand, mehr Koordination etc.

    Man kann sich viel wünschen, aber die Realität ist halt leider nicht immer so rosa.
    Das gilt auch für die Qualität am Stand. Wenn ich da oben lese, dass ein Erklärist zugibt, das Spiel gerade erst gelernt zu haben und noch nicht in die Anleitung geguckt hat. DAS ist ganz nomal, denn gerade auf Ständen mit vielen Erkläristen muss auch mal für jemanden bei einem Spiel eingesprungen werden, das man noch nicht kennt. Daher ist es nicht unüblich, dass man freie Minuten dazu nutzt, noch weitere Spiele zu lernen. Ungeschickt war vom Erklärer, dass er das so gesagt hat, wie er es tat. Das geht den Kunden eigentlich nix an, denn es erschüttert das Vertrauen in den Erklärer, und fällt ggf. auf den Verlag zurück (oder kostet Einnahmen, wenn Kunden dann nicht kaufen). Ich gebe aber zum Beispiel auch zu, wenn irgendwas meine erste Erklärung ist, und bitte um Nachsicht, wenn ich nochmal währenddessen in die Regel schauen muss. Anders geht es einfach nicht. Wer kontinuierlich mehr verlangt, lebt an der Realität und dem Menschenmöglichen einfach vorbei.
    Dasselbe gilt auch für einen zeitweise unterbesetzten Stand. Das kann aus verschiedenen Gründen vorkommen. Eine Meute an Erkläristen an zig Dutzend Tischen aber ist nur schwer 100%ig zu koordinieren, da Kunden nicht in geordneten Schlangen, und in vernünftigen Zeitslots vorbeikommen. Da muss flexibel auf Situationen eingegangen werden, und flexibel heißt eben auch, dass es zu Engpässen kommen kann. Auch kann es vorkommen, dass ein Verlag nicht genug Erkläristen bekommen hat, oder welche kurzzeitig ausfallen, oder mal zufällig (leider) grade zu viele in der Pause sind. Messearbeit ist sauanstrengend, insbesondere in Essen, wo der Geräuschpegel so hoch ist. Da braucht man auch mal Pausen zwischendrin. Aber der Kunde sieht natürlich nicht den ganzen Tag, sondern nur die Situation, wenn er ankommt.
    Mit dem Spieleabend ist das vielleicht nicht die beste Organisation gewesen bei Pegasus (keine Ahnung, war nicht da, war nicht an der Organisation beteiligt, kann also nichts dazu sagen und spekuliere hier nur haltlos), aber auch da braucht es Erklärer. Aber dass man an zwei Tischen gleichzeitig erklärt, ist völlig normal in Essen. Wer Exklusiv-Behandlung erwartet, gerade an großen Ständen mit vielen Tischen, muss sich ggf. einem Reality-Check unterziehen. Supporter machen schon, was sie können. Natürlich gibt es Gegenbeispiele (leider), aber das ist in der Regel die Minderheit.

    Was Sprachbarrieren angeht - natürlich ist das manchmal anstrengend (oh, was hatte ich ganz am Anfang Probleme mit Chvata's Erklärungen, das ging gar nicht), aber auch da tun die Leute, was sie können. Nicht jeder Verlag hat das Budget, oder die Möglichkeit, sich um Leute zu kümmern, die Deutsch oder Englisch studiert haben. Das mag zu frustrierenden Ergebnissen führen, aber auch da vielleicht mal in die andere Situation hinein versetzen, als das nur aus Sicht des konsumierenden Kunden zu sehen. Immerhin zahlen wir nicht für die Erklärer am Stand (nein, der Messe-Eintrittspreis ist NICHT dafür, sondern dafür, dass die Messe in der Größenordnung überhaupt stattfindet) - außer, wir kaufen die Produkte des Verlages (idealiter AN DEREN Stand)...

    Unverzeihlich sind lustlose, abwesende oder unverschämte Erklärer. Überforderte, mit Sprachbarriere kämpfende, gestresste, mit dem Produkt noch unerfahrene Erklärer sollten (außer in ganz wenigen Ausnahmefällen) IMMER verzeihlich sein. Und dass es Erklärer gibt, die nicht oder nicht gut erklären können, ist zwar schade (und doof), liegt aber gerade deshalb irgendwo dazwischen...

    Als erfahrener Erklärist kann ich sagen, dass das Erlernen von Spielen fast immer kurz vor der Messe geschieht. Zwar bekommt man die Regeln schon vorher zugänglich gemacht, aber Regellektüre verhilft noch nicht zu guter Erklärung. Noch problematischer - wenn man bei einem größeren Verlagsangebot dann gleich 20-30 Spiele neu lernen muss, bleibt bei Regellektüre nicht alles hängen, manches vergisst man gar ganz. Das kommt erst wieder, wenn man es dann tatsächlich das erste oder zweite Mal (noch mit der Hand an der und dem linke Auge in der Regel) erklärt bzw. erklärt hat.
    Helfen würde hier natürlich das Lernen am Spiel. Oder das Lernen von nur ein oder zwei Spielen. Ersteres ist einfach oft nicht möglich, denn wie sollte man an sowas vor der Messe schon rankommen? Insbesondere, wenn es sich vielleicht gar um Spiele handelt, die einen selbst nicht so stark interessieren, um sie zu kaufen (sollten sie schon vorher erstehbar sein). Pegasus, wie wahrscheinlich auch ein paar andere Verlage, macht dafür einen Supportertag, an dem man zumindest einige (nie alle!!!) der Neuheiten schon kennen lernen und spielen kann, was die Erklärtätigkeit erheblich erleichtert. Aber selbst dabei kommt man selten dazu, auch nur alles zu spielen/lernen, was dort angeboten wird. Und nicht jeder hat an solchem Termin Zeit oder kann die Entfernung mal eben überbrücken. Und auch das Fokussieren auf nur ein oder zwei Spiele ist aufgrund des Stresses auf der Messe und des Hand-in-Hand-Arbeiten-Müssens der Teams an den Ständen (wenn es gut läuft, was es zumindest meiner Erfahrung nach an dem einen oder anderen Stand tatsächlich tut) bei großem Angebot schlichtweg unmöglich. Man muss mehrere Spiele können, einspringen können, etc. Sonst kommt es zu Situationen, in denen eine Gruppe Interessenten ein Spiel erklärt bekommen möchte, der eine Erklärer, der das kann, aber erst noch woanders beschäftigt ist, und dann echt mal in die Pause müsste...

    Ich traue mir mittlerweile zu, ein Spiel auch beim ersten Mal recht vernünftig zu erklären (eben mit der Regel in der Hand). Erklärungen werden aber erst mit Erfahrung rund, und so kann ich ein Spiel, was ich dreimal erklärt habe, beim vierten Mal wesentlich fokussierter und schneller den Interessenten näherbringen. Das geht wohl jedem Erkläristen so.

    Leute, die keine Lust zum Erklären haben, keinen Zugang zu Spielen finden (weil sie das nur wenig interessiert), sind natürlich als Erkläristen die falschen. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass sich Studenten, die gar keinen Bock haben, dafür melden würden. So gut ist die Bezahlung eigentlich nie, dass sich das dann lohnen würde. Wer nicht Spaß dran hat, macht das eigentlich nicht. Es gibt aber natürlich auch den einen oder anderen Mitarbeiter an einem Stand, der vielleicht nicht gerne erklärt, jetzt aber leider doch ran muss...

    Leider ist es unglaubliche Glückssache, ob der Erklärer, den man da am Tisch hat, auch wirklich erklären kann. Das hängt dann oft aber nicht einmal mit der Erfahrung mit dem erklärten Spiel zusammen. Ich habe schon sehr erfahrene Erklärer erlebt, die einfach nicht erklären können. Dann wurde mir schon auf der Messe ein Spiel so "kaputterklärt", dass ich danach keinen Bock mehr hatte, es auch nur anzuspielen - geschweige denn zu erstehen. Leider gibt es auch eine ganze Menge Autoren, und auch Redakteure oder andere namhafte Personen, die absolut nicht erklären können und bei denen man entweder einfach abschaltet oder das Spiel komplett verleidet bekommt.
    Das hängt wohl auch von der Leidensfähigkeit des Einzelnen ab. Ich zum Beispiel kann Uwe Rosenbergs Erklärungen einfach nie folgen - seine Strategie im Erklären von Spielen geht überhaupt nicht in meinen Kopf. Endergebnis ist dann meist ein halbgares Spielgerüst gewesen, an dem ich mich irgendwie entlang hangeln kann/muss. Andere haben das Problem bei ihm nicht...

    In einer idealen Welt hätte man für jedes Spiel den einen enthusiastischen Erklärbär, der das Spiel liebt, es in- und auswendig kennt, das Material schon vorher vom Verlag zugeschickt bekam, und der dem Interessenten mit leuchtenden Augen kompetent das Spiel erklärt.
    In einer realen Welt ist das leider nicht möglich.