Beiträge von Ernst Juergen Ridder im Thema „17.09.-23.09.2018“

    Gespielt wurden die Russen gegen die Krim.

    Diese Info ist bei Scythe ohne die Annotierung, welche Fraktionsboards benutzt wurden, leider nicht viel wert. :)


    Achso, ja. Ähhhhm...


    Krim + Patriotisch für sie, Russen + Industriell für mich.

    Sehe ich darin den Ansatz der Strategen, die gerne ausloten, wie welche Fraktion mit welchem Spielerplan gegen welche Fraktionen mit welchen Spielerplänen optimal zu spielen wäre? Zweifellos ein guter Ansatz, aber nicht meiner.


    Ich bin am liebsten Bauchspieler, kann auch "strategisch", wenn es denn sein muss. In M:ASoC muss es sein, weil man das nicht wirklich erfolgreich aus dem Bauch kooperativ spielen kann.

    Bei Scythe sehe ich das nur "halb"strategisch. Ich spiele das Spiel, um zu erleben, was sich da alles so tut. So suche ich etwa Begegnungen, auch wenn ich das gar nicht brauche, weil ich einfach interessant finde zu erfahren, was dabei so geschehen kann. Ich kämpfe möglichst nicht, außer für Sterne, wenn ich die so einfacher bekommen kann. Ich bin zielorientiert, versuche also durchaus, das Spielziel zuerst zu erreichen. Natürlich sehe ich die Sonderfähigkeit der Fraktion und ihre Möglichkeiten in Kombination mit dem Spielerplan; das setze ich ein, wenn es mir im Rahmen der Erlebnissuche sinnvoll erscheint. Niemals aber versuche ich herauszufinden, wie ich meine aktuelle Kombi bestmöglich gegen die Kombis der anderen Spieler positioniere. Das letzte Ausloten der strategischen Möglichkeiten eines Spieles hat mich noch nie angesprochen. Fraktion und Spielerplan werden zugelost und dann schaue ich mal, was sich daraus machen lässt. Gegen meine üblichen Mitspieler gewinne ich so trotzdem meistens, gegen meine Frau meistens nicht.

    Letzteres zeigt mir, dass Scythe ein Spiel ist, das ich auch als Bauchspieler mit strategischen Fähigkeiten gewinnen kann, es sei denn, ich spiele gegen meine Optimierfreakin.

    Diese Woche fand unsere alljährliche "Wanderwoche" statt, in der ich mit meiner Spielegruppe unterwegs bin und im Idealfall wandere und spiele.


    Man merkt, dass wir nicht mehr die Jüngsten sind (alle 70+). Da sind 600 Höhenmeter am Stück abwärts von der Bergstation der Pfänderbahn bis zur Talstation auf recht schwierigen Wegen schon eine Hausnummer. Ich bin da schon mal als junger Mann gegangen, etwa mit 25, und hatte das als leichte, lockere Aufgabe in Erinnerung. Wie man sich täuschen kann. Was mit 25 leicht und locker war, ist mit 71 eine harte Nuss.


    Entsprechend waren wir dann müde bis erschöpft, wenn wir abends wieder im Hotel waren, so dass dann doch weniger gespielt wurde als in früheren Jahren.


    Angefangen haben wir mit Ganz schön clever zu dritt. Ein nettes, nicht unkluges, aber doch einfaches Würfelspiel. Einfach? Für einen von uns weniger; ich habe ihm dann wohl zu viel geholfen, denn er wurde dann doch sehr überraschend noch zweiter.


    Dann gab es Gold West zu dritt. Das Endergebnis 86:82:81 täuscht. Einer meiner Mitspieler wäre weit abgeschlagen -nicht mit immerhin auch 81 Punkten- letzter geworden, wenn man ihn nicht zum Jagen getragen hätte. Das System, wie die Vorratsleiste funktioniert, hat er letztendlich doch verstanden; ihm ging aber jegliche Vorstellungskraft ab, wenn es darum ging, wie die Vorratsleiste aussieht, wenn man die Materialien eines "Faches" nach oben schiebt und was dann oben rauskommt, also verfügbar ist. Ohne das Verständnis dafür ist das Spiel aber praktisch nicht spielbar. Ich bin manchmal schon überrascht, wenn ich erlebe, dass einem Menschen, den ich schon Jahrzehnte kenne, bestimmte Denkweisen fremd sind. Hätte ich das vorausgeahnt, hätte ich das Spiel doch gar nicht erst mitgenommen; Spielen soll schließlich Spaß machen.


    Schließlich mein persönliches Highlight der Woche: Martians: A Story of Civilization.

    Wir haben zweimal zu dritt gespielt. Man kann bekanntlich solo, kompetitiv, semi-kooperativ oder kooperativ spielen. Eines unserer beiden Spiele war kompetitiv, das andere kooperativ.


    Im kompetitiven Spiel (gespielt ohne geheime Zielkarten) geht es schlicht um Punkte. Wenn man weiß, dass der Spieler mit den meisten Punkten gewinnt, liegt es nahe, auf schnelle und vlele Punkte zu gehen. Ich habe mich dabei zurückgehalten, also nicht durch meine Spielweise gezeigt, wie man spielen könnte. So wurde das einfach ein Wettrennen um viele Punkte. Obwohl M:ASoC eines meiner Lieblingsspiele ist (aktuell HOT TOP1), mag ich es kompetitiv nicht, weil man es dann so grauslich "flach" straightforward auf Punkte spielen kann. Da wurden Ausbildungseinrichtung und Labor, beides Gebäude, die dem Spiel Tiefe geben, erst ganz zum Schluss und nur wegen der Punkte, die es fürs Bauen gibt, gebaut, genutzt wurden sie nicht.

    Ich kann nur dringend empfehlen, wenn man die KS-Ausgabe hat, dieses Spiel kompetitiv nur mit den geheimen Zielkarten zu spielen. Da man davon 2 hat und damit jeweils 3 oder 4 Punkte machen kann, ist für die Mitspieler nicht zu erkennen, ob man 3-8 Punkte mehr hat, als offen zu sehen sind. Diese geheimen Zielkarten zu erfüllen, ist nicht Pflicht. Da sie dem Spiel aber mehr Tiefe geben, weil ihre Erfüllung die Nutzung von Ausbildungseinrichtung und/oder Labor erfordert, empfehle ich dringend, mit der Hausregel zu spielen, dass nur gewinnen kann, wer seine beiden geheimen Zielkarten erfüllen kann. Das jedenfalls dann, wenn man mehr Spieltiefe wünscht und weiß, dass alle Mitspieler diese Zielkarten verstehen.


    Das kooperative Spiel dagegen war (fast) ein Genuss. Man spielt nicht, wie im kompetitiven Spiel, auf Punkte, sondern es gilt, eine Mission zu erfüllen. Es gibt unterschiedlich viele verschiedene Missionen, je nachdem, ob man die Retail- oder die KS-Ausgabe hat. Wie bei allen Spielmodi geht es auch hier darum, die Grundleistungen zu erbringen, also für Energieproduktion, Sauerstoff, Medikamente und Nahrung zu sorgen. Ist das schon nicht so einfach, wenn man es nicht kann, muss auch noch die Mission mit ihren Haupt- und Nebenzielen erfüllt werden. Hier heißt es, von Anfang an sorgfältig zu planen, was zu welchem Zeitpunkt im Spiel erreicht sein sollte. Im Idealfall sollten alle ihre Gedanken dazu beitragen und dann gemeinsam beschließen, wie die Aufgaben zu verteilen sind. Wer eine Aufgabe übernommen hat, sollte dann in der Lage sein, diese selbständig auszuführen; es macht nicht so richtig Spaß, wenn man jedem jeweils im Einzelnen sagen muss, was er jetzt konkret tun soll. Wenn, wie in unserem Fall, einer das Spiel gut kennt, die anderen aber nicht, lässt es sich allerdings nicht vermeiden, dass man eine Art Leader-Funktion ausübt, wenn die Gruppe eine Chance haben soll; schließlich hatte ich ja schon im kompetitiven Spiel gesehen, dass trotz Regelerklärung keine Vorstellung davon vorhanden war, wozu man Ausbildungseinrichtung und Labor sinnvoll und zielgerichtet nutzen kann. Bei aller Planung sollte auch nicht übersehen werden, dass in regelmäßigen Abständen Ereignisse eintreten und das Wetter sich ändern kann. Ereignisse sind immer schlecht; selbst wenn man alle Karten kennt, weiß man nicht, welche im Spiel sind und wann sie kommen. Auch das Wetter kann einem übel mitspielen. Hat man das begriffen und in seine Planung einbezogen, sollte man auch den Verlust des "kaufbaren" Energievorrates und drei Sandstürme in Folge überstehen können.


    Bei M:ASoC gerate ich leicht ins Schwärmen. Die "Schönheit" der inneren Logik dieses Spiels hat etwas Faszinierendes.