Beiträge von Capote im Thema „20.08.-26.08.2018“

    Lignum


    Fazit: Mir hat das Spiel zu viert deutlich besser gefallen als zu zweit. Top!

    Bei uns hat Lignum leider gar nicht "gezündet". Thematisch dichtes Spiel, keine Frage, aber letztlich eine grausig trockene Optimierorgie. Meine Frau als Optimierfreak konnte dem ja noch etwas abgewinnen, dafür ich als

    (am liebsten) Bauchspieler um so weniger.

    Bei diesem Spiel geht es weniger um optimieren (natürlich auch), sondern um vorausplanen. Man muss einen guten Überblick über die aktuellen Möglichkeiten haben. Kann ich es mir zum Beispiel erlauben, das Feld der Transportarbeiter zu überspringen, um mir eine bestimmte Aktion zu sichern. Denn dadurch kann ich weniger Holzstämme transportieren und habe dann weniger Einnahmen. Reicht mir dann das Geld für die kommende Runde?

    Oder: Trödle ich absichtlich herum, um als Letzter auf der Strecke anzukommen, um mir dadurch in der darauf folgenden Runde die Startposition zu sichern, um dann als Erster auf das Feld der Transportarbeiter zu ziehen, und mir viele Arbeiter zu sichern, bevor sie alle sind?

    Ziemlich anspruchsvolle Überlegungen also. Sowas mag natürlich nicht jeder. Aber hey, das Dasein als Holzarbeiter ist kein Ponyhof, sondern harte Arbeit!


    Aber klar, jeder Spieler hat einen anderen Geschmack. Und das ist gut so. :)

    Lignum


    Gestern abend im Spieletreff kam Lignum auf den Tisch. Das Spiel hat bei uns eine längere Story hinter sich. Es erschien vor drei Jahren. Meine Lebensgefährtin hat es in Essen entdeckt, sich dort am Stand erklären lassen, eine Proberunde mitgespielt und entschieden, das Spiel in ihre Merkliste aufzunehmen. Gekauft hatte sie es zunächst nicht. Es waren noch genügend Exemplare (mehrere große Stapel) vorhanden. Die Stapel gingen aber recht schnell zur Neige, sie wurde immer nervöser, und am Samstag hat sie in einer Art von Torschlusspanik zugeschlagen und das Spiel eingesackt.


    Zu Hause landete es recht schnell auf den heimischen Spieltisch. Zu zweit hatten wir es dann in Angriff genommen. Das Spiel hat eine sehr interessante Thematik: es handelt von der Holzwirtschaft im 19. Jahrhundert. Der Spieleautor muss sich intensiv mit diesem Thema beschäftigt haben. Das merkt man deutlich an. Es handelt um ein Waldareal, um Holzfäller die Bäume fällen, um mehrere Transportarten der gefällten Baumstämme (Ochsenkarren, Flöße, oder schlicht tragen), um Sägewerke die die Baumstämme in Bretter zersägen, um Trocknen des Holzes (sowohl der unzersägten Baumstämme als auch der Bretter), das Tocknen macht das Holz wertvoller, und schließlich natürlich um den Verkauf des Holzes (Baumstämme und Bretter, getrocknet und ungetrocknet). Sehr, sehr schön umgesetzt. Es gibt zum Beispiel den "Hiebsort", ein altertümlicher Begiff aus der damaligen Holzwirtschaft, also der Ort an dem die Bäume gefällt werden. Sehr thematisch.


    Die Thematik wurde auch recht gut in den Spielmechanismen umgesetzt. Man spielt zwei Jahre: jeweils Frühling, Sommer, Herbst und Winter. Also insgesamt acht Runden. Wer am Spielende das meiste Geld erwirtschaftet hat, gewinnt. Frühjahr, Sommer, Herbst spielen sich jeweils identisch, der Winter hat eigene Regeln. Am Ende des Winters muss man eine gewisse Menge an Nahrung abgeben und eine gewisse Menge an Brennholz. Wenn man dies nicht hat, wird man ordentlich bestraft.

    Eine Jahreszeit gliedert sich im wesentlichen in zwei Teile. Im ersten Teil läuft man mit einer Aktionsfigur eine Strecke ab. Dabei darf man Egizia-mäßig selbst entscheiden, wie weit man vorrückt. Man könnte also auch direkt in einem Schritt zum Ende der Strecke laufen. Was natürlich wenig Sinn macht. Auf der Laufstrecke gibt es drei zentrale Felder, die jeder Spieler nutzen kann: Transportarbeiter engagieren, Holzfäller engagieren, Sägearbeiter engagieren. Diese Arbeiter kosten Geld und werden jeweils für genau eine Jahreszeit eingestellt. Neben diesen drei zentralen Felder gibt es viele Felder, die jeweils nur von einem einzigen Spieler genutzt werden können (Nahrung einsammeln, Karren nehmen, Heu für die Ochsen, Flöße, Sägen, Geld, Hütten-Bauteile, usw...). Im Winter fällt dieser erste Teil aus.

    Im zweiten Teile einer Jahreszeit führt man die eigentlichen Aktionen aus: Holz fällen (jeder Arbeiter fällt einen Baum), Transport der Baumstämme (dafür benötigt man Transportarbeiter, bei Nutzung von Ochsenkarren und Flößen spart man sich Arbeiter), Baumstämme zersägen (dafür benötigt man Sägen und Sägearbeiter), Holz verkaufen, Holz trocknen (getrocknetes Holz bringt mehr Geld, kostet aber Zeit in der man keine Einnahmen hat).

    Das sind die wesentlichen Regelelemente. Daneben gibt es viele Detailregeln, auf ich hier nicht eingehe (Hüttenbau, Auswahl der Wald-Areale zum Fällen, Nutzung von Ochsenkarren und Flößen, mehrere Holzarten, spezielle Winter-Regeln,...).


    Wie spielt sich das Spiel?


    Das Spiel ist vom Ablauf sehr fordernd. Man muss die einzelnen Schritte exakt planen. Das Geld ist am Anfang extrem knapp. Intuitiv aus dem Bauch spielen geht gar nicht. Das erste Spiel haben wir damals allerdings zu zweit gespielt. Zu zweit spielt man eigentlich ziemlich konkurrenzlos. Man hat genügend Aktionsmöglichkeiten, man kommt sich kaum in die Quere. Man kann in aller Ruhe seine Planungen angehen. Mein damaliger Eindruck: Ganz nett, schöne Thematik, könnte man irgendwann nochmal spielen. Das "irgendwann" fand aber zunächst nicht mehr statt... .


    Die letzten Jahre stichelte ein einzelner Spieler aus dem Spieletreff (--> Braz ) immer wieder, er möchte das Spiel spielen. Er hat das Spiel zwar, möchte sich das Erarbeiten der Regeln aber ersparen. Steter Tropfen höhlt den Stein. Kaum waren drei Jahre rum, war es gestern dann soweit. Meine Lebensgefährtin hat sich breitschlagen lassen, nochmals die Regeln aufzufrischen und das Spiel zum Treff mitzubringen.


    Wir haben das Spiel zu viert gespielt. Was soll ich sagen: das Spiel spielte sich völlig anders als zu zweit und legte vom Anspruch nochmal eine ordentliche Schipppe drauf. Man stritt sich um die wenigen Aktionen. Man muss daher viel besser planen, die wenigen Ressourcen einzusetzen. Auf dem Wald-Areal war deutlich mehr Betrieb (vor allem regeltechnisch bedingt). Bei Auswahl deselben Areal-Felds wie ein Mitspieler stand man zusätzlich vor dem Dilemma, die wenigen Aktionen auszulassen, und schnell durch die Laufstrecke zu gehen um sich als erster die vorhanden Baumstämme zu sichern. Irgendwas ging immer schief. Mal hat zu viele Arbeiter eingestellt. Mal zu wenig. Mal fehlten die Sägen. Mal hatte man im Winter nicht aufgepasst und zu wenige Bretter zum Heizen produziert. Und und und... . Ein Mitspieler erlebte im Herbst des zweiten Jahres eine böse Überraschung, als die Transportarbeiter ausverkauft waren! Er musste komplett umplanen, und für den Wintertransport deutlich mehr Nahrung zu kaufen um die Leistungsfähigkeit seines Schlitten-Arbeiters zu erhöhen. Dadurch konnte er aber nicht mehr sägen, um genügend Brennholz für den Winter zu produzieren, was ihn ordentlich Geld gekostet hat!


    Fazit: Mir hat das Spiel zu viert deutlich besser gefallen als zu zweit. Top!