Gestern kam es also zur Hyperspace-TTS-Session mit JanW , fjaellraeven und mir. ( Sternenfahrer war leider verhindert.)
Machen wir's kurz: War ganz nett, aber nicht $100-gut und schon gar nicht $380-fantastisch. Bei dem einen versenkten Dollar bleibt es für mich.
Okay, ihr wollt mehr wissen? Na gut. Dann erstmal vorweg: Eine VR-Umgebung wie TTS halte ich für Hyperspace für denkbar ungeeignet. Es beraubt das Spiel seiner größten Stärke. Hyperspace lebt (vermutlich) davon, dass alles schnell geht. Zwei Tokens in den Vorrat zahlen, eine Gruppe von Raumschiffen in ein benachbartes unentdecktes System schieben, das entprechende Plättchen aufdecken und mit Tokens aus dem Vorrat bestücken. Im realen Brettspiel wohl in zehn Sekunden zu erledigen. Bei TTS fummelt man sich da eine Minute und länger etwas zurecht bei dem Versuch, alles pixelgenau anzupacken und so abzustellen, dass nichts wichtiges verdeckt ist.
Wir haben gestern das Spiel weit vor Erreichen der 15-Siegpunkte-Marke abgebrochen. Aber das will ich dem Spiel nicht zum Vorwurf machen. Ich hatte gesehen, was ich wollte. Was funktioniert und was vielleicht nicht ganz so funktioniert. Hyperspace ist ein Spiel mit viel Streamlining (jedoch leider nicht durchgängig) und recht viel Interaktion. Unter Interaktion sollte man dabei nicht wie üblich im 4X-Genre primär Angriffe oder sonstige direkte, negative Interaktion verstehen, nein, Hyperspace bietet auch enorm viel Interaktion der Sorte "gib eine Ressource X einem Mitspieler deiner Wahl".
Darüber funktioniert leider auch sehr deutlich das Balancing. Denn die Zufallseffekte sind schon enorm. Das fängt mit der Güte der common techs an, geht über wilde Sondereffekte der special cards und endet noch nicht bei der allgegenwärtigen Würfelei. Die Karten sind wild wie Ereigniskarten beim Monopoly. Von "mach irgendeinen Planeten deiner Wahl für alle besser" bis zu "entferne eine Raumstation eines Gegners und ersetze sie durch eine eigene".
Das Spiel ist so designt, dass der Verlust von Einheiten keinem wirklich weh tut. Die Flotten sterben wie die Fliegen und kommen genauso schnell wieder zurück. Der Hauptunterschied ist, wieviele Siegpunkte die einzelnen Spieler dabei machen. Trotzdem setzt das Balancing überdeutlich darauf, dass die Spieler den Führenden bremsen und dem Hintenliegenden helfen müssen. (In diesem Zusammenhang finde ich übrigens die Wahl der Venge als Grundspielrasse äußert merkwürdig, denn deren Sonderfähigkeit stört genau diese empfindliche Balance.)
Tatsache ist, dass das Spiel wilder hin und herschwankt als mir das Recht ist. Man hat nur bedingt Einfluss auf das, was passiert. Aber dabei sollte der Leser natürlich berücksichtigen, dass ich eher aus der Euro-Ecke komme; für AT'ler mag genau das Gleiche sich "episch" und toll anfühlen.
Das zweite größere Problem, was ich mit dem Spiel habe, ist die geradezu enorme Textlastigkeit. So einfach wie die Grundregeln sind, so komplex wird das Spiel in der Gesamtheit. Zu jedem Spieler bzw. jeder Rasse gibt es: 3 längere Texte auf dem Tableau (Stärke, Schwäche, Spezialfähigkeit), dazu eine Super Unit mit Sonderfähigkeit und zwei spezielle Super Techs. All das sind so durchschnittlich jeweils 3-5 Sätze Text, teils noch deutlich mehr.
Außerdem hat jeder Spieler offen in seiner Auslage noch konstant vier common techs liegen, die er erforschen kann. Auch da sollte man unter guten Spielern durchaus mal einen Blick darauf werfen, was die lieben Mitspieler so machen könnten. Bei drei Gegnern nochmal zwölf Textwüsten, ggf. auf der gegenüberliegenden Seite des Tisches, ohne jede Grafik zur leichteren Wiedererkennung.
Diese Texte machen es einem auch nicht immer einfach. Beispielsweise steht bei jeder der vier Grundspielrassen bei der Super Unit der Text, dass bei ihrer Zerstörung im Kampf der Besitzer ein Hyper Token erhält. Keine Ahnung, ob das bei einer der Erweiterungsrassen anders ist, aber das wäre für mich in meiner Euro-Denkweise ein Fall, wo man mit Symbolen arbeiten müsste, um die Textmenge auf das Wesentliche klein zu kriegen. An anderen Stellen gilt genau das Gleiche, z.B. für die immer wieder gleichlautenden Sätze bei den one time use techs, die nach Benutzung herumzudrehen sind.
Wer das Spiel nicht wirklich sehr oft spielt, wird nur ein unbalanciertes Spiel erleben, bei dem er an der Oberfläche kratzt. Wirklich Spaß macht das Spiel, wenn überhaupt, vermutlich erst dann, wenn jeder Spieler am Tisch alle mitspielenden Rassen genauso gut kennt wie alle Karten- und Plättchen-Effekte, die im Spiel vorkommen können, und alles in allem reden wir dann von an die 100, teils länglichen, Beschreibungen.
Insgesamt ist das Spiel für mich leider nicht so wirklich rund. Ich habe viel Zeit reingesteckt, um mir die ganzen Regeln und Sonderfälle draufzuschaffen. Auch die ganzen Techs und Specials habe ich alle mal angeschaut; da wird es dann nämlich wirklich erst komplex, etwa mit Wechselwirkungen. Ich wollte das Spiel mögen. Aber es geht nicht. Hyperspace ist nichts, was ich haben müsste. Der Kern ist schön, aber an manchen Stellen ist das Design für meinen persönlichen Geschmack leider in die falsche Richtung abgebogen. Das fängt mit der geradezu irrwitzigen Größe des All-In-Pakets an und zieht sich nahtlos ins Spiel rein.
Mag sein, dass Hyperspace nach dem Überspringen hoher Einstiegshürden toll ist. Von daher würden mich als begeistere Spielberichte nach Auslieferung alles andere als überraschen. Ich glaube aber nicht, dass ich mit den mir zur Verfügung stehenden Mitspielern jemals diesen Punkt erreichen würde.
Von daher bleibt's dabei: $1 ist für den Pledge Manager Zugang versenkt, aber mehr kommt nicht dazu.