Beiträge von MetalPirate im Thema „ Hunter & Cron Brettspiel-Club“

    Auf Seiten der Youtube-Zuschauer gibt es, glaube ich, zwei mögliche Arten von Kunden, die einem so einen Kanal (teil)finanzieren könnten. Da gibt's diejenigen, die in erster Linie unterhalten werden wollen. Und dann gibt's diejenigen, die Informationen wollen, z.B. im Falle eines Brettspielkanals unabhängige kritische Reviews mit Tips und genauso auch mit Warnungen vor Hypes und Flops. Bei letzterem wird eine konkrete Gegenleistung erwartet. Das entspricht dem Handwerker, den ich bezahle zur Kloreparatur und dann will ich auch genau das haben und kein verschönertes Waschbecken. Da passt das Bild des Handwerkers. Das erste, das Unterhaltungs-Business, ist dagegen mindestens genauso sehr eine künstlerische wie eine handwerkliche Tätigkeit.


    Beides sind mögliche Formate für einen Anbieter wie H&C. Die erste Zielgruppe, die der Unterhaltungswilligen, ist größer, zahlt aber tendenziell weniger. Unterhaltung gibt's schließlich wie Sand am Meer; da ist wenig Exklusives dabei und die Konkurrenz ist groß. Die zweite Gruppe möglicher Zahler ist dagegen deutlich kleiner, enthält aber dafür Leute, die tendenziell mehr Geld als Zeit haben, und deshalb hochwertige Information wertschätzen und für gute Information auch bereit sind, mehr zu zahlen. Diese Gruppe will z.B. gar nicht selbst Massen von Kickstarter-Kampagnen anschauen, sondern darauf vertrauen können, dass die von Person X ausgewählten und empfohlenen Sachen etwas taugen. Spezialisierte, hochwertige Information statt unterhaltungsorientierter Massenmarkt -- in englischsprachigen Brettspielbereich geht das andere "HC", nämlich Heavy Cardboard, ein bisschen in diese Richtung. Mit der informationsorientierten Gruppe kann man auch Geld verdienen. Nur: diese Gruppe reagiert schnell allergisch, wenn der entsprechende Youtube-Kanal zum Lari-Fari-Werbesender mit massenkompatibler Unterhaltung auf niedrigem Niveau mutiert.


    Das Problem von H&C ist, dass die anscheinend kein richtiges Konzept haben, wer ihnen ihren Kanal dauerhaft finanzieren soll. Sie denken wohl, dass es mit "jeder ein bisschen" klappt. Industrie mit Product Placement, Fans von Unterhaltungssendungen, Fans der Reviews, jeder ein bisschen. Ich habe Zweifel, ob das klappt.

    Ich weiß nicht, ob ich die Begründung direkt "dreist" nennen würde. Wohl eher nicht; es ist ja nicht verboten, sich sein Hobby von anderen finanzieren lassen zu wollen. Insofern sollen sie's ruhig versuchen. Einen gewissen unternehmerischen Mut muss man da absolut anerkennen; die beiden haben ja auch schon ein bisschen was auf die Beine gestellt.


    Aber es sorgt bei mir zumindest für eine hochgezogene Augenbraue mit einem "aaa-ha...", wenn ich sehe, dass die Zuschauer hier etwas finanzieren sollen, bei dem zu 80% die Brettspielindustrie als Hauptprofiteur bestimmt, was gesendet wird (und erst bei sehr viel höheren -- soll ich sagen unerreichbaren? -- Summen dann eine oder zwei weitere "Community-Folgen" dazu kommen). Das passt für mich nicht ganz zusammen. Schon doppelt nicht, wenn in vergangenen Finanzierungskampagnen Versprechungen gegenüber den Unterstützern aus dem Fan-Lager nicht eingehalten wurden.



    Dass man für 250 Euro die Möglichzeit zum exklusiven Feedback-Geben kaufen kann, sorgt bei mir ebenso für starkes Stirnrunzeln. Wenn ich etwas gut machen will, dann muss ich doch per se erstmal an jedem Feedback interessiert sein. Wohlgemerkt: "interessiert sein" heißt nicht automatisch auch "alles umsetzen". Man kann auch gute Gründe haben, etwas zu ignorieren, weil Kritiker oft nicht den vollen Einblick haben, warum man etwas so gemacht hat, wie man es gemacht hat. Aber "Feedbackmöglichkeit gegen Geld" ist ... komisch.


    Das lässt eigentlich nur zwei Interpretationen zu. Möglichkeit A: ich bin ein windiger Typ, der jemand 250 Euros abknöpft ohne entsprechende Gegenleistung, weil er sein Feeback genauso gut auch ohne zusätzliche Bezahlung geben könnte. Oder Möglichkeit B: mich interessiert Feedback eigentlich kein Stückchen und nur wenn mich jemand dafür bezahlt, tue ich so, als würde es mich interessieren. Beides spricht nicht für die Macher. Wenn man Bauchpinselei verkaufen will, kann man auch toll klingende, aber letztendlich wertlose Sachen verkaufen. "Nennung als Producer" oder sowas. Aber "exklusives Feedback kaufen"? Häh?! Was ist denn das für eine Einstellung?

    Das Zitat in Beitrag #78 treibt es dabei leider nochmal auf die Spitze: "Wenn Hochglanz nur unter Aufgabe jeglicher kritischer Meinung zu haben ist". Das ist nicht nur falsch, das ist negative Polemik, tut mir wirklich Leid

    Du bist echt gut darin, Zitate aus dem Zusammenhang zu reißen. Der zitierte Halbsatz bezog sich auf die These, dass alle Zuschauer profihaft produzierte Formate haben wollten, aber dann schreien würden, wenn die Macher sich das dazu nötige Geld bei Industrie (durch Werbeformate) und/oder Kunden (durch in Crowdfunding) holen würden. Das war eine von H&C losgelöste Diskussion.


    Dazu sage ich ganz allgemein, dass die "Youtuber" immer auch aufpassen müssen, mit ihrem Geldbedarf für eine angestrebte Professionalisierung ihr Kapital der Glaubwürdigkeit und Authentizität nicht zu gefährden. Insbesondere dann, wenn sie versuchen, es allen unterschiedlichen Interessengruppen recht zu machen, wird das schnell zur Gratwanderung. "Hochglanz" ist eben nicht alles, was zählt. In einem kleinen Markt ist da auch irgendwo eine Grenze der Professionalisierung erreicht, wo man es eben nicht mehr allen recht machen kann und Unterstützer verliert.


    Mit Hunter & Cron hat das bestenfalls am Rande zu tun. Auch wenn das ein schönes Beispiel für das Gesagte ist, denn die beiden dürften gerade merken, dass man nicht gleichzeitig Fans und Brettspielindustrie bestimmen lassen kann, was man machen soll, und dass insbesondere diejenigen auf allen Seiten, die mehr als 5 Euros monatlich zahlen, dafür in der Regel auch eine Gegenleistung erwarten.

    Wenn man als "Influencer" von dieser Tätigkeit leben können möchte, dann läuft alles am Ende auf die eine entscheidende Frage raus: Wer soll dafür zahlen? Wenn man das nicht als Hobby betrachtet, für das man selbst zahlt, gibt es ja nur die folgenden Möglichkeiten:

    • Konsumenten, die bereit sind, für hochwertige Information zu zahlen? Diese verlangen dann jedoch tendenziell einen hohen Informationsgehalt und legen hohen Wert auf komplette Unabhängigkeit der Macher.
    • Konsumenten, die einfach nur gut unterhalten werden wollen? Die zahlen nicht viel, und wenn sie mehr zahlen, dann wollen sie auch mitreden, etwa bei der Auswahl der Titel, die gespielt/reviewt werden.
    • Firmen aus der entsprechenden Industrie, die direkt für Product Placement und gekaufte Werbefilmchen zahlen? Die verlangen dann aber eine wohlwollende Berichterstattung über ihre Produkte.
    • Allgemeine Werbetreibende bzw. Monetarisierung über Youtube? Dann muss Reichweite und Abozahlen über alles gehen, d.h. Massenkompatibilität mit viel schnell produziertem Content.

    Das Problem ist, dass diese Ansprüche sich alle gegenseitig widersprechen. Im englischsprachigen Bereich ist das kein großes Problem; da ist der Markt groß genug, um sich irgendwo in diesem Spannungsfeld eine passende Nische zu suchen. Im deutschsprachigen Bereich ist das für Mainstreamsachen wie Videospiele oder Kosmetiktips wohl auch so. Bei Brettspielen in deutsch scheint mir das aber schwierig zu sein, und zwar so schwierig, dass die entsprechenden Macher es irgendwann versuchen, allen recht zu machen, und dann vermutlich daran scheitern müssen. Da ist dann wohl der Kuchen, den es zu verteilen gibt, einfach nicht groß genug.

    Nichtsdestotrotz: Idealismus, Realismus, Geschäftssinn, Energie, Kreativität, Engagement, Risikobereitschaft, Lernbereitschaft, Wiederaufstehen nach Niederlagen sind entscheidende Faktoren bei erfolgreichen Unternehmen. Davon haben H&C ziemlich viele. Mir imponiert sowas!

    Stimmt. Trotzdem bin ich der Meinung, dass es für langfristigen und dauerhaften Erfolg nicht reicht, "jung, modern und hip" zu sein, sondern man auch ganz "langweilig-traditionelle" Sachen braucht wie Ehrlichkeit, Zuverlässigkeit und das Einhalten von einmal gemachten Versprechungen.


    Ein "demnächst gibt es ein größeres Patreon-Update" finde ich da z.B. sehr, sehr schwach. Die Reihenfolge stimmt einfach nicht. Warum nicht erst diese Probleme aus der Welt schaffen und dann die nächste große Finanzierungskampagne starten?

    MetalPirate

    Ist man mit zweistelligen Likes schon ein Influencer?

    Nein. Bei 30000 Youtube-Kanal-Abonennten ist man anscheinend an der Grenze, davon leben zu können. Mit 14 Likes bei Unknowns ist man dagegen ein ganz kleines Licht. :)


    Aber es reicht immerhin, um mit Verweis darauf der These zu widersprechen, dass alle in diesem Thread nur glattpolierten Hochglanz wollten. Wenn Hochglanz nur unter Aufgabe jeglicher kritischer Meinung zu haben ist, dann verzichte ich gerne auf Hochglanz -- und bin froh, damit bei unknows.de nicht ganz alleine da zu stehen, dabei wohlwissend, dass die Masse der vorzugsweise jüngeren Youtube-Konsumenten das tendenziell anders sehen dürfte, weil Medien und Medienschaffende in der modernen Welt anscheinend wesentlich unkritischer wahrgenommen werden als ich das mal gelernt habe.

    Hier wird einerseits die Finanzierung bemängelt und andererseits ein professionelles Fernsehniveau mit professionellen Moderatoren, mehreren Kameraeinstellungen und professionellem Schnitt gefordert.

    Ähem, nein. Mein Beitrag #5, in dem ich schrieb, dass ich unperfekte, ehrliche Fanmeinungen lieber lese/sehe/höre als Hochglanz-Ware von Machern, die vor lauter Abhängigkeiten keinem mehr auf die Füße treten wollen, hat eine zweistellige Anzahl von "likes" bekommen.

    Interessiert mich kein Stückchen. Ich schaue/lese/höre immer noch am liebsten Sachen, wo ganz normale unabhängige Fans ehrlich und ungefiltert über Spiele berichten, auch wenn da oft nicht alles perfekt ist, und verzichte dafür gerne auf den ganzen Hochglanz-Kram mit Product Placement, bei denen sich der Präsentator zur Hure der Industrie gemacht hat und peinlich darauf achtet, keiner wichtigen Person auf die Füße zu treten.