Beiträge von Ernst Juergen Ridder im Thema „Eurogame meets AmiTrash“

    (...) Es ist mir vollkommen egal, ob etwa Scythe Eurogame oder AmeriTrash oder Hybrid oder was sonst auch immer ist. (...)

    Und wie fragst Du dann nach Spielen, die so sind, um Dir weitere Anregungen zu holen?

    Gar nicht.


    Ich schaue mich hier und da und dort um, im Laden und im Internet. Das ist wie ungezieltes Stöbern im Buchladen, vielleicht findet sich ja was. Und wie es schon vorgekommen ist, dass mich ein Buch gefunden hat, das ich gar nicht gesucht habe, geht mir das auch mit Spielen.


    Erstkontakt: Aufmachung und Titel. Spricht mich das an, schaue ich näher hin. Will ich noch mehr wissen: BGG, YouTube und Foren wissen fast alles.

    Bei mir steht der Spielspaß im Vordergrund, Begrifflichkeiten sind Nebensache.


    Ich bin mir sicher, dass du das nicht so meinst, aber bei mir kommt es etwas so an, dass du dich darüber amüsierst, dass wir uns über diese Begriffe unterhalten und es als überflüssig empfindest. Falls der Eindruck doch stimmt, frage ich mich nur, wie du dir vorstellst, dass Diskussionen hier funktionieren sollen, wenn wir nicht mal szenetypische Begriffe untereinander abklären, bzw. was dich hertreibt, wenn du an Diskussionen über Spiele kein Interesse hast.

    Das ist jetzt schon ziemlich OT, aber sei's drum:


    Wenn mir persönlich die hier diskutierten Begrifflichkeiten nicht wichtig sind, heißt das weder, dass ich mich über die Diskussion amüsiere, noch dass ich an Diskussionen über Spiele nicht interessiert bin. Es heißt nicht einmal, dass ich keine eigene Vorstellung davon habe, was diese Begriffe für mich bedeuten.


    Ich halte es auch nicht für einen verfehlten Diskussionsbeitrag, wenn ich herausstelle, dass bei der Beschäftigung mit Spielen für mich der Spielspaß klar im Vordergrund steht und Begrifflichkeiten da genauso klar nachrangig sind.


    Wenn sich in diesem Thread ein paar wenige Leute (29 bislang) über Begriffe unterhalten, ist das gut und schön. Diese 29 werden dann vielleicht auch künftighin genau wissen, was wer meint, wenn er welchen Begriff verwendet.


    Fasse ich mal "kreative Tätigkeit" als "Kunst" im weitesten Sinne zusammen, komme ich im Alter eher auf das zurück, was ich schon als junger Mensch gedacht habe: Für mich ist wichtig, ob ich ein Bild "schön" finde, ob es mir etwas sagt; es ist mir völlig schnuppe, ob es wirklich Kunst ist und warum und von wem es gemalt ist. Musik hat für mich etwas mit durch Klänge transportierter Emotion zu tun; warum die Musik jetzt im künstlerischen Sinne gut ist, oder nicht, interessiert meine berührte Seele nicht. Ob man meine Lieblingsmusik wirklich "Celtic" nennen kann, danach fragt mein Herz nicht. Das ist bei Spielen, von denen ich auf emotionaler und thematischer Ebene angesprochen werden will, nicht anders.


    Trotzdem kann man über Begriffe natürlich diskutieren.


    Drum:


    Eurogame:

    Ist für mich abstraktes Optimieren. Nur Mechanik. Themenfrei (ein in Wahrheit nur übergestülptes Thema ist keines). Seelen- und leblos. Da kann man durchaus Spaß dran haben wie auch an reiner Logik. Mich lässt es kalt.


    AmeriTrash:

    Diesen Begriff mag ich schon wegen seines Wortbestandteils "Trash" nicht. Wird der Begriff in irgend einer Form als Abgrenzung zu Eurogame benutzt, hat er für meine Ohren etwas Hochnäsiges, weshalb ich ihn nicht verwenden möchte, egal wie eingeführt er sein mag.


    Ich möchte den Begriff dann doch lieber mit "Thematisch mit Zufallskomponente" ersetzen. Damit meine ich Spiele, die ein Thema haben, Fantasy, Science Fiction, Geschichte, was auch immer, und die dieses Thema so weitgehend wie nur irgend möglich in ihrer Mechanik umsetzen.

    Das allein beschreibt es aber nicht. Auch Zufall/Glück gehören dazu. Ebenso das Fehlen 100%iger Planbarkeit.


    Die reinsten Eurogames sind vielleicht die meisten Feld-Spiele. Habe ich mal sehr gemocht, mittlerweile nicht mehr.


    AmeriTrash? Gibt's das in Reinform überhaupt? Ist der Begriff nicht eher dahin verwässert, dass er alles meint, was nicht nur abstraktes Optimieren, null Zufall, 100%ige Planbarkeit ist?


    Mir helfen diese Begriffe wirklich gar nicht.

    Ich befasse mich gern und viel mit Spielen, habe dabei aber keinen „wissenschaftlichen“ Ansatz. Spaß soll es machen, was braucht man da sonst noch? (...)

    Die schlagwortartige Bezeichnung komplexer Sachverhalte mit nur einem Wort, das dann alle auch noch gleich verstehen sollen, es aber doch nicht gleich verstehen, hilft meistens wenig.

    Das ist eine seltsame Diskussion. In jedem anderen kreativen Bereich sind Genres etabliert und akzeptiert. Wenn Du über Filme redest, dann benutzt Du doch sicher Genrebezeichnungen wie "Liebesschnulze", "Actionfilm", "Komödie" usw. Und wenn Du über Musik redest, gehe ich jede Wette ein, dass Du dabei ganz unwillkürlich auch zwischen Schlager, Popmusik, Punk, Metal... unterscheidest.


    ...aber bei Brettspielen darf es bitte keine Genres geben? Also wenn ich jetzt in einem Thread den Begriff "Cosim" gebrauche -- sagst Du dann ernsthaft: "Alles Quatsch, Cosims gibt's gar nicht. Gibt nur gute und schlechte Spiele"? Kann ich mir nicht vorstellen. Aber falls doch, dann müssten wir also jedes mal wieder bei Adam und Eva anfangen, um klarzustellen, worüber wir reden? :)

    Irgendwie verstehen wir uns nicht, oder?


    Klar "darf" es auch bei Brettspielen Genres geben. Da gibt es ja auch allerlei Begriffe, nicht nur Eurogame und AmeriTrash, auch Workerplacement, Mehrheiten, Legacy (neuester Versuch dabei: Evolutionsspiel) und was sonst noch alles. Über diese Begriffe kann man selbstverständlich auch diskutieren, kann sie zu schärfen suchen.

    Nur: Mir persönlich bedeutet das nichts. Es ist mir vollkommen egal, ob etwa Scythe Eurogame oder AmeriTrash oder Hybrid oder was sonst auch immer ist. Das gilt auch für Martians - A Story of Civilization und viele andere. Das sind Spiele, die machen mir Spaß. Wie man sie begrifflich einsortiert, hat für mich keinen Belang.


    Bei mir steht der Spielspaß im Vordergrund, Begrifflichkeiten sind Nebensache.


    Diese Einstellung ist vielleicht eine Folge langjähriger beruflicher Prägung. Da waren Begriffe immer ganz wichtig. Zu meinen "Entspannungsübungen" in der Lebensphase "nach Vollendung der Lebensarbeitszeit" gehört es, gerade das, was immer gefordert war, hinter mir zu lassen.


    Als Spieler, für den der Spielspaß (das hat mit lustig sein pp ja nicht die Bohne zu tun) im Vordergrund steht, lebt es sich ganz gut. Mögen andere sich darüber auseinandersetzen, was für ein Spiel denn "Scythe" nun ist. Ich spiele es mit viel Spielfreude, welche Art von Spiel das nun auch immer ist.

    Ist Freedom jetzt ein Eurogame, weil es abstraktes Optimieren ist, ist es Ameritrash, weil es thematisch ist und auch Zufallselemente hat, ist es ein Hybrid, weil es eine Mischung ist? Mir ist die Einordnung unwichtig.

    Ich vermute hier ein Missverständnis. :)

    1. Weil Fachbegriffe wie diese komplexe Konzepte in einem Wort zusammenfassen können, und somit also die Verständigung präziser und einfacher gestalten (siehe auch Metalpirates Erläuterungen oben)
    2. Weil auch unter Spielern gerne mal Missverständnisse entstehen, weil es an einem differenziertem Verständnis für unterschiedliche Spielertypen und die zusammenhänge mit Spieldesign mangelt.

    ...


    Und DARUM sind diese Begrifflichkeiten relevant.

    Das kann man so sehen, muss man aber nicht.


    Ich spiele schon sehr lange, kenne sehr viele Spiele. Auch Atti spielt schon sehr lange, kennt sehr viele Spiele. Er hat sein Verständnis von Begriffen, ich käme nie auf die Idee, dieses als Humbug anzusehen.

    Mein Zugang zu Spielen ist ohnehin offenbar anders als der vieler hier.

    Mir sind die hier behandelten Begrifflichkeiten ebenso unwichtig wie das Gewinnen beim Spielen. Es kommt mir beim Spielen darauf an, ein auch emotionales Erlebnis zu haben. Das könnte man bei Eurogames haben, habe ich aber nicht, wenn man darunter im wesentlichen abstrakte Optimierungsspiele versteht. Abstrakt optimiert habe ich ein ganzes Berufsleben lang bis zum Überdruss, das brauche ich beim Spielen nicht. Mich spricht thematische Dichte an, da darf ein Spiel dann auch ruhig Ecken und Kanten haben. Ob es eine optimale Strategie für ein bestimmtes Spiel gibt, interessiert mich nicht, auch nicht, ob man eine themenwidrige Strategie spielen könnte.

    Nie wäre ich etwa bei Stone Age auf den Gedanken verfallen, einmal auszuprobieren, ob man nicht mehr Punkte machen kann, wenn man seine Leute hungern lässt. Was sind schon Punkte? Es geht mir darum, einen schönen Spielverlauf mit einem interessanten Thema zu erleben. Da probiere ich dann auch gerne einmal aus, wie sich eine bestimmte Aktion auf das Spiel auswirkt, auch wenn ich dann deshalb womöglich nicht gewinnen kann. Kann ich gewinnen, lehne ich das nicht ab; gewinne ich nicht, bin ich trotzdem zufrieden, wenn ich ein „schönes“ Spiel erlebt habe.


    Ich befasse mich gern und viel mit Spielen, habe dabei aber keinen „wissenschaftlichen“ Ansatz. Spaß soll es machen, was braucht man da sonst noch? Über Begriffe wird man sich ohnehin nur eher selten einig. Deshalb erscheint es mir auch nicht „schlimm“, wenn ich jemanden fragen muss, was er mit einem von ihm verwendeten Begriff denn meint. Ich entsinne mich da an schwierige Diskussionen mit Zeugen über die Bedeutung scheinbar einfacher Wörter der deutschen Sprache. Auch das habe ich hinter mir gelassen.


    Die schlagwortartige Bezeichnung komplexer Sachverhalte mit nur einem Wort, das dann alle auch noch gleich verstehen sollen, es aber doch nicht gleich verstehen, hilft meistens wenig.

    Ich verstehe das Anliegen des Ausgangspostings, wohl auch die Bedeutung der zur Einteilung verwendeten Begriffe. Persönlich finde ich solche Einteilungen wenig hilfreich, erst recht, wenn einer der beiden Begriffe aus meiner Sicht eher unmöglich ist (AmeriTrash).


    Betrachtet man Eurogames als abstrakte Optimierspiele und AmeriTrash als Spiele mit mehr Thema und Zufall, dann mag ich Eurogames nicht, weil ich abstraktes Optimieren im Spiel langweilig finde.


    Es gibt Spiele, die leben von ihrem Thema, obwohl sie im Kern abstrakte (Optimier)Spiele sind.

    Beispiel dafür ist für mich Freedom-The Underground Railroad. Das Spiel hat klar ein Thema, bemüht sich auch darum, dieses in das Spiel zu transportieren. Trotzdem ist es im stark abstrahierten Kern ein schlicht abstraktes Spiel, nämlich eine aufgemotzte Wolf-und-Schafe-Variante. Sehe ich das so, ist es mir emotional vollkommen egal, ob ein Klötzchen "durchkommt" oder nicht. Sehe ich es vom Thema her, ist mir das keineswegs egal, ich fiebere mit dem Klötzchen, das ja für einen hilfsbedürftigen Menschen steht, mit.


    Ist Freedom jetzt ein Eurogame, weil es abstraktes Optimieren ist, ist es Ameritrash, weil es thematisch ist und auch Zufallselemente hat, ist es ein Hybrid, weil es eine Mischung ist? Mir ist die Einordnung unwichtig. Sehe ich es als abstraktes Optimierspiel, lässt es mich kalt, sehe ich es als thematisches Spiel, mit dem sich Geschichte erleben und existentielle Not (im Spiel) besiegen lässt, nimmt es mich emotional mit und fasziniert mich.