Beiträge von ravn im Thema „18Lilliput“

    Gestern abend eine für mich Erstpartie 18Lilliput in entspannter 4er-Runde mitgespielt. Hat mir wirklich gefallen.


    Allerdings sehe ich es nicht als 18xx-Anfängerspiel. Dafür erschien mir das Regelwerk zu kompakt und zu komprimiert in den Formulierungen präsentiert. Wer da noch keine Ahnung hat, wie 18xx-Spiele generell ablaufen, wird wohl nur Bahnhof verstehen oder muss sich durchbeissen. Selbst wir als erfahrene Eisenbahner musste uns doch einige Regeldetails mehrfach gegenseitig erklären, zumal man ein paar Formulierungen auch falsch oder vorschnell missverstehen kann, so dass am Ende dann ein völlig anderes Spielgefühl entstehen könnte. Die ausgedruckte Phasen-Übersicht (von BGG?) war zudem hilfreich, den Überblick zu behalten, wie lange die einzelnen Loks noch durchhalten werden.


    Spielerisch hat es bei mir gegenüber andere 18xx-Spiele gewonnen, weil wir einen festen und damit überschaubaren Rahmen haben. Eben nur acht Runden Zeit und pro Runde zwei Aktionen, die sich aus den ausliegenden Aktionskarten ergeben. Zudem die Begrenzung auf maximale zwei Gesellschaften, die man gründen darf und der Aktienbesitz ist auf deren fünf beschränkt. Die verfügbaren Streckenteile auf den Karten und das vorgegebene Bauraster vereinfachen zudem die Qual der Wahl, wie man denn nur bauen soll.


    Dem gegenüber stehen Startgesellschaften sowie Charaktere mit Sondereigenschaften, die den Spielstart variabel machen. Die ganzen Sondermodule und Varianten haben wir hingegen nur kurz erwähnt, deshalb kann ich dazu nichts sagen. Klang allerdings noch eine Menge Spiel, die dort in der recht kleinen Schachtel steckt. Da wir zudem das Papiergeld durch haptisch-schöne Clay-Pokerchips ausgetauscht hatten, kam das dem Spielfluss zugute. Sollte aber auch so gehen.


    Das Spiel selbst soll 60 bis 90 Minuten dauern. Das haben wir allerdings locker verdoppelt. Die drei Stunden fühlten sich für mich aber nie langwierig an. Der Spannungsbogen war stets vorhanden. Eben weil man auf bestimmte Aktionskarten in der Auslage lauerte oder Pläne schmiedete, wie man die lieben Mitspieler von "seinem Streckennetz" fernhalten würde können oder denen mal gehörig in die Suppe zu spucken durch eine geschickte Bahnhofsplatzierung oder Neugründung einer Gesellschaft. Das Spiel gibt es durchaus her, dass es sehr interaktiv werden kann. Wenn man die anfangs noch getrennten Streckennetze verbindet oder mit einer zweiten Gesellschaft im Mitspielerland wildert. Gefällt mir.


    Einzig stelle ich mir die Frage, ob das Spielgeschehen nicht kippen kann, wenn sich zwei Mitspieler einig sind und sich gegenseitig unterstützen beim Streckenbau. Wer da dann nicht dabei ist oder keine Chance sieht, da ebenfalls durch Aktienkauf mitprofitieren oder durch Gesellschaftsneugründung dort mitmischen zu können, der könnte ein einsames Spiel und verringerte Siegchancen erleben.


    Könnte ... Weil in unserer Partie ist das nur teilweise passiert und die Kooperation war eher ein gemässigtes Hauen-und-Stechen, bei der Einzelne wechselweise von Vorarbeiten der Mitspieler profitieren konnten, während man selbst auch mal gebaute Strecken aufgeben musste. Lieb und nett ist 18Lilliput nicht, durchaus konfrontativ, weil man nie "sein Streckennetz" bis zum Spielende für sich haben wird. Da muss man dann gegenhalten und ebenso von den Mitspielern und deren Voraktionen profitieren, wenn es sich anbietet und man die Chance erkennt und ergreifen kann.


    In Summe eines der besten 18xx-Spiele, die ich bisher gespielt habe und die meisten meiner (ungespielten) 18xx-Schrankspiele aus alten Alles-Kaufen-Tagen locker ersetzen könnte.