Beiträge von ode. im Thema „Warum gibt es so wenig Euros mit Objectives?“

    Wer das weiter runterbrechen will, landet dann am Ende bei der Definition, jedes Brettspiel ist ein Wettrennen um den Sieg... :/

    Nein.


    Wenn du es so formuliert haben möchtest, ist jedes Spiel ein Wettkampf. Ein Wettrennen ist es, in relativ kürzester Zeit ein Ziel zu erreichen. Relativ zu meinem/n Gegner/n. Der oder die Beste in irgendwas zu sein, muss nicht unbedingt ein Wettrennen zum Spielziel sein.

    Man sollte hier noch unbedingt #Troyes erwähnen!

    Tolles Euro mit Würfeldraften, das sich auch heute noch absolut frisch anfühlt.

    Wir haben im Grundspiel sechs Charaktere, die alle unterschiedliche Bedingungen für Siegpunkte (die am Schluss für alle zählen) benennen.

    Jeder Spieler bekommt einen (im Zweierspiel zwei) und muss durch die Spielweise der anderen herausfinden, wofür es am Ende auch noch Punkte gibt.

    Halte ich nicht für ein gutes Beispiel, denn es ist am Ende einfach eine kleine (und vor allem zusätzliche) Wertungsoption für 1-6 Bonus-Punkte (wenn ich mich recht erinnere).

    "Warum es denn so wenig Euro mit Objectives gäbe. So wie bei Robinson Crusoe" (sinngemäß).


    Tja, gute Frage, Warum eigentlich?

    Die Frage ist leicht zu beantworten. Wenn auch etwas ausführlicher nötig ist...


    Diese Art Spielziel erfordert ein wahnsinnig ausgewogenes Spiel und somit ein von Beginn an absolut ausbalanciertes Spieldesign. Wenn es ein einzelnes Ziel geben soll um den Sieg auszulösen - und davon vielleicht noch mehrere, gleichgestellte Spielziele - dann benötigt es ein unfassbar ausgeklügeltes System. Soll dieses System dann auch noch kompetetiv sein, dann darf es im Sinne eines guten, ausgewogenen Spieldesigns eben keinerlei Ungerechtigkeit zulassen.


    Stell dir ein Spiel vor, bei dem es 5 Spielziele gibt, aber eines davon ist klar einfacher zu erreichen als die anderen. Das würde dafür sorgen, dass alle nur auf das eine Ziel spielen und die anderen vier nur wertlose Staffage sind. Aus diesem Grund gibt es ja auch so viele Spiele mit SP, wo der einzelne Punkt eben einen Basiswert darstellt. So kann man Spielelemente, die unterschiedlich funktionieren in eine Balance bringen indem man den Basiswert unterschiedlich anpasst.


    Weitere Punkte:

    • Es spielen ja mehrere Spieler. Alle wollen Spaß am Spiel haben. Und am Ende sehen, ob und was sie geleistet haben. Wenn das Erfüllen eines übergeordneten Spielzieles den sofortigen Sieg bedeutet, dann haben wir ( in einem 4er-Spiel) 3 Verlierer. Man möchte aber oft nicht spielen, um zu verlieren. Die Spieler wollen auch etwas geleistet haben und ihre Leistung auch messen können. War es ein knapper Sieg? Ein deutlicher Sieg? Dies ist ein Umstand, den viele Spieler oft vergessen: Ein Autor designed ein Spiel nicht nur für einen Spieler. Und auch nicht für einen Spielegeschmack. Es mag viele Leute geben, denen das zu weichgespült ist. Mal ne klare Kante! Die Verlierer kommen schon damit klar! Die Mehrheit tut dies aber nicht. Wenn man als Autor sein Spiel in unterschiedlichen Gruppen testet, dann bekommt man viele Aspekte unterschiedlicher Spielegeschmäcker mit. Es ist aus meiner Sicht nicht verwunderlich, dass sich Spiele mit geringer Downtime, vielen kleinen Belohnungen und Zwischenwertungen und Siegpunkten mehr oder weniger durchgesetzt haben. Andere Spielziele sind angreifbarer, einem speziellerem Spielegeschmack zugeordnet.
    • Spiele mit festem Spielziel, wo das Erreichen dieses Spielziels zum Sieg führt, haben oft ein Problem, was die Spielgeschichte angeht. Damit meine ich das, was man vielleicht auch Spannungsbogen nennen kann. Wenn es erkennbar ist, dass ein Spieler uneinholbar ist, dann ist die Spannung raus. Das ist oft kurz vor Schluss der Fall. Spiele, die auf ein Spielziel hinarbeiten sind mehr oder weniger alle Rennspiele. Rennen zum Spielziel. Irgendwann ist ersichtlich: "Sie wird gewinnen..." Das ist für viele Spieler nicht so toll. Besonders auch für diejenigen, die dann dem designierten Gewinner noch 15-20 Minuten zugucken müssen. Da fällt dann auch mal extrem die Spannung ab. Besonders in so Optimierspielen, wo dann oft auch ausrechenbar ist, was bald noch passieren wird. Da braucht es dann Zufallseffekte (die oft kritisiert werden) oder verdeckte Infomationen, mit denen man aufholen kann. Du glaubst gar nicht, wie sich das Spielerverhalten ändert, wie Spiele aus der Balance kippen, wenn man es nicht hinbekommt, Spielerverhalten zu steuern.

    Die Sache ist ja die: Die Spiele, die eine ausgewogene Balance und spannenden Spielverlauf haben, die haben sich ja auch durchgesetzt. In der Masse. Dafür gibt es Gründe. Und ich bin ziemlich sicher, dass 99% der Leser hier bei einem Spiel, das eben unausgewogen ist und dafür ein anderes Spielziel als eine ausgeklügelte Punktewertung haben, kritisieren und abstrafen würden.


    Ich will das nicht als Vorwurf verstanden wissen, was ich jetzt sage. Keinerweise. Aber es ist eben immer leicht zu fordern, man solle da mal was machen und eine andere Art Spielwertung designen, wenn die Spiele, die dies haben und Ecken und Kanten und vielleicht auch Fehler haben, wenn die dann abgestraft werden. Es gibt Gründe dafür, dass das in der breiten Masse so ist. Und besonders eben im Euro-Bereich. Wo es eben selten eine Geschichte oder ein Spielerlebnis gibt.

    Orleans hab ich immer wieder auf dem Schirm, gucke mir den Spielplan an und schiebe es wieder weg. Danke euch

    Das Szenario "Invasion" von #Orleans ist ein kooperatives Szenario und dürfte deine Wünsche im Bezug auf den Betreff perfekt erfüllen. Ebenso ein 2er-Szenario in dieser Erweiterung, in der man eine Zielvorgabe erfüllen muss, um zu gewinnen - keine SP-Abrechnung zum Schluss...


    Darüber hinaus kann ich dir da vielleicht #DasOrakelVonDelphi von Stefan Feld empfehlen. In dem Spiel musst du 12 Aufträge erfüllen. Wer dies als schafft und dann zu Zeus (zum Start- und Zielfeld) zurück kehrt, gewinnt das Spiel. Es gibt keinen einzigen SP in dem Spiel. Einfach das Abarbeiten von 12 Aufträgen in beliebiger Reihenfolge.


    Dann vielleicht noch #LewisAndClark - in dem Spiel gibt es eine Leiste, die man schnellstmöglich hochwandern muss. Das ist zwar nah am Siegpunkt. Aber schon sehr thematisch verpackt, da es Landschaftsfelder sind, auf der Leiste. Mal muss man per den Fluss hoch, mal über Berg. Spielziel ist es den Endpunkt der Leiste zu erreichen. Wer dies als erster schafft, gewinnt. Im Grunde also auch ein Wettrennen. Darüber hinaus kann Lewis & Clark eben auch mit ziemlich guten, sehr thematischen Mechanismen punkten.