Beiträge von MetalPirate im Thema „Begriffe: KI/Automa/Dummyspieler“

    Ich persönlich sehe keinen prinzipiellen Unterschied zwischen "virtueller Spieler baut immer ein Häuschen auf den linkesten freien Platz" und "die realen Spieler müssen nach mehr oder weniger komplizierten Regeln berechnen, wohin der virtueller Spieler sein Häuschen setzt". Wenn man das erste "Dummy-Spieler" nennt (negativ besetzt) und das zweite "künstliche Intelligenz" (positiv besetzt), dann schafft das meiner Meinung nach einen Unterschied, der eigentlich gar nicht da ist. Das erste ist eine Teilmenge des zweiten; "immer ganz links" ist halt bloß eine extrem einfache mögliche Platzierungsregel, und von dort an gibt's einen fließenden Übergang bis zu beliebig komplexen Vorschriften, die von dem/den realen Spieler(n) gar nicht mehr vernünftig umsetzbar sind. Das Grundprinzip bleibt das Gleiche.


    Den Begriff "Künstliche Intelligenz" würde ich persönlich reservieren wollen für Umsetzungen von Handlungsanweisungen für virtuelle Spieler, bei denen sich diese exakt (!) an die gleichen Regeln wie reale Spieler halten müssen. Also z.B. nicht Häuschen einfach bauen ohne Ressourcen abgeben zu müssen. Oder Felder einfach so blockieren, auch wenn sie dafür im Gegensatz zu menschlichen Spielern keine Einsetzkosten bezahlen müssen. Dabei ist mir natürlich völlig klar, dass das in nicht völlig trivialen Brettspielen im Gegensatz zu Computerspielen gar nicht erst machbar ist. KI geht in Computerspielen, aber nicht am Brett. Da gibt's deshalb für mich keine "Künstliche Intelligenz", sondern nur unterschiedliche Formen von regelbasierten Systemen, die Spiele so modifizieren, dass sie für Spielerzahlen spielbar werden, die im normalen Spiel eigentlich nicht vorgesehen waren. Klassischerweise oft 2er Varianten mit Dummyspieler, in der modernen Brettspielwelt üblicherweise Solo-Varianten.


    Eigentlich reden wir dann auch schon von anderen Spielen, die mit dem (Multiplayer-)Originalspiel nur noch mehr oder weniger viel zu tun haben. Mir persönlich gefallen solche regelbasierte Umsetzung virtueller Spieler nur in Ausnahmefällen. Meist machen sie ein Spiel schlechter. Im Solo-Bereich ist das auch gar nicht mal nötig, siehe z.B. Terraforming Mars. Das wurde unter Verzicht auf jegliche virtuelle Mitspieler gleich konsequent zum Solo-Optimier-Puzzle mit ganz eigenen Regeln umgebaut. Finde ich persönlich besser so. Aber das darf natürlich jeder so sehen, wie er möchte.


    Was man den "Automa"-Umsetzungen von Herrn Pedersen allerdings lassen muss -- und das bin ich auch gerne bereit anzuerkennen! -- ist die Tatsache, dass man etwas erreichen kann, wenn man sich bei der regelbasierten Umsetzung von virtuellen Spielern Mühe gibt. In der Vor-Automa-Zeit wurde sowas doch allzu oft mit eher wenig Aufwand und Playtesting mal schnell hingeschludert, um eine niedrigere Mindestspielerzahl auf die Schachtel schreiben zu können, einfach weil die Marketing-Abteilung des Verlages es wollte. Dass "Automa" zur Marke wurde, hat sich der Herr Pedersen redlich verdient.