Beiträge von Biberle im Thema „Asmodee wechselt den Besitzer (2018, 2021, …)“

    Es geht meiner Interpretation wohl eher darum, dass die Kreditgeber vermutlich - mMn völlig verständlich - überhaupt nur noch Asmodee als kreditwürdig für eine dermaßen hohe Summe ansahen. Die Franzosen mögen den Angaben nach den niedrigsten EBIT aktuell haben, waren aber über die Jahre sehr stabil und haben, soweit man das von außen beurteilen kann, vernünftig gewirtschaftet.


    Was man vom Gebahren eines Herr Wingefors im Videospielsektor nun wirklich nicht gerade behaupten kann. Der hat innerhalb von zwei, drei Jahren so ziemlich alle Fehler gemacht, die andere einschlägige Companies schon vor 20 Jahren gemacht haben, sensationell. JoWood war etwa so ein Kandidat - interessanterweise besteht der THQNordic-, äh, Embracer-Kern zu nicht unwesentlichen Teilen aus den Jowood-Resten.


    Sicher war Wingefors bewusst, dass seine "eigenen" Spielemarken (Nordic/Embracer hat eigentlich immer nur zugekauft, Ausnahmen gibt's z.B. mit den damals neugegründeten Münchner Grimlore-Studios eher wenige) deutlich mehr Masse als echte Klasse produzieren. Also schmiß er mit Geld nur so um sich, um AAA-Studios zuzukaufen (wobei das meiner Meinung nach auch eher *potenzielle* AAA-Studios sind/waren; bereits fertige bzw. sich im Verkauf befindliche Megaseller hat er meines Wissens nach kaum bis gar nicht erworben).


    Nuja, jetzt kam man wohl selbst auf die Idee, dass diese ganze Mischpoke unter einem Dach nix ist. Die Verschuldung bzw. ständig nötigen Investitionen (etwa für die AAA-Entwicklung) hätten auf Dauer alles gekillt. So setzt man auf Fokussierung.


    Ich nehme Wingefors schon ab, dass er alle drei Units erfolgreichen machen und behalten will. Asmodee eh, denn... siehe oben. Bei Coffee Stain und middle-earth enterprises gibt's mMn nicht viel, was man hübsch machen kann. Wer auch nur ein bisschen Ahnung von der Materie hat, wird da einen großen Bogen drum machen. middle-earth ist da wohl am gefährdetsten - AAA-Titel schüttelst du mal nicht eben auf Kommendo aus dem Ärmel, gleichzeitig hast du ohne enorme Anlaufinvestitionen aber erst gar keine Chance auf AAA. Das dürfte letztendlich auch die Basisidee hinter dem Ganzen sein: Asmodee und Coffee Stain (Indie und A/AA lässt sich halt einfache händeln) vom hohen Risiko einer auf AAA-Titel ausgerichteten Division abzunabeln.

    Also Embracer hat die 3 Studios und die zrecht3 geholt und hat dann mit Amazon einen Deal gemacht wo Crystal Dynamics ein Tomb Raider Spiel entwickelt und Amazon macht noch Filme und Serien dazu. Denke das die damit gut Geld gemacht haben.

    Seltsam nur, dass dann Eidos Montreal ins Koma versetzt wurde, wenn es doch so gut läuft. Und mit dem neuen Deus Ex ein Titel eingestellt wurde, der eigentlich mit ganz oben auf der AAA-Titel-Strategie von Embracer stand. Und auch der Amazon-Deal ist seltsam: Studio und IP bleiben bei Embracer; nur haben sie nix davon, weil jemand anders published - und damit einen guten Teil der Umsätze wegschaufelt.


    Wirkt auf mich so - auch wenn das jetzt auch nur eine Vermutung ist - dass es Embracer dabei vor allem darum ging, Ausgaben einzusparen. Das ist jetzt aber auch schon fast wieder 14 Monate her; seitdem hat man fast nix Neues darüber gehört.

    Bei den Zahlen die bei diesem Deal kursieren von einem schlechten Geschäft von Embracer zu sprechen ist schon sehr kurios.

    Bin halt niemand, der auf "kursieren" was gibt.


    In keinem der Embracer business reports taucht irgendwas auf, was auch nur annähernd auf die 600 Millionen hinweist, weder textlich noch in irgendwelchen Zahlen.


    Das Einzige, was bekannt gegeben wurde: Amazon Games published das kommende Tomb Raider, das weiterhin von Crystal Dynamics entwickelt wird. Da von dem Deal irgendwo beide profitieren, werden da kaum große Gelder fließen/geflossen sein. Jedenfalls lässt sich das auch schon so interpretieren, dass die TR-IP weiterhin bei Crystal Dynamics und damit Embracer liegt.


    Ganz im Gegenteil spricht Wingefors im Q3-Report (FY 22/23) davon, dass in letzter Minute ein 2-Milliarden-Deal geplatzt sei. Er äußert sich dazu nicht ganz detailliert, aber es geht wohl darum, dass dies mit der Herausgabe von IP-Lizenzen zu tun gehabt hätte.


    Was sich aus den Reports aber ganz gut rauslesen lässt:

    - Im Spiele-Bereich generiert man seine Umsätze vor allem durch Masse, weniger durch Klasse. Da ist selten bis gar nicht ein AAA-Titel dabei, der wochenlang irgendwelche Verkaufscharts anführt. Allerdings beabsichtigt man eben diese Transformation, also hin zu wenigeren Titeln, die aber dafür AAA sind und vom Umsatz her entsprechend knallen.

    - So eine Transformation ist teuer. Embracer gibt seit Jahren *deutlich* mehr für die Entwicklung seiner Titel aus, als frisch fertiggestellte Titel dann letztendlich einbringen. Bekannterweise peakt der Umsatz bei den Videospielen extrem in den ersten Wochen. Klassiker: Enbracer vertröstet auf kommende Jahre, wo sich das alles so richtig auszahlen soll.

    - Im Mobile-Bereich ist man recht schwach aufgestellt.

    - Asmodee generiert zuverlässig Umsätze, nur ist die Rentabilität auch nicht gerade überragend.


    Kurz gesagt: Es steht *nirgendwo*, dass die aktuellen großen Investitionen im Videospielbereich sich schon irgendwie ausgezahlt hätten. Ganz im Gegenteil.

    Gab genug "Brancheninsider" die das behauptet haben.

    Stell dir vor, ich kenne einige dieser Brancheninsider persönlich. ;)

    Ich halte mich selbst nicht mehr dafür, aber mal so ein wenig anekdotisch: Ich war Mitte 96 in Derby bei Core Design und habe das erste Tomb Raider als Beta-Version gesehen. Ich kannte den damaligen Eidos-PM/PR so gut, dass wir eine längst nicht fertige Version von TR2 bei mir im Wohnzimmer gespielt haben, obwohl die eigentlich nicht außer Haus hätte gehen dürfen. Soll jetzt kein Show-Off sein, nur kurz zum Aufzeigen, dass eine gewisse TR-Historie da ist.


    Und ja, natürlich klingt das erst mal gut. Auch wenn die meisten "Branchensinsider" halt auch aus der Gaming-Branche kommen, journalistischen Background haben und/oder sogar eine persönliche emotionale Bindung zu den IPs. Wenn mir Tomb Raider schöne Spieleerlebnisse beschert hat, glaube ich halt auch entsprechend eher, dass es ein toller Deal ist. Ich habe zu dem Deal eher wenige Meldungen gelesen, bei denen der Verfasser einen branchenneutralen BWL-Hintergrund hat.


    Aber wie Springflut völlig richtig schreibt: Da werden IPs gesammelt, aber du kannst nicht direkt Geld damit generieren. Oder kurz- bis mittelfristig nur einen unbedeutenden Bruchteil der Investsumme. Bzw. muss über den reinen Kauf hinaus ja nochmal fett investiert werden, biss du mit neuen Titeln Kohle generierst. Ein großes Entwicklerstudio hat schon ziemlich heftige Stand-By-Kosten.


    Kaufst du Asmodee, hast du halt Tag für Tag 0,0x% der Investsumme als Umsatzgenerator. Das ist halbwegs verlässlich, dass ist halbwegs berechenbar.


    Der eigentlich springende Punkt ist doch: Der Square-Enix-Deal mag auf dem Papier noch so toll geklungen haben; faktisch waren die 300 Mio. halt erstmal versenktes Geld ohne direkte Gegenleistung. Und diese 300 Mio. trugen faktisch auch dazu bei, dass Embracer jetzt arge Probleme mit der Liquidität hat.

    Davon abgesehen: Dicht gemacht wurde ja "nur" Eidos Montreal. Das eigentliche Filetstück, Crystal Dynamics, und damit auch der Macher der TR-IP existiert ja weiter.

    Das ganze Paket galt als Schnäppchen..

    Bei wem? Klar klingen die Namen erst mal grandios - Tomb Raider, Thief, Legacy of Kain. Aber wann waren die das letzte Mal Dauergast in den Charts? Wie lange ist es her, dass deren Namen ähnlich cool klangen wie heutzutage die ganzen Mega-IPs? Viele der zugekauften Sachen sind Retail-Solo-Spiele - die kommerziell zukunftsfähig zu machen, hat/hätte gedauert und nochmal ordentlich Kohle gekostet. Klar war auch Square im Zugzwang, klar war das alles nicht ganz freiwillig, klar werden heutzutage für jeden Furz dreistellige Millionensummen ausgegeben. Aber viel mehr als "Potenzial" hate Embracer da mMn nicht gekauft. Und auch nicht gerade kurz- bis mittelfristiges Potenzial. Es gab viele Ankündigungen und Absichtserklärungen, aber im Prinzip nix, womit man halbwegs schnell einen gewissen ROI hat.


    Gab beim Kauf schon genug Branchen-Insider, die gewarnt haben. Ein Schnäppchen wäre es dann gewesen, wenn man 100pro weiß, 10 Jahre später davon noch profitieren zu können. So hat(te) Embracer im Prinzip erst mal 300 Millionen versenkt - und was sie davon haben, sieht man ja jetzt...


    Mit Asmodee und dem sehr stetigen Umsatz ist man da ein viel geringeres Risiko eingegangen.

    Mal schnell ein paar Tausend oder gar Zehntausend Brettspiele zu Dumpingpreisen rauszuhauen, dürfte kaum ein geeigneter Ansatz sein, um eine Milliardenlücke im Cashflow zu schließen.


    Insgesamt dürfte es ein Klassiker sein: Milliardär will investieren und mit seiner Company schnell wachsen. Dabei trifft er gute - wozu mMn die Asmodee-Aquise gehört - und weniger gute Entscheidungen. Ich will gar nicht wissen, wie lange Square Enix gefeiert hat, als sie mal eben 300 Mio. für zwei Entwicklerstudios bekamen - von dem jetzt eines gleich mal wieder hgeschlossen wurde.


    Wingefors war mit Nordic Games bekannt dafür, vor allem PC-IPs billig abzugreifen, die noch einen gewissen Ruf hatten. Das mag 2005 funktioniert haben, 2024 tut es das einfach nicht mehr. Schon THQ Nordic ist seit etlichen Jahren nicht gerade ein Filetstück der Spieleindustrie - viel zu PC-lastig, viel zu wenig wirklich global aufgestellt. Es gab einfach schon mal bessere Zeiten, vor allem Europäern vor allem PC-Spiele bzw. auf Konsolen vor allem Spiele mit PC-Feeling anzubieten.


    Embracer hat einfach zu viel Krempel im Portfolio, ist eigentlich zu groß für das, was wirklich an Substanz drin steckt. Da dürfte Asmodee tatsächlich noch mit das Goldesel sein - und Embracer wäre schön blöd, ausgerechnet den auszuschlachten. Dann lieber Radikalkur im digitalen Bereich und tatsächlich langsam zum Hybridanbieter wandeln - gerade Asmodee hat da doch enormes Potenzial.