Beiträge von Zerknautscher im Thema „Regeln und was mich davon abhält, sie zu lernen“

    Spannendes Thema! :D


    Also ich denke yzemaze hat es schon ziemlich gut beschrieben: Nicht jedes Regelwerk ist/hat auch eine gute Anleitung. Daher ja auch die Teilung bei FFG. Ich gebe zu, dass mich das bei Star Wars Rebellion auch erst gestört hat, aber es entspricht durchaus didaktischen Prinzipien. Als erstes wird damit ein Grundverständnis für das Spiel und den Ablauf hergestellt: Was ist das Ziel und wie kann ich es erreichen? Ich halte es für absolut sinnvoll, dass die Anleitung, die ins Spiel einführen soll nicht sofort jeden Sonderfall behandelt. Ausnahmen sind schwierig zu merken, wenn die Basis noch nicht etabliert ist.


    Wenn ich Spiele erkläre mache ich es auch häufig so, dass ich Elemente, die für den Anfang nicht entscheidend sind auslasse und erst dann erkläre, wenn sie im Spiel relevant werden. Bei Carcassone mit der ersten Erweiterung bspw. erkläre ich nicht vor dem Spiel Wirtshäuser und Kathedralen, sondern sobald ein solches Plättchen aufgedeckt wird. Zu Beginn müssen die Spieler nur wissen wie ein Spielzug abläuft (1. aufdecken 2. anlegen 3. Meeple setzen/nicht setzen), dass es für fertige Städte/Wege/Klöster Punkte gibt und dass es das Ziel ist am Ende die meisten Punkte zu haben. Alles andere kommt während des Spiels.


    Es ist wesentlich effektiver beim Spielen zu lernen und genau das versuchen die zweigeteilten FFG Anleitungen zu emulieren: Fang erstmal an und hol dir dann was du brauchst, wenn du es brauchst aus dem Zusatzheft. Das zu erklärende Minimum für den Start variiert von Spiel zu Spiel und funktioniert zugegebenermaßen unterschiedlich gut bei unterschiedlichen Spielen.



    Als Beispiel für eine (mMn) gute Anleitung ist mir ganz aktuell die zu "The Manhattan Project 2: Minutes To Midnight" aufgefallen. Dabei muss ich gleich sagen: Hier wird direkt alles erklärt, es ist also nichts mit meiner weiter oben noch gelobten Zweiteilung. Das ist allerdings auch spiel-mechanisch notwendig; es geht sehr um Vorbereitung und das richtige timing, da kann man nicht gut während des Spiels erst erklären was man vor 3 Zügen hätte machen sollen. Ist aber auch so kein Problem: Dank guter Strukturierung, Bebilderung mit jeweils relevanten Ausschnitten und vieler unterhaltsamer und tatsächlich lehrreicher Beispiele macht es viel Spaß die Anleitung zu lesen. Im Spiel geht es um das nukleare Wettrüsten ab Mitte der 1960er Jahre. Thematisch passend heißen die "Spieler" in der Anleitung "Ronald", "Margaret", "Nikita" , "Mao" und "Indira". Gemeint sind Reagan, Thatcher, Chruchtschjow, Tse-Tung und Gandhi. ;) Die machen in den Beispielen auch gerne mal Fehler oder übersehen Dinge, reagieren menschlich oder werden vom Spiel ironisch kommentiert (Beispiele angehängt). So hat man als Leser die Gelegenheit aus Fehlern zu lernen ohne je gespielt zu haben und ist auch noch gut unterhalten. Einzig bei der Berechnung der Verteidigungsboni hätte ich mir noch eine farbliche Unterscheidung zwische Erfolg/Misserfolg bei der Verteilung der Boni gewünscht (der Text ist hier vollständig rot - da hätte eine andere Farbe für erfolgreiche Boni gut getan).


    Wer mal reinschauen möchte: Auf Boardgamegeek kann man sich das Regelheft kostenlos herunterladen: Link zu Boardgamegeek
    Ein paar Beispiele habe ich angehängt.

    tl;dr: Eine grafisch und didaktisch gut gestaltete, unterhaltsam geschriebene Anleitung macht viel aus. Es gibt lange Regelwerke, die ich sehr gern gelesen habe und kurze Regelwerke, die aktiv gegen mein Verständnis zu arbeiten schienen.