Beiträge von yzemaze im Thema „Weisheiten für Autoren vom Guru (Knizia)“

    #Amphipolis

    Die ersten zwei Zeilen deines Comicstrips könnten also in diesem Fall hier imho eher für mich gelten, als für dich.

    Ich mach dann mal einen halben Strich in meiner „Selbstironie verstanden“-Liste ;)


    Vielen, vielen Dank für deine Mühen :) Ich weiß es sehr zu schätzen, dass du dir so viel Zeit genommen hast, um die Punkte genauer zu beleuchten :) Ich weiß jetzt noch besser, warum du Amphipolis magst und es für ein exzellentes Gateway-Spiel hältst. Auch den Spielreiz kann ich nun deutlich besser einschätzen und der Vergleich mit den SdJ war ebenfalls hilfreich.

    tl;dr

    Und daher wird Amphipolis wohl auch bei dir scheitern, egal, was ich hier nun für Argumente oder mutige Prämissen anführe ;)

    Klares Jein ;)

    El Dorado

    Ich mag El Dorado (ED) und es ist seit Einfach Genial (2004, also nur 13 Jahre – mea culpa) in der Tat Knizias für mich interessantestes Spiel, aber es ist mitnichten „mein Schatz” und wenn’s meine Tochter nicht so gerne spielte, wäre es niemals so oft auf dem Tisch gelandet, weil ich Familienspiele exakt nur dann spiele, wenn nichts mit mehr Anspruch möglich ist. Dass es bei uns gelandet ist, lag obendrein hauptsächlich an einer wortwörtlich günstigen Gelegenheit (16 €). Jede Empfehlung eines weiteren Familienspiels/Gateways etc. hat es bei mir also naturgemäß verdammt schwer, wenn es nicht – aus welchen Gründen auch immer – herausragend ist und mich jemand davon überzeugen kann. Die Spiele des Jahres gucke ich mir z. B. im Normalfall höchstens oberflächlich an und befasse mich damit erst näher, wenn hier jemand intensiver darüber berichtet und irgendwas meine Buttons triggert.

    BGG-Avg.

    Hm, ein Average rating von 6,215 schreckt schon sehr ab

    Das eher niedrige BGG avg. rating schreckt mich auch aufgrund der geringen Menge an Wertungen nur bedingt ab.

    Unter meinen 84 8+ Bewertungen bei BGG ist Oltre Mare mit einem Mittelwert von 6,68 allerdings immer noch deutlich höher bewertet. Bei 7+ fallen mir dafür zwei Spiele auf, die ich z. B. für unterbewertet halte: Colorpop 5,71 und Halali 6,12. Ich verstehe allerdings auch bei beiden, warum sie bei vielen nicht so gut ankommen und daher im Mittel nicht so gut bewertet wurden.

    … und endlich die Replik

    Amphipolis ist schön.

    Ich mag haptisch ansprechendes Material, eine Notwendigkeit ist es aber keinesfalls. Artwork hingegen ist ziemlich weit unten auf meiner Prioritätenliste. [s. Über mich – „Spiele, die ich mag: Age of Steam, Kanban, Haggis, Brass, Twilight Struggle, Splotters, abstrakte Spiele“ – noch Fragen? ;) ]

    Amphipolis ist ein Gateway-Spiel, Ra afaik schon gehobenes Familienniveau bis leichtes Kennerniveau

    […]

    So ziemlich alles in dem Absatz ist korrekt. Aber es ist irrelevant für mich. Ich würde Ra z. B. aus genannten Gründen keinem Noob oder Gelegenheitsspieler vorsetzen. Aber darum ging es (mir) auch gar nicht. Es ging um mich – den sagen wir mal „Core Gamer“, der aber „richtig gute Spiele“™ mit weniger Anspruch eben auch zu schätzen weiß und z. B. reine Kartenspiele sehr mag, die sich nur durch ein paar Kniffe von der Masse abheben und ebenfalls gut mit den Fähigkeiten der Spieler skalieren. (Tichu und Haggis sind die besten Beispiele dafür.)

    Die Antwort auf meine Kernfrage, warum ich bei meinen Vorlieben Amphipolis Ra vorziehen sollte, war zwar nicht direkt enthalten. Aber immerhin gab es da einen tauglichen Ansatzpunkt:

    Demnach stimme ich deinem Assessment namens "leicht wie Origamipapier" definitiv nicht zu, da es eben im Zweifelsfall auch anders gespielt werden kann, mit skaliertem Skill Ceiling/Cap. Dann wird nämlich ausgerechnet, wie viele Steinplättchen noch im Sack sind und wie wahrscheinlich es ist, dass in den nächsten drei Zügen das Spiel endet. Oder es wird bis aufs letzte Messer taktiert, ob man vor dem baldigen Spielende noch eine Familie (aus Skeletten) anfangen sollte zu sammeln, oder nicht. Oder es werden Spezialfähigkeitskarten absichtlich zu bestimmten Zeitpunkten gespielt, wo sie anderen Spielern schaden (und nicht nur wenn sie einem selbst nützen), usw. Es gibt sehr viele, möglicherweise versteckte, Stellschrauben in diesem Spiel.

    Das sind gute Gründe, Amphipolis eine Chance zu geben, auch wenn es nicht den von mir normalerweise präferierten Anspruch hat. (Widerspruch? Dann ersetze bitte „hat“ durch „haben sollte“ ;) )

    Amphipolis ist besser als El Dorado.

    Es folgt ein Absatz der die beiden in keiner Weise gegenüberstellt … Argumentativ fragwürdig ;) Die Kritikpunkte bzw. Probleme mit ED kann ich teilweise nachvollziehen. Ich gehe mal davon aus, dass du mit den Vergleichen hinsichtlich anderer Deckbuilder richtig liegst. Angesichts mangelnder Expertise auf dem Gebiet wäre es jedenfalls töricht, dir zu widersprechen. Ich bin definitiv kein „Deckbaufreak“, ja nicht mal ein Freund von Deckbuilding, aber ich weiß den Mechanismus zu schätzen, wenn er sinnvoll in ein Spiel eingebettet ist – so wie bei El Dorado oder A few Acres of Snow, noch lieber sind mir vielleicht sogar Abwandlungen wie bei Great Western Trail.

    Ampipolis ist bei den Kritikern durchweg gut bis sehr gut angekommen.

    Das interessiert mich nur dann, wenn meine Einschätzungen mit „den Kritikern“ erfahrungsgemäß korrelieren – und zwar nicht negativ wie z. B. bei Tom Vasel ;)

    Ich glaube offen gestanden, du bist ein wenig (negativ) voreingenommen.

    Sicher. Bias ist (fast) immer vorhanden.

    Allerdings bin ich nicht negativ voreingenommen gegenüber Knizias Spielen, sondern allen eher leichtgewichtigen (BGG weight < 2,5, SdJ-Niveau etc.) und neuen Spielen generell. Dem cult of the new kann ich obendrein so rein gar nichts abgewinnen. In Ruhe zu warten (so 1-2 Jahre), um dann den Rahm abzuschöpfen, trifft eher meine Vorgehensweise. Ausnahmen dank günstiger Gelegenheiten bestätigen nur diese Regel. Ich hätte schon vor einiger Zeit aufhören können, weitere Spiele zu kaufen, und wäre damit nicht unglücklich. Dann kämen auch Amun Re und Tadsch Mahal mal wieder auf den Tisch und müssten beweisen, dass sie mir auch heute noch gefallen können. Nach all den Jahren und spielerischer Weiterentwicklung ist genau das ja nie sicher … (Das war oben mit „verklärt“ gemeint.)

    Du siehst einen moderneren Knizia und denkst glaube ich tendenziell immer erstmal gleich "oh man, noch eine x-te Knizia-Verwurstung mit paar alten Mechaniken/Ideen von ihm, das kann ja nur schief gehen".

    Nein. „Schade, schon wieder kein Kennerspiel.” könnten eher meine Gedanken dazu sein.

    Nach wie vor in meinen Augen ein oft übersehenes Gem und ein Spiel, dass ich niemals mehr hergeben möchte, welches auch verhältnismäßig oft auf den Tisch kommt - erst recht wenn man die eher niedrige Komplexität (im Vergleich zu dem, was wir in meinen Stammgruppen sonst am Liebsten spielen) betrachtet. Oder anders gesagt: für mich arme Seele DAS Gateway-Set Collection Spiel überhaupt.

    Jeder hat so Spiele – hoffe ich jedenfalls. Das ist ja gerade das Tolle an unserem Hobby: Für (fast) jeden gibt’s das passende Spiel in der passenden Kategorie, man muss es nur finden ;) Die Leidenschaft für ein Spiel dann auch noch in passende Worte fassen zu können, setzt dem die Krone auf :)


    LookAtTheBacon

    Deine Antwort hätte mich schon interessiert :)

    Ich präzisiere versuche mich mal an einer Präzisierung: Was macht Amphipolis so gut, dass es besser ist als die von mir genannten Spiele (und andere ähnlichen Niveaus)? Ich habe mir eine Erklärung (Gameboygeek) angesehen und noch weitere Reviews überflogen und kann den Tipp an jemanden, der die alten Knizias und aus den letzten 15+ Jahren nur El Dorado schätzt und sich auf neue im Kenner-/Expertenbereich freut, nicht wirklich nachvollziehen. Das Ding ist leicht wie Origamipapier und die Ähnlichkeiten zu Ra sind obendrein frappierend – nur fehlt eben das Kernelement der Auktion. Woher der Spielreiz kommen soll, vermag ich u. a. daher nicht nachzuvollziehen. Also warum sollte ich lieber Amphipolis statt Ra spielen?

    was will man mehr?

    Möglichst viele interessante und relevante Entscheidungen.

    Amphipolis ist vermutlich ein passables Gateway-Spiel, vielleicht sogar ein sehr gutes und deine Begeisterung spricht für sich, aber was sollte ausgerechnet ich damit? Warum sollte ich es überhaupt in Erwägung ziehen, wenn ich in der Zeit auch Ra spielen könnte?

    Ich fände es fair, einfach zu akzeptieren, dass sich Reiners eigener Spielegeschmack über 30 Jahre hinweg verändert hat.

    Das habe ich zu Zeiten von Keltis bereits getan – wenn auch widerwillig, da ich Knizias Klassiker (Ra, E&T, Schotten Totten, Samurai, Durch die Wüste, Einfach Genial etc.) sehr schätze. Aber mit der Auszeichnung zum SdJ war für mich klar, dass er wohl nicht mehr an die – teilweise verklärten – „alten Zeiten“ anknüpfen würde. Abgesehen von El Dorado konnte mich seither keines seiner Spiele überzeugen geschweige denn seine Leidenschaft für Spiele spüren lassen. Ob er seine Spiele mag oder leidenschaftlich präsentiert, spielt für mein Empfinden beim Spielen i. ü. keinerlei Rolle.

    Im Gegensatz zu manch anderen bin ich ihm auch keinesfalls böse gesinnt, weil er nicht mehr (oder nur noch sehr selten) Vielspieler-/Expertenspiele entwickelt. Ich fände es nur sehr spannend zu sehen, was er heutzutage mit all den in der Zwischenzeit entwickelten Mechanismen und seinem Erfahrungsschatz in dem Bereich anstellen könnte, wenn er es denn täte. El Dorado ist für mich z. B. einer der besten Deckbuilder überhaupt, weil der Mechanismus da kein reiner Selbstzweck ist. Insofern freue ich mich auf Yellow & Yangtze – auch wenn da wieder einige unken, dass es nur ein hexförmiger Aufguss von E&T wird … Abwarten :)

    Reiner Knizia hat bei Twitter eine Serie mit dem Titel When you design a game gestartet. Manches klingt ein wenig nach Zen, aber im Kern steckt sicher die ein oder andere Wahrheit:

    1. Start with something innovative. This is your best chance to end up with something innovative.

    2. Be an artist, not a scientist. Avoid any fixed methodology, and don’t follow well trampled paths.

    3. Find your own style and handwriting. Following others will not lead you to innovation or glory.

    4. Only design those types of games you enjoy playing, otherwise your passion will not shine through.

    5. Remember that designs are like children. You can only guide them to full potential, but you cannot force them.

    6. Playtesting is the lifeblood of game design. No matter how experienced you are, you must feel the fun.

    7. Be prepared for a long iterative process. Going forward, going backward, taking many detours along the way.



    Zu 4. fallen mir spontan hauptsächlich Gehässigkeiten ein … Es bleibt zu hoffen, dass man seine Leidenschaft für Spiele bei Yellow & Yangtze mal wieder zu spüren bekommt ;)