Also #RailroadRevolution haben die Autoren ja echt versagt.
Das möchte ich so nicht stehen lassen. Das gilt vielleicht für die Spielbalance, aber ansonsten ist das Spiel ein echter Knüller. (...)
Also, ich find halt eben, dass man da nicht von Versagen sprechen, kann wenn man ein Spiel mit so hohem Spielreiz designed. (...)
Das Ding mit der Telegraphenstrategie ist ein schlimmer Designfehler, auch wenn das Spiel sonst sehr viel richtig macht. Es ist mir absolut fraglich wie das beim playtesten nicht auffallen konnte. (...)
Es ist beim Playtesten ganz einfach nicht aufgefallen, weil das Spiel in allerletzter Sekunde geändert wurde. Und zwar afaik vom Verlag, nicht von den Autoren. Es war fertig und die Balance stand. Der letzte offizielle Playtest war soweit mir bekannt Anfang-Mitte September (2016). Danach wurde das Spiel nur noch von der Verlagsleitung verändert, das Artwork finalisiert und alles blitzschnell gedruckt. Die Autoren haben das Endprodukt afaik selbst nicht nochmal abgesegnet bzw. sind für die letzten Veränderungen eben gar nicht verantwortlich. Paul Grogan von Gaming Rules! fragte mich in Essen '16, nachdem es dort released wurde, ob ich "auch so überrascht sei, wie viel sich zum finalen Spiel noch geändert hätte". Er konnte es beim Regelschreiben bzw. letztmaligen Überarbeiten auch nicht glauben, hatte ich das Gefühl. Darauf bin ich aber tatsächlich schon mehrfach hier im Forum eingegangen.
Ich finde es daher also schade, dass Canetta/Niccolini hier so angekreidet werden, obwohl sie meines Wissens nach wenig bis gar nichts dafür können, dass das Endprodukt nicht dem entsprach, was sie designed haben. Was final gedruckt wird, entscheidet am Ende immer noch die Verlagsleitung bzw. der betreuende Redakteur. Und manchmal werden eben Änderungen vorgenommen. Hier wohl aufgrund von "Streamlining", was aber eben leider nach hinten los ging, weil die neuen Werte und Abläufe nicht mehr ausführlich genug getestet werden konnten vor Release.
Zum Vergleich mal die harten Fakten: früher war die Telegraphenleiste bei schlechter Spielweise 50 Punkte wert, bei mittlerer 70 und bei perfekter/bestmöglicher Spielweise exakt 85 Punkte. Heute macht man stets 116 damit. Es lohnt sich also immer, alle Felder zu besetzen und zu verbinden, auch wenn man nicht Erster dort ist und den Bonus dadurch mal verpasst. Die Punktemultiplikatoren bei der mittleren Leiste ("Bahnhöfe") sind übrigens 1:1 gleich geblieben zum letzten mir bekannten Prototypen, nur mal als Relation. 66 Punkte mehr bei ehemals schlechter Spielweise sind also schon ein gehöriges Pfund, 30 bei Bestmöglicher entsprechen immer noch rund einem Auftrag (mittlerweile "Meilenstein").
Tl;dr: Zeitdruck hat die Balance getötet, zusammen mit Angst der Führungsetage. Letzendlich eine Anhäufung falscher Entscheidungen. Aber dennoch ist das Spiel sehr gut spielbar - man muss einfach nur den Leuten vorher Bescheid sagen, dass sie bei den Telegraphen mitmischen müssen, der Rest ist optional und funktioniert.
Lg