Heute am Sonntag meine erste Partie Dreamscape fernab der SPIEL 2019 Kennenlernpartie am Messestand. Entspannte 2er-Partie. Wir waren beide eher skeptisch, ob das Spiel was taugt. Ich hatte es spontan auf der Messe gekauft, weil damals irgendwie alles für mich passte. Dann kamen die kritischen bis negativen Besprechungen, die Ankündigung der weitaus preiswerteren deutschsprachigen Version und ganz viele andere Spiele aufm Tisch, die interessanter schienen und somit blieb Dreamscape bei mir liegen. Auch weil die englischsprachigen Anleitung nicht wirklich gut geschrieben ist. Zwar alles erklärt, aber nicht an den erwarteten Stellen, teils sogar in Beispielboxen ausgelagert.
Dabei ist das Spielprinzp recht einfach: Wir reisen in den Traumlanden umher, sammeln Traumsplittern ein, nutzen Spezialfähigkeiten von Orten und Traumkarten. Danach bauen wir uns unsere eigene Traumwelt aus den Traumsplittern zusammen nach Traumkartenvorlage und sammeln dadurch Schlummerpunkte ein. Das alles ist thematisch gut in die Story des Träumers verpackt und lässt sich fernab der Spielanleitung auch gut erklären, eben weil einfach die Mechanismen zum Thema passen. So schreitet ein Wecker als Rundenzähler voran, wir legen uns nach der Wanderung mit unserem ruhelosen Geist zur Ruhe und auf dem Spielplan hin. Wir formen Traumbilder aus eigentlich abstrakten Elementen, die immer wieder neue Formen bilden und neue Gesamtbilder ergeben, morphen Traumbilder in andere Traumbilder - nichts ist dabei beständig. Die Beschreibungen der Traumkartenvorlagen passen dabei perfekt zu der gezeigten Szenerie, die sich aus den Traumsplittern ergibt.
Toll für alle, die sich darauf einlassen können und wollen. Gefällt mir. Ernüchternd könnte man aber ebenso auch von farbigen Holzscheiben sprechen, die wir einsammeln, um damit dreidimensionale Konstrukte von Auftragskarten zu erfüllen. Stimmt ebenso, entzaubert allerdings das Spiel, wenn man es so auf seine reinen Mechanismen reduziert. Jeder so, wie er mag, aber mir gefällt die thematische Annäherung an das Spiel weitaus besser, als nur die Ansammlung von Mechanismen zu betrachten.
Rein spielerisch gesehen war unsere Partie recht knobellastig mit enormen Optimierungspotential, das ich erst einmal in dieser Erstpartie für mich erschliessen musste, was möglich ist und was eben nicht. Das hat bei mir rund die Hälfte der Erstpartie gedauert, bis es wirklich Klick gemacht hat und ich erkannt habe, was man beeinflussen und optimieren kann und was stark von der Spielreihenfolge und den Sonderaktionen auf seinen Traumkarten abhängt. Beides kann man selbst kontrollieren, man muss nur erfahren, wie man das machen kann. Wer nicht Startspieler ist, findet eine veränderte Ausgangsposition vor, bis man selbst an die Reihe kommt und hat somit weniger Optionen, weil etliche Traumsplitter schon vom Mitspieler beansprucht worden sind. Allerdings hat man selbst mehr Auswahlmöglichkeiten beim Nachziehen von Traumkarten. Beides hat seinen Vorteil, beides gilt es abzuwägen. Dazu braucht es schon eine Erst- und damit Kennenlernpartie, um das wirklich steuern zu können.
Stets bestand die Gefahr, mich in einer Analyse-Paralyse-Optimierungsschleife zu verlieren. Vier Aktionen sind scheinbar arg wenig, besonders wenn man meint, noch mehr als möglich, damit herausholen zu können. Allerdings hatten wir auch mehrmals die Situation, dass ein Aktionspunkt übrig blieb, weil ein angepeiltes Zwischenziel schon mir drei der vier Aktionen erreicht und es schwierig war, entscheiden zu können, was sinnvolles man mit seiner letzten Aktion machen sollte, weil noch nicht klar war, in welche Position man sich für die Folgerunde wird bringen wollen. Da ist noch weitaus effektiveres Spiel möglich. Allerdings lieber in kleiner und aktionsfreudiger Runde, weil ansonsten eine Partie zu lange dauern kann, wenn einer spielt und der Rest zuschaut, wie sich deren Ausgangsituation Zug um Zug weiter verändert.
Am Ende war das Ergebnis recht deutlich, der Punkteabstand gegeben, der sich schon in der vorletzten Runde abzeichnete. Aufholmechanismen gibt es nicht. Da ist Dreamscape gnadenlos und offenbart gutes und ebenso weniger gutes Spiel. Da man die Traumkarten direkt bei Erfüllung abrechnen soll (doch richtig gespielt), wird der Punkteabstand schon während der Partie klar und kann entmutigen. Zwar werden am Ende noch die offen ausliegenden Traumzielplättchen gewertet, aber auch da erkennt man schon vorab, wer Potential hat, diese Punkte für sich abzugreifen.
In Summe und Rückblick gefällt mir Dreamscape gut. Fast schon eine Spur zu heftig mit seinem 3D-Puzzle, weil es arg denklastig werden kann, was man wie und womit optimiert tüfteln kann. Hinter der lieblichen Aufmachung versteckt sich ein knallhartes Kennerspiel. Nicht wegen dem Regelwerk, sondern weil die Aufgabe herausfordernd ist. Dabei haben wir weder die Alpträume dazugenommen und auch nicht mit einem Zusatzmodul gespielt haben. Dreamscape bietet damit noch enormes Entdeckungspotential, spricht allerdings eine sehr spezielle Zielgruppe an, die diese 3D-Puzzle mit einem Baukasten an Aktionsmöglichkeiten lösen mögen.
Eine Regelfrage noch: Die Regel sagt "Eine Runde endet, wenn alle Spieler die Phasen „Reisen“ und „Gestalten“ abgeschlossen haben.". Warum wird hier Reisen erwähnt? Ich dachte, dass erst der Startspieler die Phase Reise ausführt, dann die folgenden Spieler nacheinander. Erst wenn alle Reisen abgeschlossen haben, wird die Phase Gestalten gespielt - entweder nacheinander in Spielreihenfolge oder als Variante zeitgleich. Die Phase Gestalten beendet also die Runde. Richtig verstanden?