Beiträge von MetalPirate im Thema „Agra - Spielboxbewertung“

    Freakgeims : Größtenteils Zustimmung, aber das hier

    für euch Spieler da draussen wohl zu heavy

    hättest du dir auch sparen können. Die teilweise kritischen Worte in den diversen Reviews und Kommentaren kommen sicher nicht von Monopoly-Spielern, sondern von denen, die grundsätzlich bereit sind, sich durch 28 Seiten schlecht geschriebener Regeln zu quälen, und das normalerweise mehrfach, um wirklich alles zu verifizieren, bevor man sich traut, öffentlich etwas Kritisches zu äußern.

    Der Ersteindruck von Agra kann im wahrsten Sinne des Wortes überwältigend sein. Aber ob Agra auf Dauer gegen Spiele ähnlicher Komplexität mithalten kann, daran hätte ich erhebliche Zweifel. Allein schon die Tatsache, dass man weit über eine Stunde zum Erklären braucht und sich vorher haufenweise Detailregeln aus einer schlecht geschriebenen Anleitung draufschaffen muss, wird sehr zuverlässig die Lust begrenzen, Agra irgendwann als Nicht-mehr-Neuheit wieder aus dem Spieleregal zu ziehen.

    Dass solche Spiele in der Umsetzung sowieso nie das Optimum bieten, wie ich es mir wünsche, ist mir eh klar. Für dieses Optimum ist der Markt inzwischen viel zu schnelllebig und der Kostendruck zu hoch.

    Huch?! Gerade bei Agra zieht das Argument mit dem "Kostendruck" doch überhaupt nicht. Hier wurde ohne Sinn und Verstand Geld für eine "Deluxifizierung" eines unreifes Spiels verballert, anstatt sich erstmal zu überlegen, wie man das ganze Geld sinnvoll einsetzen könnte.


    Es ist irgendwo ein Jammer. Man hätte aus diesem Ansatz so viel machen können! Das Spiel zu ein paar kritischen Playtestern schicken und deren Feedback dann ernst nehmen, das hätte vermutlich schon gereicht, um das Spiel positiv aus der Masse heraus zu heben. So wird's letztendlich als "gut gemeint, aber schlecht gemacht" in der Veröffentlichungsflut untergehen.

    andererseits haben wir halt auch handwerkliche Arbeit vorliegen. Und die kann man schon belegbar kritisieren. Übersichtlichkeit (wie Symbole, Farbtrennung etc.), Material, Klarheit (bzw. Vollständigkeit von Anleitung und Texten). Das hat halt mehr mit einem Handwerk zu tun, als mit Kunst.

    Da bin ich voll und ganz deiner Meinung! Aber dann muss man sich in einem Forum wie diesem ein dickes Fell zulegen, wenn die Experten hervorkommen und auf einen ausführlichen Review-Artikel, der etwas in einem dutzend Perspektiven ausführlich beleuchtet, nur mit einem Einzeiler wie "So ein Blödsinn, mir ist noch nie ein Spielstein von der Akbar-Schräge gefallen!" antworten und die Diskussion dann in eine ganz andere Richtung entgleitet... So viel Gelassenheit gelingt mir auch nicht immer, aber das wäre theoretisch das Ziel...

    Thygra : Wir liegen sicher nicht weit auseinander, aber ich würde es eher so sagen, dass eine nicht gerade kleine Gruppe von Spielern sich komplex wünscht und dabei auch bereit ist, eine gewisse notwendige Kompliziertheit zu akzeptieren.


    Komplex geht oft (aber nicht immer!) mit vielen Regeln einher. Das muss jeder akzeptieren, der "komplex" will, sonst wird die Auswahl sehr klein. Problematisch wird es immer dann, wenn eine zu große Regelmenge zum Selbstzweck wird und keinen spielerischen Mehrwert mehr generiert. Übrigens nicht deshalb, weil die Spieler das nicht etwa bewältigen könnten. Komplizierte Expertenspiele kriegen trotzdem oft anfänglich gute Reviews. Das Problem von unnötig komplizierten Spielen ist perspektivisch zu sehen: die Spiele, die ein vergleichbares Spielgefühl und vergleichbare Komplexität mit einer besser zu bewältigenden (zu erklärenden, zu behaltenden) Regelmenge bieten, werden auf Dauer immer die Nase vorn haben und mehr gespielt werden.

    Ben2 : Erstmal vorweg: Ich teile -- nach meinen Beiträgen zu Agra in diesem Thread wenig überraschend -- die inhaltliche Grundaussage deines Beitrages. In meinen Worten: "Da hätte man mit etwas Feinschliff ein richtig gutes Spiel daraus machen können, aber mit diversen handwerklichen Fehlern wurde diese Chance leichtfertig verschenkt." Ich finde es grundsätzlich auch gut, wenn jemand den Mut hat, kritische(re) Meinungen zu äußern und diese zu begründen; das gibt's in der aktuellen Reviewer-Landschaft viel zu wenig. Mit deinem Herumreiten auf gut/schlecht gearbeitet, sauber/nicht argumentiert, ausgewogen/polemisch tust du dir aber meiner Meinung nach keinen Gefallen. Das ist alles nicht so schwarz/weiß...



    Nach deinem Meinungsbeitrag neulich hat's mir schon in den Fingern gejuckt, etwas zu schreiben, aber ich wollte die Diskussion nicht in eine unproduktive Richtung ablenken. Jetzt aber vielleicht doch mal ein kleiner Einwurf, wo ich immer wieder einen (völlig unnötigen!) Reibungspunkt bei dir sehe: Die von dir regelmäßig unterstellte klare Trennbarkeit zwischen "(reine) Meinung" und "Argument" sehe ich als ein Ideal, das in der Praxis im Normalfall nicht lange überlebt.


    Beispiel: "Der Plan ist Mist!" - "Der Plan ist unleserlich." - "Die Worker Placement Felder sind nicht erkennbar." - "Die Worker Placement-Felder sind mit viel zu dünnen Linien eingemalt." - "Die Worker Placement Felder sind teilweise viel zu groß und teilweise kaum erkennbar, weil mit viel zu dünnen Linien eingemalt." - "4 der 20 Worker Placement Felder sind so groß, dass problemlos 20 Worker darauf passen würden und die anderen 16 sind mit Linien der Strichdicke 0,5mm eingezeichnet, und zwar auf unregelmäßigen Positionen, die man stattdessen besser auf ein regelmäßiges 4x4 Gitter gesetzt hätte, wie es von der Logik der Produktionsketten her richtig und passend gewesen wäre."


    Wo genau ist hier die Grenze zwischen "Meinung" und "Argument"? Wie weit muss man als Reviewer in Richtung Argument gehen, bis das deiner Meinung nach okay ist? Ab wann wird's zuviel? Muss man ggf. auch noch begründen, warum erst ab einer Strichdicke von 0,836 mm Linien für das menschliche Auge ab einem Meter Sehentfernung in 80% der Fälle von einer repräsentativen Stichprobe aus männlichen und weiblichen Spieler unterschiedlicher Ethnien als "erkennbar" klassifiziert wurden?


    Das ist immer alles ein fließender Übergang zwischen reiner Meinung und argumentativ gut begründeter Meinung. Argumente sind immer mehr oder weniger viele da und die kann man dann als Leser/Hörer richtig finden oder auch nicht (und manchmal weiß man selbst noch nicht mal, ob man die Argumente richtig oder falsch finden soll). Letztendlich ist das alles nur Meinung, in mehr oder weniger begründeter Form. Mal sind die Begründungen nachvollziehbarer und mal nicht. Ein defintiv richtig oder defitiv falsch sind die jedenfalls selten.


    Eine gewisse Nachvollziehbarkeit der geäußerten Meinung erwarte ich als Leser/Hörer, und du lieferst in dieser Hinsicht in deinem Podcast deutlich mehr als andere Reviewer, dafür ganz klares Daumen hoch, mach bitte weiter so ... aber jedem Reviewer sollte eigentlich auch klar sein, dass er in den seltensten Fällen mehr als Nachvollziehbarkeit liefern kann und damit ist's dann auch gut. Die Einordnung in richtig oder falsch, in glaube ich oder glaube ich nicht, das ist dann immer noch Sache des Rezipienten.


    Klar, mein Beispiel oben mit den 0,836 mm breiten Linien war natürlich weit übertrieben. Absichtlich. Denn wenn es dazu dient, die von dir postulierte klare Trennbarkeit zwischen "Meinung" und "Argument" ein wenig ins Wanken zu bringen, dann hat's vielleicht den Zweck erfüllt...

    [...] bin aber nach wie vor unschlüssig, ob ich das Spiel kaufen soll

    Das Spiel hat ausgeprägte Stärken und genauso ausgeprägte Schwächen. Insofern eher schwer zu bewerten, weil es von persönlichen Gewichtungen abhängt. Aber ich hätte jetzt gedacht, dass spätestens nach diesem Thread, in dem sich viele kompetente Unknown-Mitglieder geäußert haben (plus ein geistige Tiefschläger), jeder Leser in der Lage sein sollte, sich ein relativ gutes Bild von dem Spiel zu machen. Viel mehr Hilfestellung bei deiner Entscheidung bekommst du nicht.

    Ich hab leider das Gefühl das Freakgeims hier versucht das ganze "schön zu reden". Aber es geht doch wenn man XY macht.

    Ich lese zwischen den Zeilen eher ein: "Warum könnt ihr uns nicht dankbar sein dafür sein, dass wir euch ein riesengroßes wunderhübsches Gemälde als Spielbrett und ganz besonderes Spielmaterial statt 8mm-Würfelchen gegeben haben?" Das wahre Problem hier ist doch, dass der Verlag hier anscheinend dachte, die "form follows function"-Prämisse ausgerechnet bei einem schwer zu erlernenden "medium/heavy euro"-Spiel ignorieren zu können. Der arme Freakgeims sitzt da jetzt ein bisschen zwischen den Stühlen...


    Dass man sich Lösungen/Vereinfachungen sucht wie "erstmal alle Zählmarker auf die nicht-schräge Seite stellen", das ist doch soweit normal. Wenn wir Spieler das ab dem dritten Spiel so machen, dann machen Autor und Verlagsmitarbeiter das nach hundert Spielen erst recht, und wahrscheinlich können sie sich gar nicht mehr daran erinnern, wie das war, als sie ohne Übung aus vielen Spielen und ohne vereinfachende Tricks versucht haben, ihre ersten Markersteine aus der pre-production-copy richtig gedreht auf den schrägen Akbar-Plan zu puzzeln.


    Meine persönliche Meinung: Man hätte bei Agra so viel mehr besser machen können und diese Chancen wurden liegen gelassen. Ich wiederhole es noch Mal. Am meisten Leid tut es mich für dich Freakgeims .

    Dafür bekommst du nochmal einen separaten: :thumbsup:


    Das Spiel ist ein schwaches gut mit negativem Ausblick (weil viel zu dicker Regelumfang, um es zukünftig öfter einfach "mal so" aus dem Schrank zu holen). Ich finde das äußerst schade, weil das Spiel so viel besser hätte sein können! Einfach mit etwas mehr Fokus auf Nutzerfreundlichkeit und mit leichtem Streamlining, und da rede ich nicht von "völligem rundrutschen", wie Streamlining manchmal von Vielspielern negativ konnotiert wird, sondern einfach nur von einem Herausstellen des interessanten Kerns beim gleichzeitigen Eindampfen von Sachen, die gemessen am zusätzlichen Regelumfang nicht genügend spielerischen Mehrwert bringen. Ich bin sicher, dass die Spieltiefe dabei nicht notwendigerweise geringer geworden wäre. Stellen, an denen weniger mehr gewesen wäre, gibt es leider bei Agra in rauhen Mengen, siehe z.B. die 10-13 unterschiedlichen Jederzeit-Aktionen oder die ganzen Sondereffekte an den Flusshaltestellen. Einmal kann man so exotische Sachen ja vielleicht machen, aber doch nicht an fünf Stellen parallel!

    Wenn man das Spiel aufbaut, kann man die Zählsteine bereits auf die richtige Seite drehen und sie somit gerade hinstellen

    Machen wir. Aber selbst wenn man weiß, was die schräge Seite ist, dann stellt man gelegentlich die Marker 45° verdreht (1/8 Drehung falsch) auf das schräge Board. Oder schlimmer noch: leicht verdreht, wundert sich, ob das so richtig ist, dreht's ein Achtel in die Gegenrichtung weiter, wird aber andersrum noch schiefer, also erkennt man, dass die Abschrägung nicht zu den Achteck-Querschnitts-Seiten passt. Sowas hätte wirklich nicht sein müssen.


    Und wir reden nicht über nicht erfolgte Deluxe Lösungen, sondern über die normale Spielbarkeit ohne dass man sich rumärgern oder basteln muss.

    Volle Zustimmung! Ein normal-übliches Maß an Spielbarkeit muss gewährleistet sein und das wäre bei Agra auch mit sinnvollen Detaillösungen bei Beibehaltung der starken Betonung der Ästhetik möglich gewesen. Äthetik über Nutzbarkeit, naja, von mir aus. Aber dann bitte nicht so, dass man die Nutzbarkeit komplett opfert. Obwohl: heavy euro mit starken Geschicklichkeitselementen drin ist vielleicht noch eine unbesetzte Nische... ;)


    (Und weil ich Unknowns kenne: nein, ich habe nicht behauptet, dass man die Marker nicht richtig platzieren könnte, und umgefallen ist in meinen Spielen bisher auch nur einmal ein Marker; der hat dann allerdings eine Gildenspalte komplett abgeräumt. Man kann's spielen. Es ist halt "nur" in vielen Punkten wesentlich fummeliger und umständlicher als notwendig, und das hätte nicht sein müssen. Erst recht nicht bei einem Spiel, das genügend andere Ansprüche an die Spieler stellt.)

    Freakgeims : Wenn ich über "usability" schreibe, dann ist es mir wichtig zu betonen, dass ich nicht lästern, jedenfalls nicht hier in diesem Thread in einer Diskussion mit dem Autor. Das muss sachlich und zielgerichtet bleiben, sonst kann man's auch sein lassen. Ich meine, dass die (klar zu sehende!) Betonung der Ästhetik auch mit mehr Nutzerfreundlichkeit möglich gewesen wäre.


    Einfaches Beispiel: die abgeschrägten Marker. Die Zähler für die Gildengunst sind rechteckig. Da ist es kein Problem, sie passend auf den abgeschrägten Plan zu setzen. Zwei Möglichkeiten, eine offensichtlich richtig, eine offensichtlich falsch. Das bekommt man ohne fummeliges richtig-rum-drehen hin. Anders als bei den achteckigen Zählsteinen (Querschnittsform: unfähr Stopschild, minus Produktionstoleranzen). Acht Möglichkeiten, eine davon ist richtig, und wegen der Produktionstoleranzen ist es auch oft nicht einfach zu erkennen, welche der acht Seiten die am meisten abgeschrägte Seite ist. Regelmäßig fummeliges Drehen, bis sie richtig sitzen.


    Warum macht man sowas ausgerechnet bei den Sachen, die man oft braucht? Das ist schlicht und einfach schlechtes Design. Sorry, wenn ich das so hart sage. Bei irgendwelchen Steckverbindern ist man dazu übergegangen, sie so zu designen, dass es entweder nur eine Möglichkeit gibt, sie einzustecken, oder wenn es zwei (oder gar mehr) Möglichkeiten gibt, dann muss (!) es egal sein, wie herum man sie einsteckt. Das ist "state of the art". Warum sind bei Agra z.B. nicht die Zählsteine rechteckig? Wenn man bei den Gildenmarkern doch sieht, wie's geht, warum macht man dann die Zählmarker so fummelig?


    Im Falle von Agra wurden ja zwei Seiten bedruckt. Einmal die (superschöne!) Menzel-Grafik pur, einmal Menzel-Grafik mit dünnen Linien und versteckten Feldern, die man erstmal suchen geht. Wenn man schon zwei Seiten bedruckt, dann hätte auch bei einer davon die neudeutsch "usability" höher priorisiert werden können.


    Irgendwie ist Agra für mich ein typischer Fall von "selbstverliebt in die eigenen Stärken" (wie etwa die Grafik) und "zu viel gewollt". Das ist dann auch etwas, wo ich meine, dass kritisches Feedback von Testern und/oder Redakteur geholfen hätte. Beispiel Anordnung der 4x4 Gebäude. Von der Logik her horizontal die vier unterschiedlichen Produktionslinien mit den vier Rohstoffen am Anfang. Vertikal die Upgrade-Stufen mit Stufen I/II/II/III (wobei das auch schon eine plattgedrückte Baumstruktur ist, weil eine Level-II-Ressourcen zu Level-III weiterverarbeitet werden kann und die andere nicht). Ja, sowas kann man aus künstlerischen Gründen so anordnen, dass die 4x4-Struktur verloren geht, weil die Reihen und Spalten miteinander verschwimmen. Soweit okay. Aber wenn man das tun, dann sollte doch irgendjemand mal anmerken, dass dann die Gebäude und Ressourcenfelder und Upgrade-Pfeile nicht so dünn sein dürfen, dass man sie auf dem Spielplan suchen muss, zumindest solange, bis man das Spiel sehr gut kennt. Mit anderen Dingen wie den einseitig abgeschrägten Zählsteinen (warum zur Hölle achteckig und nicht viereckig?) wurden die gleichen Fehler in Sachen fehlender "usability" (obwohl leicht anders lösbar!) bei Agra leider immer wieder gemacht. Das verleitet mich zur Aussage, dass da im Entwicklungsprozess etwas fundamental schief gelaufen ist. Bei anderen Verlagen, ich sage beispielhaft mal Eggertspiele, wäre sowas garantiert nicht passiert.

    Nach all dem Text hier habe ich große Lust Agra mal auszuprobieren. wie ist das Spiel zu 2?

    Deutlich anders als zu dritt oder zu viert, und das lässt sich auch gut erklären.


    Hauptmechanismus von #Agra ist, dass man (worker placement typisch) reihum bzw. im 2er dann abwechselnd irgendwo Worker einsetzt. Aber die Worker kommen nicht am Rundenende zurück, sondern bleiben stehen, bis sie verdrängt werden. Werden sie von einem Gegner verdrängt, bekommt man selbst einen kleinen Bonus. Will man sie dagegen mit einem eigenen Worker verdrängen (d.h. nochmal nutzen), kostet es zwei Siegpunkte -- Siegpunkte, die bei Agra völlig unsinnigerweise "Geld" heißen, obwohl man "Geld" außerhalb des Verdrängens eigener Arbeiter niemals ausgeben oder investieren kann, und das, obwohl es thematisch ein Handels- und Wirtschaftsspiel ist.


    Außerdem ist erwähnenswert, dass 4 der 20 Einsetzfelder der Ressourcengenerierung dienen, und wieviele Ressourcen man dabei bekommt, lässt sich steigern. Also eigentlich ein typisches engine building Element.


    Aus diesem beiden Punkten ergibt sich eine sehr spezielle Spieldynamik. Normalerweise würde man denken: okay, dann steigern wir erstmal den Ressourcen-Output in irgendeinem Bereich und dann nutzen wir das möglichst oft. Das geht in Agra wegen der Verdrängerei so nicht. Man aktiviert z.B. die Steinproduktion, freut sich über die fünf oder sechs Steine, die man gerade aus seinem aufgemotzten Steinbruch rausgehauen hat (statt zwei bei Spielstart) ... und dann realisiert man, das es das erstmal war in Sachen Steinbruchaktivierung, bis man dort wieder verdrängt wird, denn die 2 Siegpunkte, um es selbst zu aktivieren, ist es im Normalfall nicht wert.


    Daraus ergibt sich auch eine ziemlich unterschiedliche Dynamik je nach Spielerzahl. Bei mehreren Spielern lohnt es sich, auf die gleiche Ressource zu setzen wie ein Mitspieler. Spieler A und B setzen auf Stein, Spieler C auf Holz. A und B verdrängen sich mehrfach gegenseitig, kassieren jeweils Boni und aktivieren immer wieder ihre "engine", während C seinen Wald nur ein einziges Mal aktiviert und dann der Worker dort versauert, weil A und B natürlich nach Kräften versuchen werden, C möglichst nicht dort rauszuwerfen, sondern sich ihr benötigtes Holz anderweitig zu besorgen (und wirklich strikt "benötigt" ist in dem Spiel wenig). Man braucht jetzt nicht groß betonen, dass C in diesem Spiel aus dem Rennen ist. Deshalb gefällt mir Agra zu viert auch besser als zu dritt, weil sich da meiner Meinung nach aus dem Mechanismus heraus zwingend unter guten Spielern 2-gegen-1 Situationen ergeben müssen. Weil es halt optimal ist und der Mechanismus das genau so fördert. Warum sollte man sich die Chance entgehen lassen, einen Mitspieler mehr oder weniger aus dem Spiel zu nehmen?


    Zu zweit ist es nochmal etwas ganz anderes. Zu zweit gibt es einen Stellungskrieg mit wenig Bewegung. A und B besetzen jeweils eine Hälfte der Einsetzfelder (minus freie unbesetzte Gebäude) und versuchen, den Gegner möglichst nirgens rauszuwerfen, wo er einen größeren Vorteil davon hätte, insbesondere wenn er ein Produktionsgebiet gut ausgebaut hat. Damit ist dann auch engine building in dieser Richtung nur bedingt sinnvoll; wenn der Gegner nicht dumm ist, wird er einem die Nutzung davon nicht erlauben. Außerdem bekommen meiner Meinung nach so Sonderfunktionen wie "eigenen Worker für 1 statt 2 verdängen" (über eine der Personen) oder das Gunstplättchen "gegen Abgabe von Meditationspunkten einen eigenen Worker kostenlos verdrängen" im 2er schon fast spielentscheidende Bedeutung. Zumindest mal sind sie um Klassen besser als im 3er- oder 4er-Spiel. Denn im 2er erlauben die dann eine eigene Engine-Nutzung in einem Maße, wie das sonst nicht geht.


    Insgesamt finde ich Agra gut, aber ich denke, man hätte wesentlich mehr als der Grundidee rausholen können. Für mehr als ein knappes "gut" hat das Spiel einfach zu viele Schwächen, das muss ich so offen sagen, auch wenn der Autor hier mitliest. Die superschöne Grafik verdeckt vieles und man möchte das Spiel als Fan komplexer Spiele eigentlich gut finden, aber wenn ich ehrlich zu mir selbst wäre, müsste ich es eigentlich verkaufen, denn in dem gleichen Segment gibt es genügend Spiele, die ähnliche Spielerlebnisse bieten, ohne die Schwächen von Agra zu haben. Insbesondere das Problem, dass man das Spiel erstmal eine Stunde erklären muss, wird dafür sorgen, dass es vermutlich in den nächsten Jahren nicht mehr allzu oft aus dem Spieleschrank geholt werden wird. Meine Note wäre 7/10.

    Es gibt nun einmal auch Expertenspieler, die gerade in der Komplexität und Tiefe eines Spiels (und dazu gehören ggf. auch knackige Spielregeln inkl. "Sonderregeln") ihre Freude finden.

    Nicht jede komplizierte Regel bringt automatisch Spieltiefe. Und umgekehrt braucht's keine dicke Regeln für ein tiefes Spiel (siehe z.B. Concordia).

    Ich sehe die Punkte von MetalPirate genauso.

    Mooooment mal. Mein einziger Eintrag bisher in dem Thread war die Frage, was denn die Spielbox an Agra zu kritisieren hatte (was wohl maßgeblich dann zur Auslagerung geführt hat). Die Kritikpunkte hat dann PeterRustemeyer genannt. Diese würde ich übrigens weitgehend so unterschreiben.


    aber bei Agra ist so viel unnötiges Geschwurbel außenrum

    Volle Zustimmung! Allein die Erklärung. So viele kleine Extras! Gar nicht mal Sonderregeln im eigentlichen Sinne. Sondern so Zeug wie den Fluß, wo an jeder Haltestelle nochmal etwas eigenes passiert. Wer soll das noch am Ende einer mindestens 45-minütigen Erklärungsorgie auch noch aufnehmen?


    Ich sehe es auch so, dass in Agra ein tolles Spiel steckt, aber das hätte ein fähiger Redakteur mit etwas dezentem Streamlining erst aus diesem Chaos von Möglichkeiten herausschneiden müssen.


    Wieviel "Raum" sollte man einem Spiel wie Agra geben? Wann sind die "Räume" zu gross/klein?

    Beispielsweise finde ich es zuviel, wenn man zu einem eh schon komplexen Rundenablauf, der drei Phasen braucht und bei dem Zählsteine in 20 verschiedenen Bedeutungen verwendet werden (*), nochmal bis zu 13 (!!!) Jederzeit-Aktionen dazupackt (**). Und wenn man das schon macht, dann müssen Regelqualität und Benutzerfreundlichkeit bei Material und Spielplan auf Top-Niveau sein, und das sind sie bei Agra nicht.


    (*): 16 Ressourcen, Gunst, Anzeige gelieferter Waren bei Akbar, Anzeige gelieferter Waren bei Gilden, Anzeige gelieferter Waren bei den Persönlichkeiten

    (**): 3 Varianten der Öl- und Curry-Aktion, 3 für alle identische Gunst-Aktionen, bis zu 3 individuell unterschiedliche Gunst-Aktionen, 4 Luxuswaren-Aktionen