Nach all dem Text hier habe ich große Lust Agra mal auszuprobieren. wie ist das Spiel zu 2?
Deutlich anders als zu dritt oder zu viert, und das lässt sich auch gut erklären.
Hauptmechanismus von #Agra ist, dass man (worker placement typisch) reihum bzw. im 2er dann abwechselnd irgendwo Worker einsetzt. Aber die Worker kommen nicht am Rundenende zurück, sondern bleiben stehen, bis sie verdrängt werden. Werden sie von einem Gegner verdrängt, bekommt man selbst einen kleinen Bonus. Will man sie dagegen mit einem eigenen Worker verdrängen (d.h. nochmal nutzen), kostet es zwei Siegpunkte -- Siegpunkte, die bei Agra völlig unsinnigerweise "Geld" heißen, obwohl man "Geld" außerhalb des Verdrängens eigener Arbeiter niemals ausgeben oder investieren kann, und das, obwohl es thematisch ein Handels- und Wirtschaftsspiel ist.
Außerdem ist erwähnenswert, dass 4 der 20 Einsetzfelder der Ressourcengenerierung dienen, und wieviele Ressourcen man dabei bekommt, lässt sich steigern. Also eigentlich ein typisches engine building Element.
Aus diesem beiden Punkten ergibt sich eine sehr spezielle Spieldynamik. Normalerweise würde man denken: okay, dann steigern wir erstmal den Ressourcen-Output in irgendeinem Bereich und dann nutzen wir das möglichst oft. Das geht in Agra wegen der Verdrängerei so nicht. Man aktiviert z.B. die Steinproduktion, freut sich über die fünf oder sechs Steine, die man gerade aus seinem aufgemotzten Steinbruch rausgehauen hat (statt zwei bei Spielstart) ... und dann realisiert man, das es das erstmal war in Sachen Steinbruchaktivierung, bis man dort wieder verdrängt wird, denn die 2 Siegpunkte, um es selbst zu aktivieren, ist es im Normalfall nicht wert.
Daraus ergibt sich auch eine ziemlich unterschiedliche Dynamik je nach Spielerzahl. Bei mehreren Spielern lohnt es sich, auf die gleiche Ressource zu setzen wie ein Mitspieler. Spieler A und B setzen auf Stein, Spieler C auf Holz. A und B verdrängen sich mehrfach gegenseitig, kassieren jeweils Boni und aktivieren immer wieder ihre "engine", während C seinen Wald nur ein einziges Mal aktiviert und dann der Worker dort versauert, weil A und B natürlich nach Kräften versuchen werden, C möglichst nicht dort rauszuwerfen, sondern sich ihr benötigtes Holz anderweitig zu besorgen (und wirklich strikt "benötigt" ist in dem Spiel wenig). Man braucht jetzt nicht groß betonen, dass C in diesem Spiel aus dem Rennen ist. Deshalb gefällt mir Agra zu viert auch besser als zu dritt, weil sich da meiner Meinung nach aus dem Mechanismus heraus zwingend unter guten Spielern 2-gegen-1 Situationen ergeben müssen. Weil es halt optimal ist und der Mechanismus das genau so fördert. Warum sollte man sich die Chance entgehen lassen, einen Mitspieler mehr oder weniger aus dem Spiel zu nehmen?
Zu zweit ist es nochmal etwas ganz anderes. Zu zweit gibt es einen Stellungskrieg mit wenig Bewegung. A und B besetzen jeweils eine Hälfte der Einsetzfelder (minus freie unbesetzte Gebäude) und versuchen, den Gegner möglichst nirgens rauszuwerfen, wo er einen größeren Vorteil davon hätte, insbesondere wenn er ein Produktionsgebiet gut ausgebaut hat. Damit ist dann auch engine building in dieser Richtung nur bedingt sinnvoll; wenn der Gegner nicht dumm ist, wird er einem die Nutzung davon nicht erlauben. Außerdem bekommen meiner Meinung nach so Sonderfunktionen wie "eigenen Worker für 1 statt 2 verdängen" (über eine der Personen) oder das Gunstplättchen "gegen Abgabe von Meditationspunkten einen eigenen Worker kostenlos verdrängen" im 2er schon fast spielentscheidende Bedeutung. Zumindest mal sind sie um Klassen besser als im 3er- oder 4er-Spiel. Denn im 2er erlauben die dann eine eigene Engine-Nutzung in einem Maße, wie das sonst nicht geht.
Insgesamt finde ich Agra gut, aber ich denke, man hätte wesentlich mehr als der Grundidee rausholen können. Für mehr als ein knappes "gut" hat das Spiel einfach zu viele Schwächen, das muss ich so offen sagen, auch wenn der Autor hier mitliest. Die superschöne Grafik verdeckt vieles und man möchte das Spiel als Fan komplexer Spiele eigentlich gut finden, aber wenn ich ehrlich zu mir selbst wäre, müsste ich es eigentlich verkaufen, denn in dem gleichen Segment gibt es genügend Spiele, die ähnliche Spielerlebnisse bieten, ohne die Schwächen von Agra zu haben. Insbesondere das Problem, dass man das Spiel erstmal eine Stunde erklären muss, wird dafür sorgen, dass es vermutlich in den nächsten Jahren nicht mehr allzu oft aus dem Spieleschrank geholt werden wird. Meine Note wäre 7/10.