Beiträge von fjaellraeven im Thema „sachkundigere Kritiken“

    Das mit dem grünen Hintergrund/Greenscreen ist so eine Sache. Ich glaube mich an ein paar Videos von Hunter und Cron zu erinnern, in denen der Hintergrund komplett schwarz war. Dadurch war zwar nur das Spiel/der Rezensent selbst zu sehen, aber die Stimmung war doch sehr gedrückt. Mit einem grünen Farbton hat man natürlich eine freundlichere Grundstimmung, aber komplett grün wäre mir persönlcih deutlich zu monoton. Für alle kann ich da aber nicht sprechen, das ist mein Empfinden.


    Es stört mich überhaupt nicht, wenn im Hintergrund etwas anderes zu sehen ist. Bei Victoria Parta ( PE74 ) hängen Bilder im Hintergrund, die Katze huscht durch das Bild und trotzdem liegt der Fokus auf dem wichtigsten im Video: der Kaffeetasse von Chris, aus der er ab und an mal ein Schlückchen nehmen kann. Die Tischdeko in den Videos ist auch ganz nett, aber eben nur Beiwerk. Ich warte auch schon länger auf Kaffeesortenrezensionen. Vielleicht auch eine Top 25?

    Bei No Pun Included/Shut Up & Sit Down ist das Format ein ganz anderes. Da geht es zwar auch um das Spiel, es wird aber auch viel Wert auf den Unterhaltungsfaktor des Videos gelegt. Auch bei Teilen des Videos, in denen das Spiel selbst im Vordergurnd steht, ist der Hintergrund oft überladen. Ablenken tut es aber nicht. Natürlich schweift der Blick mal durch den Raum, aber ich höre trotzdem weiter zu. Zur Not kann ich ja auch zurückspulen. Rezensenten wie Hunter und Cron pder Tom Vasel haben im Hintergrund oft eine Spielewand (zumindest wenn es zum Fazit geht). Das finde ich als Spieler sehr schön. Dort pausiere ich dann vielleicht auch mal und versuche die Spiele zu erkennen. Hier Pausiere ich aber absichtlich, weswegen die Ablenkung während des Schauens nicht gegeben ist. Bei der Spielerklärung liegt der Fokus bei beiden Kanälen auf dem Spiel selbst, da ist selten mehr als das Spiel und der Tisch zu erkennen. Für den Regelteil ist das ein guter Ansatz, da der Bildausschnitt nicht nur den Fokus auf das Spiel legt, sondern auch die einzelnen Komponenten besser erkennbar sind.

    Insgesamt empfinde ich aber einen abwechslungsreichen Hintergrund als viel ansprechender. Wenn der Hintergrund bei mehreren Videos der selbe bleibt, dann ist auch ein eigentlich überladener Hintergrund kein Problem, da man sich nach ein oder zwei Videos an den Hintergrund gewöhnt hat und ihn kaum noch beachtet. Trotzdem sprechen mich die verschiedenen Formen/Farben des Hintergrundes mehr an als eine grüne Wand.

    Ich muss sagen, dass es mir bei der Rezension von @HDScurox nicht wirklich aufgefallen ist und ich es nicht als störend empfunden habe. Das kommt aber auch darauf an, wie das Video aufgebaut ist. Wenn es in einem Take gedreht wird, dann sind vielleicht mal die Regeln zu sehen, aber es gibt auch keine Schnitte wie bei anderen Rezensionen. Ben vom Brettspielblog dreht seine Rezension zum Beispiel oft spät abends und redet währenddessen mit seinen Zuschauern. Gelegentlich eignet er sich die Regeln auch erst an diesem Abend an und spielt dann die Partie, über die er seinen Ersteindruck verfilmt. Bei Rezensionen schlägt er wohl auch mal nach, nur fällt es nicht auf, da diese Stellen wie einiges andere aus dem Video geschnitten werden. Es ist meine Meinung, aber ich finde Videos, die in einem Take gedreht werden, deutlich anspruchsvoller. Der Rezensent muss in diesem Fall einen Plan haben und sollte auch die Regeln können, denn er hat im Regelfall keine Möglichkeit etwas nachzulesen, ohne dass dies dem Zuschauer auffällt.

    Ein weiterer Punkt ist die angesprochene Zeit, die für einen Dreh drauf geht. Von daher verstehe ich, dass es die Rezension vielleicht mal ein paar Tage oder Wochen nach dem Spielen gedreht wird. Das Wichtige ist hier, dass der Rezensent sich in diesem Fall an das Spiel erinnert oder es sich nochmal aneignet. Im Regelfall wird er das bei keinem Spiel machen, dass ihn nicht auch persönlich abgeholt hat. Einen Verriss wird der Rezensent wohl auch so mit etwas Abstand drehen können, da hier mehr auf die Fehler eingegangen wird als auf die Regelfeinheiten, die für ein weiteres Spielen von Interesse wären. Bei der Gaia Project Rezension von @HDScurox habe ich gemerkt, dass er sich intensiv mit dem Spiel auseinandergesetzt hat und eine fundierte Meinung zu dem Spiel zu präsentieren hat. Egal ob negativ oder positiv, sowas merke ich als Leser/Zuschauer und darauf lege ich sehr viel wert. Ein Tom Vasel hat sage und schreibe eine oder zwei Partien gespielt, bevor er die Rezension gefilmt hat. Natürlich hat er mit seinem Kanal keine Zeit um jedes der rezensierten Spiele ein Dutzend Mal zu spielen, aber bei solchen "Schwergewichten" sollte man sich doch etwas intensiver mit dem Spiel und seinen Mechaniken auseinander gesetzt haben.

    Dazu kommt, dass man die Vorlieben der Rezensenten kennen muss um deren Wertung am Ende auf sich umzumünzen. Eine Brettspielblog-Videorezension über ein Euro ist etwas ganz anderes als ein Video von Victoria Parta über das gleiche Spiel. Wenn ein Spiel ein unchristliches Thema hat, dann brauche ich den Dice Tower erst gar nicht schauen. Entweder kommt erst gar kein Video oder es wird aufgrund der Thematik deutlich abgewertet (Chaos in der alten Welt z.B.). Dafür weiß ich, dass Spiele mit viel Plastik mindestens ein oder zwei Noten zu hoch bewertet werden - aus meiner Sicht. Als Neuling im Hobby kann ich mir aufgrund einer Rezension von Rezensent A ein Spiel holen, welches mir gar nicht zusagt. Das liegt dann daran, dass Rezensent A einfach einen ganz anderen Spielegeschmack hat als ich selbst, das aber durch das Schauen eines einzelnen Videos gar nicht wissen kann. Wenn ich öfter etwas schaue/lese, dann merke ich vielleicht, dass Rezensent B Spiele viel eher so bewertet, wie ich das auch tun würde.

    Der Punkt mit den Regelerklärungen ist wieder ein anderer. Manche Rezensenten bieten Regeln/Let´s Play und Rezension in getrennten Videos an, andere fassen alles in einem Video zusammen. Hier spreche ich auch wieder nur für mich:

    Ein grober Überblick ist schön, die Details erarbeite ich mir meist selbst. Das liegt zum einen daran, dass ich mir keine 60+ Minuten ein Video anschauen möchte, wenn ich gar nicht weiß, ob das Spiel denn etwas für mich ist. Der Sprung oder das reine Schauen des Fazits ist aber auch problematisch. Kenne ich den Rezensenten nicht, dann kann ich dieses Fazit für mich nicht sinnvoll einordnen. Wenn im Fazit nochmal grob das Spiel umrissen wird, dann ist das deutlich sinnvoller, aber dann stellt sich für mich die Frage, warum man das Fazit nicht als separate Rezension hochgeladen hat. Manche Menschen mögen die Regeln durch Video schauen lernen, ich gehöre nicht dazu. Ich muss aber sagen, dass ich großen Respekt vor solchen Videos habe. Um beim Beispiel Gaia Project zu bleiben, Hunter und Cron haben da ein sehr langes Video zu gedreht. Das finde ich wirklich respektabel, ich bezweifle aber, dass sich viele Leute das ganze Video anschauen werden. Es ist etwas anderes, wenn in einem Video ein grober Überblick gegeben wird und ich das Video vielleicht nebenher laufen lassen kann oder ob ich mich auf das Video konzentrieren muss, da die Regeln teils anstrengend sind. Im Zweifelsfall habe ich die 60 Minuten geschaut und am Ende doch nichts verstanden. In der Videoform finde ich da No Pun Included sehr ansprechend. Das Spiel steht im Vordergrund, die Videos sind aber auch sehr unterhaltend gestaltet. Das ist dann aber auch nichts, was man mal so nebenher macht, sondern etwas, für was man finanzielle Unterstützung benötigt. Für die meisten deutschen Rezensenten ist dies schlicht nicht machbar. Was mich ebenfalls anspricht an der Arbeit von No Pun Included ist, dass sie ein Video die Woche veröffentlichen. Diese Zeit werden sie auch für den Dreh und Schnitt benötigen. Trotz dem Witz, den die Videos oft haben, sind sie trotzdem informativ und geben einen groben Überblick ohne mich anzustrengen.

    Reine Regelvideos schaue ich selten. Hier muss ich aber sagen, dass ich Ben2 ´s Videos zu Arkham Horror mehrfach gesehen habe. Die waren auch lang und anstrengend, aber sie haben mir beim Verständnis des Spiels geholfen und sie waren auch nicht als typische Rezension geplant. Das war damals auch mein Einstieg in die "richtige" Brettspielwelt und ich war dankbar, dass Ben sich damals die Zeit für die Videos genommen hat. Das zeigt aber auch, dass es anderen heute so gehen wird wie mir. Während ich die langen Regelparts nicht unbedingt brauche, so werden andere dankbar dafür sein. Es kommt wie bei vielen auf den einzelnen an, aber ich finde es trotzdem elegant, wenn man im Fazit das Spiel nochmal grob charakterisiert und bewertet. Bei Interesse kann ich mir dann den Regelteil anschauen. Wenn die beiden Teile dann noch getrennt werden in Regel und Fazit, dann wirkt das Video auch nicht mehr so abschreckend auf den Zuschauer.

    Bei Textrezensionen ist es gar nicht möglich alle Regeln niederzuschreiben, zumindest ab einer gewissen Komplexität. Das ist auch gut so, denn ähnlich wie 60 Minuten Video, können auch 10 Seiten Text abschreckend sein und mein Interesse am Spiel oder dem Rezensenten stark herunterfahren. Wenn mich ein Spiel wirklich interessiert, dann schaue ich zwar auch mal Videos dazu, aber ich lese viel lieber Rezensionen. Für mich müssen es aber keine "professionellen" Spieletester sein, Blogger haben oft einen anderen Blickwinkel auf die Spielwelt und BoardGameGeek-Nutzer sind oftmals am authentischsten. Mehrere Blickwinkel ergeben dann oft ein anderes Bild und beugen den Verzerrungen, die durch den Einzelnen entstehen können, vor.

    Eine Sache finde ich jedoch noch schwierig und das ist die Bewertung selbst. Jeder Rezensent hat da für sich einen Schlüssel entwickelt, aber manchmal verstehe ich den Zusammenhang zwischen dem Gesprochenen und der letztlichen Bewertung nicht. Da wurde zum Beispiel ein Spiel im Video gut dargestellt und auf BGG sehe ich dann, dass genau dieser Rezensent das Spiel mit einer 5 (Average - Slightly boring, take it or leave it) bewertet. Irgendwie passt das für mich nicht zusammen und durch das Schauen des Videos wäre ich nicht darauf gekommen, dass das Spiel doch eher schlecht wegkommt. Das liegt vielleicht auch daran, dass der Output an Videos hoch sein muss und der Fokus auf Reichweite und Wachstum gelegt wird. Das trifft nur auf einen Teil zu, aber dieser Teil stört mich, da die Qualität aufgrund der Quantität leidet und der Zuschauer am Ende der Doofe ist. Mit einer einfachen Note, wie sie in vielen Textrezensionen oder zum Beispiel bei Hunter und Cron unter den Videos vergeben wird, lässt sich das verhindern. Dabei muss ein Spiel nicht auf einer Skala von 0-100 bewertet werden. Einfache Schulnoten oder eine 1-10 zur groben Einordnung tuen es auch.


    Insgesamt finde ich, dass weniger manchmal mehr ist. Das bezieht sich sowohl auf die Länge, als auch auf die Anzahl der produzierten Videos. Natürlich muss das jeder selbst für sich entscheiden und ich verstehe auch, dass manche Rezensenten eventuell auf die Masse angewiesen sind, da sie so mehr Zuschauer erreichen und sich eine Existenz schaffen. Der Idealfall wäre natürlich, dass es wie in Amerika oder Großbritannien Rezensenten gibt, die gut von ihrer Arbeit leben können. Da gibt es nicht nur Patreon-Unterstützer, sondern richtige Kampagnen der einzelnen Personen. Für so etwas ist der deutschsprachige Spielemarkt wahrscheinlich zu klein, als dass sich da vergleichbar viele Personen behaupten könnten. Ich für meinen Teil würde es jedem gönnen, der Herzblut in die Arbeit steckt und gute, ehrliche Arbeit leistet.