Beiträge von Archibald Tuttle im Thema „Schwerkraft: verbesserungswürdige Informationspolitik?“

    Das heißt (so würde ich es behaupten, aber offenbar ernte ich damit aus Blick der Althistoriker Widerspruch), dass man in breiten Teilen der Geschichtswissenschaft von festen Epochenstrukturen als "historischen Einheiten" nicht mehr allzu viel hält :) Aber selbst wenn man das nicht tut, ging es ja eigentlich nur darum, dass "Expansionsperiode" blöd klingt.

    Mir ging es abstrakt um historische Theoreme, unabhängig von der jeweiligen Abteilung (und Braudel ist, wenn Du ihn kennst, nun ganz sicher nicht in der neueren Abteilung zu verorten). Ich hätte auch mit Foucault argumentieren können, der ist ja nicht gerade dafür bekannt, sich für irgendeine historische Epoche zu schade gewesen zu sein, und sein Modell der Diskursgeschichte lässt sich (und wurde ja auch) für Texte aus allen Zeiten einsetzen. Aber ich vermute, Du hast primär mit Althistorikern zu tun, und wenn da Epochenstrukturen und -historisierungen noch wesentlich relevanter sind, dann will ich das gerne als Wissenslücke ausstellen. Aber wir kommen hier ganz schön weit weg vom Thema, mir ging es ja nur darum, dass die Erweiterung einfach nicht wirklich schön übersetzt ist. Das hingegen ist jetzt zumindest eher eine stil- und kontextorientierte übersetzungstheoretische Frage.

    Und Historiker sprechen heute ganz bestimmt und aus guten Gründen nicht mehr von Periodisierungen, da gibt es einen ganzen Forschungsstreit zu, der jetzt auch schon fast 100 Jahre alt ist.

    Sry, aber auf welcher Grundlage triffst Du diese faktische Aussage?

    Ja, war wohl zu faktizistisch formuliert. Aber zumindest zwei historische Schulen lassen sich klar gegen die Verwendung von klaren "Epochen" und "Perioden" finden: Zum einen die Annales-Schule nach Marc Bloch, die auch hierzulande sehr einflussreich war und die nicht nur das zu untersuchende Material verändert hat, sondern auch Kontexte zu Nachbardisziplinen wie der Soziologie geöffnet hat. Und die dabei eben nicht mehr von den ursprünglichen festen "Epochen" ausging, sondern stattdessen eher Mikro- und Makroebene ins Spiel brachte, von großen historischen Verläufen wie der "longue durèe" Braudels bis hin zur exakten Studie kleinster Mikrokosmen eines bestimmten Stadtarchivs. Zumindest in meinem Geschichtsstudium wurde immer und immer wieder betont, dass die Zeit der großen Überblicksdarstellungen und -forschungen endgültig vorbei war, und die gesammelte mediävistische Abteilung wehrte sich mit aller Macht gegen die Idee eines starren Zeitraums ohne fließende Übergänge. Mithin wäre dann für mich der wichtigste Gewährsmann Lyotard und seine Darstellung des "postmodernen Wissens" mit seiner Forderung, die "grand recits" der Vergangenheit durch "petit recits", also durch kleinere Unterteilungen, orts- und zeitbezogene Detailstudien abzulösen, die genauer historische Abläufe darzustellen in der Lage sind und die dadurch die sog. Metanarrative wie Kultur-Natur, Fortschritt-Dekadenz, Apokalyptiker-Integrierte etc. unterlaufen können.

    Quatsch. Das Wort findet sich historisch lediglich in ein paar ethnologischen und religiösen Schriften aus dem 19. Jahrhundert, ich hab Grad zum Spaß mal eine Volltextsuche in einer Literaturdatenbank laufen lassen. 10 Suchtreffer In etwa 100.000 kultur- und geisteswiss. Veröffentlichungen, keine davon nach 1872.

    Und Historiker sprechen heute ganz bestimmt und aus guten Gründen nicht mehr von Periodisierungen, da gibt es einen ganzen Forschungsstreit zu, der jetzt auch schon fast 100 Jahre alt ist.

    Da ich die dt. Fassung nicht mehr habe, kann ich da keine Details mehr nennen. Das war einfach nach Innovation und Kanban (zwei absoluten Katastrophen) dann das erste Spiel was ich nochmal von Schwerkraft gekauft habe, und da waren wieder irgendwelche Terminologien so übersetzt, dass zumindest ich nicht wusste, was die von mir wollen. Und ein Blick ins Englische machte es dann um einiges klarer.

    Ich hab nix gegen die anderen genannten Beispiel, das sind alles freie Übersetzungen, die funktionieren. Aber Ausbreitungsperiode ist erstens ein Neologismus, zweitens wäre das normalerweise ein Genitiv-Kompositum ("Epoche der Ausbreitung"). Außerdem steht "Periodisierung" in der Geschichtswissenschaft für ein veraltetes Geschichtsverständnis, Epoche oder Zeitalter wäre hier neutraler gewesen. Jede/r Lektor/in hätte das angestrichen und als "unschön" markiert. Und für genau diese Übersetzungsschwächen finde ich vorrangig bei Schwerkraft-Titeln weitere Beispiele.

    AndreasB78 Versandkostenfrei ab 29 Euro - da fehlt ja dann nun echt nicht so schrecklich viel....


    Und mich stört neben dem Geschäftsgebahren eben auch die oft lausige Übersetzungsqualität bei Schwerkraft, zumindest bei den Titeln, die ich mal von denen gespielt habe (allzu viele waren es nicht): Kanban war damals völlig inkohärent übersetzt, Innovation grausam getextet, und bei Teo sind etliche Ungereimtheiten in der deutschen Anleitung. Alles drei Titel, die ich seither lieber auf Englisch besitze und ziemlich zufrieden mit den Versionen bin.