Beiträge von PeterRustemeyer im Thema „Wie entwickelt man bitte ein Spiel??“

    Als Besipiel ein workerplacement Spiel, das im Detail irgendeine Variation des Einsetzmechanismus hat. Für Fans des Genres kann das ein super spannender Kniff sein, dagegen für Leute, die sowas nur ganz nett finden, nur eine Variation von Bekanntem. Hier versucht ein Autor nicht das grundsätzliche Spielgefühl zu verändern. Wer das Spielgefühl an sich sehr mag, freut sich über die Abwechslung und sieh neues, wer sich ein anderes Spielgefühl erhofft, sieht nur bekannte Mechanismen.


    Gerade bei sowas wie Worker Placement ist "zu viel Innovation" auch gefährlich.


    Worker Placement: Eine Anzahl Felder, die irgendwelche Aktionen erlauben, und eine Anzahl Figuren, die dort reihum eingesetzt werden. Immer nur einer auf ein Feld, so dass die Reihenfolge wichtig wird, dass es ein "Wettrennen" um attraktive Felder gibt. Meist werden durch die Aktionen irgendwie "Rohstoffe" erlangt, um "Aufträge" zu erfüllen oder sonstwie Siegpunkte zu bekommen.


    #SäulenderErde bricht mit der Reihenfolge "reihum".

    In #LordsofWaterdeep gehört ein Teil der Felder einzelnen Spielern ("kommst du zu mir, krieg ich auch was").

    #Euphoria bricht mit der Restriktion, dass auf ein Feld nur ein Arbeiter darf.


    Die ersten beiden sind nur "sanfte Variationen". Das sind schon neue Ideen, aber sie ändern nichts am grundsätzlichen Spielgefühl.

    #Euphoria dagegen ist eigentlich kein "Worker Placement" mehr. Durch den Wegfall des "Wettrennens" entsteht - imho - ein Gefühl der "Beliebigkeit": ich kann immer alles machen. Es ist "das Innovativste" der drei, aber - wieder imho - dennoch auch gleichzeitig die "schlechteste Innovation".

    Wie ist das denn bei den Designern heutzutage? Kann man Spiele ohne grafische Gestaltung einreichen und kriegt dann einen Grafiker gestellt (vermutlich teilweise)? Bei Kickstarter funzt das ja weniger, da muss ich schon "alles" zeigen, um erfolgreich zu sein.



    Dein Spiel sollte in einem funktionalen Zustand sein.

    Die graphische Ausgestaltung gehört zu den Aufgaben des Verlags, nicht des Autors.


    Wenn dein Spiel zwingend Icons braucht, solltest du halbwegs verständliche Icons aus dem Internet zusammenklauen (gibt es reihenweise in open source).

    Der Verlag wird sie sowieso ersetzen.


    Wenn dein Spiel zwingend Bilder braucht (#Dixit oder ähnliches), solltest du halbwegs passende Bilder aus dem Internet zusammenklauen.

    Der Verlag wird sie sowieso ersetzen.


    Wenn dein Spiel nur deshalb Bilder braucht, um cool auszusehen, kannst du darauf vertrauen, dass der Redakteur darüber hinwegsehen kann, dass dein Prototyp keine coolen Bilder hat. Oder du klaust coole Bilder aus dem Internet und hoffst, das hilft irgendwas.

    Bandida

    Die Zahlen sind kein Stück in Stein gemeißelt.


    Wenn dein Spiel ein dutzendmal komplett über den Haufen geworfen wurde und du quasi wieder bei Null anfängst, dann kommt natürlich eine viel höhere Zahl zustande.

    Wenn dein Spiel sehr kurz ist (etwa ein Stichspiel), dann kommt auch eine höhere Zahl raus, weil du locker an einem Abend 5-10 Tests hintereinander machen kannst.

    Wenn dein Spiel lange und komplex ist, dann kommt eine viel niedrigere Zahl raus, weil du den Test - solo oder in der Gruppe - oft nach 1-2 Spielzügen abbrechen wirst.

    Wenn dein Spiel mehrfach von Verlagen abgelehnt wurde, testest du vermutlich auch weiter dran rum (oder gibst die Idee halt irgendwann auf).

    Wenn dein Spiel beim Verlag in Bearbeitung ist, hört das Testen nicht automatisch auf.


    Ob wir aneinander vorbeireden, keine Ahnung.


    Die Größenordnung, die du für die Testspiele der Autoren genannt hattest, hatte halt ungefähr ne Null zu viel, umgangssprachlich oder nicht.

    Du wirst aber sowieso, wie schon mehrfach geschrieben, keine genaue Zahl bekommen.

    Weils von zig Faktoren abhängt.


    Und ich würde auch von einem Rezensenten keine 30 Partien erwarten (das kann keiner stemmen, außer es ist sein Lieblingsspiel und es ist ihm egal, wann er darüber schreibt).


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    Spiele entwerfen... Mmmh... Da gibts jede Menge so generischer Spiele, die ich teils zwar gerne spiele, aber bewundere ich die Entstehung? Eher nicht. Was soll daran komplex sein, denn 100. Aufguss eines Worker Placement Spiels zu erschaffen (mit minimaler Abwandlung)? Noch dazu wo hier ja viel nach Trial & Error passiert.

    Verstehe ich jetzt mal so gar nicht. Weil es eine Teilmenge an "generischen Spielen" gibt, weitest du das automatisch auf alle Autoren aus?


    Es gibt tausende Leute, die ihr Frühstück fotografieren und sich auf Instagram dafür feiern lassen. Find ich völlig lächerlich.

    Das hindert mich aber nicht daran, "echte" Fotokunst zu bewundern.


    Es gibt tausende Filme im Kino oder Fernsehen, die mich Null berühren.

    Dennoch empfinde ich tiefe Bewunderung für Filme, die mich wirklich mitreißen.


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    Da passt das Bild von Knizia und seinen Schubladen ganz gut (für jeden Prototyp eine). Wenn ein Spiel sich nicht weiterentwickeln will, macht man halt die Schublade wieder zu und die nächste auf. (Ja, er ist der Vorzeigeprofi und kann sicher ganz gut davon leben.)

    Insbesondere betreibt er das hauptberuflich und beschäftigt Menschen zum Testen seiner Ideen.

    Ab einem gewissem Punkt verändert man doch nur noch Stellschrauben. Ob jetzt aus Bauern Sci-Fi oder umgekehrt wird, spielt ja mechanisch keine Rolle.

    Wenn das wirklich so ist, würde ich mir Gedanken machen, was ich falsch gemacht habe, und eventuell nochmal auf Null zurückgehen. ;)

    Das Jahr hat 365 Tage x 3 sind 1095 Tage. Selbst wenn ein Autor also nur alle 3 Tage mal an seinem Spiel bastelt (was ich schon ne recht merkwürdige Arbeitseinstellung fände, wenn ich selber was erfinde, weil normalerweise macht man sowas ja aus Spaß an der Freude und dann verbringt man jede freie Minute damit), sind das schon 365 Partien.

    Sorry, das geht mal überhaupt nicht auf.


    Ich arbeite - gegenüber vielen anderen Autoren - schon nur in Teilzeit, und ich habe ein Heer von willigen Mitspielern (andere Autoren, Freunde, Spieleclubs usw). Selbst damit schaffe ich es im Leben nicht, einen Prototypen zweimal die Woche auf den Tisch zu kriegen. Eher einmal alle zwei Wochen.

    Ich arbeite wohl alle 3 Tage an einem Spiel, aber das heißt nicht, dass ich es dann auch direkt testspielen kann.

    Zumal bei vielen Spielen Solospieler-Tests wenig Sinn machen, die zähle ich dann gar nicht mit.


    Außerdem darfst du von den 3 Jahren gut die Hälfte für "Leerlauf" abziehen:

    • Das Spiel funktioniert nicht ganz so, wie du es willst, du weißt nicht warum, wartest auf eine zündende Idee und arbeitest an einem anderen Projekt.
    • Das Spiel funktioniert halbwegs, aber du arbeitest trotzdem an einem anderen Projekt, das gerade attraktiver erscheint.
    • Das Spiel ist für dich quasi "fertig", es liegt bei einem Verlag rum.
    • Das Spiel ist für den Verlag fertig, aber der Grafiker muss noch dran rumschrauben.

    Dazu kommen noch Pausen, die nichts mit Spieldesign zu tun haben: Urlaube, Motivationslöcher, Zeit für Familie, Freunde, Sport, und natürlich haufenweise Zeit für andere Brettspiele... Denn willst du Spieleerfinder sein, musst du zuallererst einmal Spieler sein.

    aber ich würde nicht Testspiele mit „Nichtprofis“ unterschätzen

    So war das nicht gemeint.


    Es ist halt völlig anderes Feedback (in erster Linie schaue ich dann die ganze Zeit in die Spielergesichter, was für Emotionen sie haben, was ihnen Probleme macht, was sie nicht verstehen, wo sie nachdenken müssen, ob es Glücksmomente gibt etc).


    Was mich stört, ist eher die Quantität des Feedbacks.

    Was ich noch entscheidend finde ist das Erscheinungsbild des Prototypen.

    Ich glaube, meine Protos sind auch recht bübsch... ;)

    Dass das wirtschaftlich ungünstig ist massig Protos zu basteln und Illustratoren zu bezahlen ist mir klar, aber das Letzte warum och das mache ist in meinem Fall das Geld...

    Natürlich geht es nicht nur ums Geld. Aber wenn es sich so gar nicht rechnet, sehe ich es auch nicht ein, Aufwand zu betreiben.

    wenn von uns Rezensenten verlangt wird, dass ein fertiges Spiel 30x in allen möglichen Konstellationen gespielt werden soll, bevor wir ne Meinung dazu haben dürfen, dann erwarte ich von einem Autor etwas mehr wie "ein paar dutzend Tests". Allerdings schliesst das Solopartien der Autoren natürlich mit ein und ich behaupte einfach mal, dass du dann auf mehr als "ein paar Dutzend" kommst.

    Hängt natürlich stark vom Spiel ab.

    Kurze, einfache Spiele sind schnell getestet, auch mehrfach hintereinander.

    Längere Spieler brauchen länger, und dummerweise brauchen sie auch üblicherweise mehr Tests (Hält der Spannungsbogen? Wird die Aktionsauswahl repetitiv? Läuft irgendwas später aus dem Ruder, was anfangs funktionierte? usw).


    Ich gehe davon aus, dass ein Spiel in der redaktionellen Bearbeitung dann nochmal massivst getestet wird. Die haben Leute für sowas, insbesondere Hauptberufliche. Wie oft sie das machen... keine Ahnung. Bei meinen Barbaren weiß ich, dass es ungefähr 100 Spiele waren, wobei die Russen auch eine Armee von Testspielern beschäftigen (die gehen da etwas anders ran als deutsche Verlage, man nennt sie daher auch "Prototypenstaubsauger")...


    Aber als Autor... viele, die ich kenne, gehen nach ein paar Testrunden mit dem ungeschliffenen Spiel zum Verlag und versuchen, die Idee zu verkaufen, nicht das fertige Produkt. Was ich auch nicht für falsch halte.

    Ich selbst habe die quasi-fertige Version meiner Barbaren - also das, was ich dem Verlag übergeben habe - vielleicht 10mal gespielt (insgesamt komme ich auf vielleicht 80-100 Spiele vom allerersten Spielentwurf, der völlig anders aussah, bis zur Verkaufsversion). Ich musste aber auch nicht jede Version dutzendmal testen, weil ich wusste, was in dem Spiel passiert.


    Was ich allerdings bisher so gelesen habe, dachte ich, das wäre auch die gängige Praxis? Prototypen verteilen und dort spielen lassen, vorher natürlich x Proberunden mit den eigenen Spielegruppen, im Bekanntenkreis etc., dann nochmal die x Runden in einer Redaktion ... Ich weiß beispielsweise, dass Chordcommander mehrere Prototypen im Umlauf hat.


    Ich glaube nicht, dass das der Normalfall ist.

    Wenn vor dem Redaktionsgespräch überhaupt irgendein echter "Blindtest" stattgefunden hat, ist das vermutlich eher eine Ausnahme.


    Chordcommander geht ja auch nicht (mehr) den "normalen" Weg (den Proto einem Verlag in die Hände geben und den mal machen lassen).


    Ich hab auch mal versucht, Protos in Umlauf zu bringen. Als PnP anbieten, auf Facebook an Spielerunden verteilen, usw... Wenn man nicht gerade zufällig an den motiviertesten Menschen ever gerät, der es zu seiner missionarischen Aufgabe macht, dein Spiel zu durchleuchten, bringt das einfach nichts.


    Die Quote bei PnP ist einfach miserabel: Auf 100 Downloads ungefähr 5 Zahlenoten und 2 wertende Rückmeldungen à la "nettes Spiel".

    Die Quote bei Facebook-Aufrufen ist miserabel. Das Zeug wird angeklickt, ein paar machen sogar mit, aber du bekommst nix wieder, was dir als Autor weiterhilft.


    Du kennst das vermutlich selbst vom Bloggen: Auf 100 Leser 1 Like und 0 Kommentare ist wohl so ungefähr der zu erwartende Schnitt.


    Da erfahre ich auf jedem Autorentreffen nach 10 Minuten anspielen mehr über mein Spiel, als ich insgesamt aus dieser Aktion zurückbekommen habe.


    Außerdem geht das echt ins Geld. Wenn ich 10 Protos an irgendwelche Spielerunden verteile, bin ich schon mehr Geld los, als ich bei einer 1000er Auflage wieder reinbekomme. Ratinger Spieltagen oder Herner Spielewahnsinns mit Zugtickets, Eintritt, Gebühr für Autorentisch usw, das kostet alles Geld. Mit ungewissem Nutzen.

    Ein befreundeter Autor verwendet ein Programm namens "machinations" oder so ähnlich, um seine Wirtschaftssysteme zu testen.

    Das kannst du mit deinen Spielparametern füttern und den Bot dann x Aktionen machen lassen und schauen, wie viele Rohstoffe/Punkte/Münzen er im Schnitt rauskriegt.

    Wenn der Gewinn stärker als linear zu x verläuft, etwa quadratisch oder gar exponentiell, hast du vermutlich ein Problem. ;)

    Balancing ist Playtesting. Die spielen ihre Spiele 1000x in allen möglichen Konstellationen

    Das halte ich für eine absurde Größenordnung. Das wünscht sich der Fan vielleicht, oder das erzählt vielleicht irgendwer, aber wer hat denn die Zeit dafür, ein Spiel 1000x auf den Tisch zu legen und bis zum Ende durchzuexerzieren, mit allen möglichen Konstellationen?

    Selbst 100 erscheint mir viel, außer es wird gleichzeitig in mehreren Runden getestet. So gut wie jeder Autor macht das nebenberuflich, und 100 Spieletests sind 100 Abende, für die man sich Spieler organisieren muss. Es würde mich wundern, wenn die Zahl im Schnitt ein paar Dutzende Tests überschreitet.


    Siehe den Beitrag von H8Man. Bei den meisten Spielen hast du relativ gute Kontrolle darüber, was passieren kann.

    Und viel balanced sich quasi von alleine.