Beiträge von Ernst Juergen Ridder im Thema „Solospielen: Sinnvolle Alternative oder Zeitverschwendung?“

    Geht es beim Spielen nicht einfach ums Gewinnen? Ach nein, wenn man schon so viele Jahrzehnte spielt wie ich, ist das nun wirklich eine völlig bedeutungslose Nebensache.

    Gewinnen ist nicht fundamental wichtig, aber für mich gibts nix schlimmeres als mit LEuten zu spielen, die überhaupt kein!() Interesse an einem auf Sieg ausgerichteten Spiel haben. Das verzerrt meines Erachtens. Wäre aber eine eigene Diskussion wert:)

    Ich habe nicht gesagt, dass ich "überhaupt kein Interesse an einem auf Sieg ausgerichteten Spiel habe", es ist mir allerdings unwichtig, ob ich gewinne. Wichtig ist für mich, ob ein Spiel mir Spaß macht. Dass ich in meiner Spielegruppe trotzdem auf lange Sicht gesehen rund die Hälfte aller Spiele gewinne, liegt jedenfalls nicht daran, dass ich "auf Sieg" spiele, weil ich das nicht tue. Ich probiere in einem Spiel gerne mal etwas aus, will sehen was passiert, wenn man "das" macht; wenn ich dann gerade deshalb verliere, sei's drum, ich habe herausgefunden , was ich herausfinden wollte. Wenn allerdings meine Frau, mit der ich am häufigsten spiele, in der deutlichen Mehrzahl der Fälle gewinnt, liegt das klar daran, dass sie es besser kann und sie -sehr- viel länger überlegt, bis sie sich zu einem Zug entschließt, von dem sie glaubt, dass er kein Fehler ist. Mein jüngerer Sohn, der sehr gut spielen kann, sieht das einfach so: "Wenn ich spiele, will ich gewinnen, sonst fange ich gar nicht erst an."

    Das ist wieder einmal ein Thema, über das man zwar im Sinne des Austausches von Meinungen diskutieren, aber zu keinem allgemein gültigen Ergebnis kommen kann, weil es ein solches nicht gibt. Ob Solospielen eine sinnvolle Alternative oder Zeitverschwendung ist, liegt doch schlicht im Auge des Betrachters, richtig oder falsch gibt es da nicht.


    Schon als Kind wollte ich mehr mit Brettspielen spielen, als ich Partner dafür finden konnte. So habe ich schon sehr früh z.B. solo Monopoly für vier Spieler gespielt. Schon immer habe ich Zeit und Raum gebraucht, einfach bei mir selbst zu sein, ohne dabei an all die Pflichten zu denken, die ringsum auf einen warten. Noch heute spiele ich Spiele, die man eigentlich gar nicht solo spielen kann, solo für mehrere Personen, um sie besser kennenzulernen, um sie dann anderen besser erklären zu können, oder einfach, um damit Spaß zu haben. Echte Solospiele spiele ich aus dem selben Grund auch gerne. Im Vordergrund steht dabei für mich, wie auch beim Mehrpersonenspiel, das Befassen mit einem interessanten Spiel an sich, mit seinem Thema, mit seinen Möglichkeiten. Nicht die Ansammlung von Spielmechaniken löst bei mir den Reiz aus, viel wichtiger ist zum Beispiel der thematische Hintergrund. Wieviel mehr Freude macht es doch, etwa Ruhrschifffahrt zu spielen, wenn man sich, angeregt durch das Spiel, mit der Geschichte des Kohletransports auf der Ruhr beschäftigt und dann viele Spielmechaniken viel besser versteht.


    So erlaubt mir die Solo-Befassung mit einem Spiel ein viel tieferes Eindringen in sein Thema und den Sinn seiner Mechaniken. Für mich ist das eine sehr sinnvolle Beschäftigung und hat gar nichts von Zeitverschwendung. Oft gibt es dann bei unseren Spieleabenden einen -sehr kurzen- "Vortrag" zum Thema des vorgesehenen Spiels als Einführung. Letztlich haben wir uns gemeinsam ein 13-minütiges Video auf Youtube zum Thema Rundhäuser der Hakka in Südchina angesehen, bevor wir dann gemeinsam Roundhouse gespielt haben. Zudem habe ich ein Anschauungsobjekt für Celadon-Keramik (oder auch: Seladon) vorgeführt, damit man ein Verständnis für die im Spiel vorkommende Ware Seladon entwickelt. So ist dann Spielen immer auch ein kulturelles Erlebnis und so viel mehr als die Abarbeitung von Spielmechaniken.


    Ach ja, war da noch was? Zählt beim Spielen nicht der optimalere Umgang mit den Spielmechaniken? Geht es beim Spielen nicht einfach ums Gewinnen? Ach nein, wenn man schon so viele Jahrzehnte spielt wie ich, ist das nun wirklich eine völlig bedeutungslose Nebensache.