Beiträge von MetalPirate im Thema „2017: Eure Tops und Flops des Jahres - der Rückblick“

    qwertz : Ich verstehe gut, was du meinst, und ja, das Gefühl, dass etwas "unrund und unnötig aufgebläht" ist, kenne ich auch. Die übliche "Siegpunktsalat"-Kritik (insbesondere aus dem Ameritrash-Lager), dass bei einem Spiel alles und jedes Siegpunkte bringt incl. Niesen und Husten, geht für mich in vielen Fällen allerdings am eigentlich Punkt vorbei. Meiner Meinung nach kommen Probleme in den seltensten Fällen direkt durch die Siegpunkte, die irgendwo drangetackert sind, sondern in den meisten Fällen durch die Art des Zusammenbaus der Mechanismen. Da ist oft unnötige Komplexität da, die man eher kritisieren könnte.


    Beispiel: es gibt Gebäude, die man bauen kann, repräsentiert durch Karten. Alle Gebäudekarten haben einen Siegpunktwert, wenn sie gebaut werden. Sowas hat eine niedrige Komplexität (auf jeder Karte steht an der gleichen Stelle irgendeine Zahl im Lorbeerkranz) und das ist schon völlig ausreichend, um durch Variation dieses Wertes den Nutzen der Karte zu balancieren. Ziel erreicht ohne große Zusatzkosten bzgl. Komplexität. Problematisch wird's, wenn der Autor auf sowas wie "du kriegst 3 Siegpunkte, wenn du eine gelbe Karte verkehrt herum rechts neben eine rote Karte legst" zurückgreift. Hier natürlich bewusst überzeichnet dargestellt, aber worauf ich hinaus will, sollte klar sein: wenn die Balance-Bepunktung an eine Einzelfallregel drangeklebt wird, ist's schnell Mist. Und dazwischen gibt's natürlich beliebige Übergangsbereiche. Meine Beobachtung ist jedenfalls, dass Kritiken der Sorte "bäh, was für ein seelenloser Siegpunktsalat!" eigentlich weniger auf die Siegpunkte an sich abzielen, sondern darauf, dass die Bepunktung sich nicht nahtlos in den Rest integriert und ihr eine klare Linie fehlt. Denn grundsätzlich ist variierende Bepunktung absolut sinnvoll. Man will ja schließlich ein ausbalanciertes Spiel haben.

    qwertz : Bei vielen Wirtschaftsspielen gebe ich dir Recht; da ist Geld sehr passend und "gefühlt" etwas anderes als Siegpunkt. Den Hauptunterschied sehe ich dabei gar nicht mal in der thematischen Einbindung; ein "alles Mögliche gibt irgendwie Geld" ist per se nicht besser als in vielen Eurospielen ein "alles Mögliche gibt irgendwie Ruhmespunkte", was thematisch oft genauso gut passt.


    Ein spürbarer Unterschied existiert für mich eher dann, wenn man in nennenswertem Umfang Geld/Siegpunkt ausgibt bzw. investiert, denn das ist in Wirtschaftsspielen mit Siegbedingung "am Ende der reichste Spieler sein" tendenziell normal, während es in den Siegpunkt-basierten Spielen eher die Ausnahme ist. Wenn auch mit einigen sehr interessanten Einzelfällen, z.B. bei Terra Mystica das "N-1 Siegpunkte abgeben dürfen für N Macht" bei gegnerischem Bauen in der eigenen Nachbarschaft, wo es sehr wohl ein Element des Investierens von Siegpunkten gibt.


    Um zu Agra zurückzukommen: da ist für mich das Geld eine thematische Inkonsistenz. Obwohl wir in dem Spiel Händler sind und mit zig verschiedenen Ressourcen zu tun haben, gibt man Geld nur an einer einzigen Stelle aus, nämlich wenn man eine Aktion, wo noch ein eigener Worker steht, nochmal nutzen will. Quasi nichts kostet in dem Spiel Geld! Das ist ein ganz klassischer Siegpunktsalat, Siegpunkte für fast alles, nur dass es eben nicht Siegpunkte, sondern Rupien heißt.

    Ende des Jahres ist natürlich immer zu früh, um das Jahr zu bewerten.

    So isses. Ich habe noch nicht alle Essen-Neuheiten gespielt.


    Meine Nummer 1 des Jahres ist bisher Chimera Station, das hat meine hohen Erwartungen voll erfüllt. Santa Maria bisher die Nummer 2, aber schon mit etwas Abstand.


    Beim spielen deutlich besser als nach Regellektüre erwartet war Heaven & Ale, da passte einfach alles mechanisch so toll zusammen, das die Schwächen bei Thema und Originalität komplett überstrahlt wurden. In dieser Hinsicht ähnelt es ein wenig Lorenzo aus dem Jahr davor, das ich zu den Messe-Zeiten auch zunächst mal nur auf "weiter beobachten, aber noch nicht kaufen" hatte.


    Mal eine neue Kategorie: Spiele, die bei wiederholtem Spielen deutlich dazu gewonnen haben: Transatlantic. Erstes Spiel "naja, daran haben die jahrelang geschraubt?!", aber im vierten oder fünften Spiel richtig gut. Bitte nicht falsch verstehen, kein absolutes Jahrgangshighlight, aber Transatlantic ist das Spiel des aktuellen Jahrgangs, bei dem man nicht den Fehler machen sollte, es zu früh auszusortieren.