Beiträge von cristinus im Thema „Macht doch was ihr wollt... [war: Die Zukunft von online ist offline?]“

    Jerry: Sehr interessantes Posting von dir, danke! Ich hab gleich einen Termin, darum nur auf die Schnelle, werde versuchen nach Weihnachten ausführlicher darauf zu antworten.


    1. Auch wenn ich mich für einige von euch radikal anhören mag: Meine Einstellungen sind tatsächlich nichts anderes als die, die z.B. die SPD noch Anfang der 80er Jahre in ihrem Parteiprogramm hatte. Auch die Linke, vertritt nix anderes als ein sozialdemokratisches Programm, bevor Schröder & Co. die Partei so korrumpiert haben.


    2. Ja, wenn wir denn eine SOZIALE Marktwirtschaft hätten, wäre ich teilweise bei dir. Allein, wir haben nur noch Restbestände davon übrig, an denen von den - kleines DDR-Bonmot - sechs neoliberalen Blockparteien kontinuierlich gesägt wird.


    3. Die USA zeigen den gewünschten Zustand der NeoCon-Thinktanks, wo auch für uns inD die Reise enden soll. Sorry, ich stell mich da auf die Hinterbeine, wehr mich mit Klauen und Zähnen. Ich will nIcht in so einer Gesellschaft leben, und engagiere mich, damit meine Kinder nicht in so was aufwachsen müssen.


    4. Was dann? Nun, du hast richtigerweise beschrieben, dass DDR & Co. nicht die Lösung waren. Neolib Capitalism ist es aber ebensowenig. Du und ich haben wahrscheinlich das Glück, in einer komfortablen Jobsituation leben zu können. Aber ganz ehrlich, das kann sich jederzeit ändern. In dem Moment, wenn die AGs ihren Gewinn um ein Promille erhöhen können, fliegen die Leute aus den Jobs. Aktuelles Beispiel Siemens: Rekordgewinne, aber in dem Werk in Sachsen werden tausende von Leuten abgebaut.


    Das erstmal soweit.

    Leute, ganz ehrlich, die AfD/NPD Latrinenparolen mit ner Argumentationskette zu vergleichen, die empirisch-rational belastbar ist und - wenn man sich mal die Mühe macht - mit vielen Beispielen aus Theorie und Praxis validierbar ist...weiß nicht, fehlen mir ein bisschen die Worte.


    yzemaze: Ich schätze deine rationale Art. Aber umgekehrt wird ein Schuh draus. Wir müssen uns noch viel mehr Sand ins Getriebe dieses System werfen, um es zu ändern. Sei Realist, versuch das Unmögliche...:)

    „Linksgrünversifftes“...interessanter Terminus. Wird gerne benutzt von Leuten aus der Entourage AfD/NPD, um ihre politischen Gegner zu diskreditieren.


    Bandida: Dein Vergleich der (meiner) sogenannten „Linksgrünversifften“ Argumentation mit ner Faschoparole á la „Ausländer nehmen mir meine Arbeit weg“...wow, den muss man erst mal ziehen.


    Wirklich erstaunlich, dass du da keinen qualitativen Unterschied sehen kannst.

    Bandida: Sei nicht so empfindlich. Es wurden von dir hier Aussagen getroffen, die ich auch hanebüchen fand.


    yzemaze: Findest du? Nun, der weitaus größte Teil der Massenmedien in D befindet sich in dem Händen weniger - und - wer hätte das gedacht, extrem reicher Familien.


    Diese Leute haben weißgott kein Interesse daran, den gesellschaftspolitischen Status Quo zu ändern und ihre Medien singen entsprechend das Hosianna der „marktkonformen Demokratie“. Dieser Terminus ist übrigens nicht von mir, sondern von unserer Kanzlerin. :P



    Jerry: Komm, was soll das bringen? Ich kann jetzt soviele Statistiken auffahren wie du. Dann kommst du wieder mit der nächsten Kanonade. And so on. Mich interessiert viel mehr ein Diskurs mit dir, deine persönliche Meinung, Argumentation, Erfahrungen etc. Auf dieser Linie können wir uns begegnen und vielleicht mit Erkenntnisgewinn wieder auseinandergehen. Ich will dich überhaupt nicht überzeugen, ich denke, du hast deine Einstellung. Finde es nur schade, dass ein offensichtlich so kluger Mensch wie du klare Mißstände nicht wahr nimmt.


    Zu mir: Bin aus einer Arbeiterfamilie. Meine Eltern haben ihr Leben lang gerackert, ich auch, seit meinem 15. Lebensjahr. Heute bin ich einige Jahrzehnte älter und in der Software-Branche tätig. Ich kann mich über meinen AG nicht beklagen, habe aber im Laufe meines Arbeitslebens viele andere kennen lernen dürfen. Auch als Student konnte ich "wunderbare" Erfahrungen sammeln, wie die Lebensverhältnisse ganz unten so sind. Von daher kann ich das Arme-Leute-Bashing gar nicht ab.

    yzemaze: Bravo, sehr gute Analyse.


    Noch ein paar Worte zum Thema Ungleichheit:


    Das aktuelle Zeitalter ist davon gekennzeichnet, dass die Ungleichheit in weiten Teilen unseres Planeten immer obszönere Ausmaße annimmt. Ausmaße, die die menschliche Vorstellungskraft kaum noch fassen kann. Im Zuge dieser Entwicklung werden sozialdarwinistische Thesen immer populärer.


    Konkret: Weiten Teilen der Armen in unsererer Gesellschaft wird jede Nützlichkeit abgesprochen. Menschen werden als H4-Subjekte deklassiert. Die Mittelschicht tritt nach unten, in der Angst, abzurutschen und unterstützt sowie akzeptiert gesellschaftliche Verhältnisse, die konträr gegen ihre eigenen Interessen gerichtet sind.


    Der neoliberale Mythos vom "Jeder ist seines eigenes Glückes Schmied" ergo damit seines eigenen Unglückes Schmied wird nicht hinterfragt bzw. sogar als gesellschaftliches Leitmotiv propagiert.


    Einkommensunterschiede bis zum 100.000-fachen werden mit den Tugenden der Leistungen und des "Everything is possible" legitimiert. Dabei existiert für mich kein einziger Grund - zumindest nicht auf Vernunft basierend - diesen Unterschied zu rechtfertigen.

    Na ja, warum denn den Thread schließen? Ist doch interessant, was hier so an Thesen aufgestellt wird.

    Bandida hat sich sehr exponiert. Denke, da muss sie auch ertragen, dass Leute darauf entsprechend reagieren.


    qwertz: Wunderbar, dass du so einen Arbeitgeber hast. Ich wollte, nur 50 % der AG wären so, dann hätten wir ein besseres Land. Leider das aber nicht so und die Mehrheit der AG sind in ihrer Weltanschauung und Verhalten diametral entgegengesetzt.


    Bandida: Es ist immer billig, auf die einzuschlagen, die unten sind. Den Schaden, der von den "Faulen" angerichtet wird, können wir volkswirtschaftlich locker verkraften. Das aber, was die herrschende Klasse in unserem Land und global seit Jahren gegen die Bevölkerung führt, ist ein Krieg gegen soziale Grundrechte zwecks der Profitmaximierung.


    Warren Buffet, weißgott kein Sozialist, sondern ein amerikanischer Millardär, hat es wunderbar formuliert:


    “There’s class warfare, all right, but it’s my class, the rich class, that’s making war, and we’re winning.”



    Bandida: Du kennst solche Beispiele, ich kenne andere Lebenssituationen von Menschen. Letztendlich kann man nicht allen gerecht werden und ein paar Leute tricksen eben. That‘ s Life.


    Wohlstand, gute Lebensverhältnisse, Gesundheit, das sind keine Selbstverständlichkeiten. Diese Privilegien kann einem das Leben jederzeit nehmen. Das kann dich und deine Familie auch treffen und ich wäre froh, wenn du dann mit der Unterstützung der Gemeinschaft rechnen kannst.


    Eines weiß ich: Das neoliberale Modell das seit einigen Jahren als Staatsräson verkauft wird, dient

    ausschließlich den Interessen der sogenannten „Elite“ und nicht denen der breiten Masse von uns Bürgern.


    Wie gesagt, ich fände es super, wenn du mit demselben Verve solche Leute angehen würdest, die permanent Millarden von Steuern hinterziehen.

    Bandida: Wenn du die reichen Asozialen mit demselben Eifer angingest wie die armen Asozialen, wäre mir bedeutend wohler zu Mute...?(


    Das Armen-Faulen-Bashing in einem so stinkreichen Land mit einer so ausgeprägten Ungleichheit und einer beschämend großen Kinderarmut finde ich mal - gelinde gesagt - nicht OK.


    Die H4-Bekannten/Freunde von mir sind ziemlich unglücklich mit ihrer Situation. Die Faulen wirst du immer haben, egal in welchem System. Das aber eine kleine Schicht von vielleicht 2% der Bevölkerung weit mehr als die Hälfte des Vermögens besitzen, finde ich schlicht und einfach obszön.

    Leute, vom BGE einführen oder nicht mal abgesehen: Das bei uns "herrschende" (Im wahrsten Sinne des Wortes) Wirtschaftssystem führt seit vielen Jahren dazu, dass Wenige immer reicher werden und Viele immer ärmer. Der Gini-Koeffizient (bewertet die Ungleichheit in einem Land) ist in D der zweithöchste in den westlichen Industrieländern.


    Das kann nicht Sinn und Zweck eines Wirtschafstsystem sein, sorry. Für mich ist der neoliberale Kapitalismus angloamerikanischer Prägung eine Katastrophe für 90% der Weltbevölkerung und auch in den reichen Ländern ein Skandal für 90 % der Landesbevölkerung.


    Ach ja, Quelle: Vermögensungleichheit
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