Ich versuch mal meine Sichtweise zu erklären - ich habe lieber ein System, das ausnutzbar ist, als eines, das, um jede nur irgend mögliche Art der Ausnutzung zu vermeiden so streng und willkürlich und übermächtig wird (vor allem, wenn es SOWIESO schon bloß die Sicherung der nackten Existenz bietet - Wohnung und Essen [wobei die Wohnung nicht in jedem Fall ausreichend geheizt werden und das Essen nicht immer vollwertig sein kann, je nachdem wo man lebt...]), dass die Leute, die es nötig haben und NICHT ausnutzen, noch krasser drangsaliert werden.
Der Mensch und jedes System, das er konstruiert, ist nicht perfekt. Das heißt, entweder wird es die Möglichkeit geben, sozial zu schmarotzen oder es gibt sie nicht (vermutlich utopisch, aber setzen wir es mal voraus). Ein System, das so krass ist, dass die Möglichkeit es auszunutzen NICHT mehr existiert würde an totale Überwachung bis fast zur Gedankenkontrolle gehen. Gut, das haben wir (noch) nicht. Aber auch das Sozialsystem, wie es jetzt ist, ist eher zu überwachend und eher zu streng. Es kommt haufenweise zu falschen Sanktionierungen und damit meine ich nicht solche, die ich persönlich als moralisch falsch ansehen würde, sondern die, die tatsächlich vom Gericht (wie gesagt, WENN dagegen vorgegangen wird) gekippt werden. Das ist jedes Mal ein Fall, in dem jemanden das Existenzminimum ohne gesetzliche Grundlage entzogen worden wäre. Diese Fälle finde ich als dermaßen dramatisch und belastend - ich kann mir gar nicht ausmalen, wie es für den Betroffenen sein muss - dass ich persönlich lieber dort ansetzen würde, als alles noch zu verschärfen und zu verdrastisieren (verstehst schon xD), was dann zu noch mehr solcher Fälle führen würde. Die wenigen ECHTEN Sozialschmarotzer*, die sich nichts schöneres vorstellen können, als vom HartzIV-Satz in Knaus und Laus zu leben, können von einer der größten Wirtschaftsmächte der Welt verkraftet werden, aber eine falsche Entscheidung in die andere Richtung kann ein Leben zerstören. Und da niemand sagt "Ich habe das abgelehnt, weil ich ein Sozialschmarotzer bin und nicht arbeiten möchte" wird man immer unterstellen müssen und das kann dann auch in jedem Fall falsch sein.
*Ich verstehe vom Prinzip her, wenn es einem gegen das Gemüt geht, denken zu müssen: "Ich schufte hier und der legt sich auf die faule Haut und ich zahle dem sein Leben". Klar, das gefällt niemandem. Geht gegen jedes Gerechtigkeitsempfinden, seh ich auch so. Aber die große Baustelle sehe ich erstmal woanders, nämlich Menschen so aufzubauen, dass ihnen ein Leben ohne Tätigkeit und für minimales, nicht selbst verdientes Geld eben NICHT als besonderes erstrebenswert vorkommt. Das sind, mMn, jetzt schon wenige. Könnten aber auch noch weniger werden.