Beiträge von PeterRustemeyer im Thema „Wie wichtig ist Euch das thematische Gewand eines Spiels?“

    Deine Meinung sei Dir unbenommen, aber folgender Gedanke dazu:


    Was wäre, wenn gleich bei den ersten Spielen, die auf den Markt kamen, Spielmaterial beigelegen hätte, das thematisch mehr Sinn oder einfach ästhetischer gewesen wäre?

    Wenn danach der einfache Holzwürfel hätte herhalten müssen, wie würde man das bewerten?

    Beide Varianten erfüllen ihre Funktion, aber welche ist thematischer oder ästhetischer?

    Es geht mir hier nicht um das Material, sondern was man damit macht.

    Selbstverständlich ist thematischeres Material thematischer (irgendwie eine Tautologie).

    Und selbstverständlich freut sich auch das Kind in mir, wenn mir beim Öffnen der Schachtel aufregendes Material entgegenpurzelt.


    Aber wenn das Spiel mir einen Riesenhaufen Material hinstellt und dann stelle ich fest, dass es doch nur ein "übergestülptes" Thema über einem völlig abstrakten Gebilde ist, dann bin ich eben enttäuscht.

    Je mehr Thema du von außen draufklatscht, je ausgefallener deine Spielwelt, desto mehr Thema erwarte ich auch "von innen".


    In einem #RisingSun den Tie Breaker "Ehre" zu nennen, ist zwar eine thematische Bezeichnung, das macht das Element aber noch nicht thematisch. Das passiert erst, wenn das, wofür ich Ehre bekomme, auch tatsächlich irgendwie "ehrenvoll" ist: wenn ich etwa einen geschlagenen Gegner verschone oder meine Soldaten daran hindere, eine Stadt zu brandschatzen.


    In #DerPate heißen die Spielzüge ungefähr so wie die Akte der Filmvorlage. Wir spielen aber genau gar nichts, was ansatzweise mit einer "Hochzeit" oder dem "Türken" (der so heißt, weil er gut mit dem Messer ist) zu tun hat. Das sind einfach nur leere Worthülsen, überhaupt nicht mit Spielgefühl gefüttert. Warum tragen die Spielzüge diese Namen, wenn das völlig bedeutungslos bleibt?


    Das muss aber natürlich nicht heißen, dass jedes Spiel so viel thematische Dichte wie ein #ThisWarofMine oder #EldritchHorror haben muss, damit es mir gefällt. Schon ein #RäuberderNordsee reicht mir völlig. Da finde ich bärtige Wikinger auf der Schachtel, und im Spiel plane ich Raubzüge und plündere Orte. Verstehe ich, fühlt sich auch so an, passt zusammen, schon bin ich glücklich.


    Wenn dein Spielprinzip thematisch nicht mehr hergibt als "wir optimieren an unserer Siegpunkteproduktion", dann klatsch gefälligst den Namen einer mittelalterlichen Stadt drauf. Das ist wenigstens ehrlich. ;)

    Für mich sind die Schlimmsten diese Hybriden aus Eurogame und Ameritrash, mit denen etwa CMON oder Stegmaier regelmäßig aufwarten.


    Ausgefallenste Themenwelten, aufregendstes Material, aber man macht eigentlich dasselbe damit, was man zuvor mit stumpfen Holzwürfelchen auch irgendwie hinbekommen hat. Völlig abstrakte Mechanismenhaufen mit einem äußerst kaufmännischen Spielgefühl der Siegpunktertragsmaximierung.


    Ist mir doch völlig egal, dass der Spielzugmarker ein abgehackter Pferdekopf ist. Es bleibt ein Spielzugmarker.

    Ui, riesige Kampfroboter. Und wie kämpfen die? Wir machen eine kleine Auktion. Der Verlierer geht nach Hause.

    Oh, meine Plastikfiguren können rituellen Selbstmord begehen. Vor der Schlacht? Hä? Und das ist dann "ehrenvoll"? Sollte das nicht nach dem Kampf passieren, damit der Besiegte sein Gesicht wahren kann? Und mein wütender haushoher Feuerdämon aus der Hölle hier... der macht auch Seppuku?


    Je ausgefallener das Thema, desto enttäuschter bin ich, wenn da irgendwas völlig austauschbares dahintersteckt.

    Leider verstecken sich hinter scheinbar thematischen Spielen meist spielerische Krücken. #WinterderToten wurde hier schon angesprochen. Tolles Thema, schwache thematische Umsetzung.

    #WinterderToten hat imho eine großartige thematische Umsetzung. Nicht einfach nur Zombies umhauen, sondern das, worum es in einem guten Zombiefilm wirklich geht: Das menschliche Drama, das "jeder ist sich selbst der Nächste, aber wir brauchen uns trotzdem gegenseitig", das "was wird aus uns, wenn alles vor die Hunde geht und alles erlaubt ist".

    Es leistet sich zwar ein paar fragwürdige Regel-Thema-Scheren (iirc kann man zB Gegenstände tauschen, wenn der eine im Lager sitzt und der andere in der Polizeistation), aber im großen und ganzen kommt das Thema durch die egoistischen Ziele, Verräter und Begegnungskarten super durch... imho, natürlich.


    Zum Beispiel bei Village. Da haben die farbigen Würfel theoretisch sogar Bedeutungen... Ich meine, braune Würfel sind Glaube, und dann gibt es noch Wissen, Handwerk, usw... Nur ist diese Bedeutung nicht wirklich präsent und letztlich sammelt man nur farbige Würfel.

    Das empfand ich immer als sehr schade...

    Ich hatte in meinem Beitrag oben zuerst einen Abschnitt über #Village drin, dass das Spiel irgendwie thematisch wäre, bis auf "...".

    Aber dann habe ich nochmal drüber nachgedacht und entschieden, es nicht als Positivbeispiel aufzuführen. Da ist dann doch wieder haufenweise abstraktes Gerümpel drin, das ich mir so nicht erklären kann.

    Ich finde zB die Begrenzung der Dorfchronik albern, thematisch gesehen:

    "Hmmm... Sie haben also einen Nobelpreis... Tut mir leid, wir haben schon drei Plätze in der Chronik für Wissenschaft vergeben, Herr Huber hat etwa als Kind bei "Jugend forscht" teilgenommen... der war einfach schneller als Sie. Vielleicht gewinnen Sie beim LKW-Ziehen auf DSF, für sportliche Leistungen haben wir noch eine Seite frei."

    Aufgrund der geringen tiermedizinischen Möglichkeiten war Produktdiversifizierung die beste Möglichkeit sich vor spezifischen Tierkrankheiten zu schützen, ohne den gesamten Tierbestand zu verlieren. Weiterhin war man zum Teil ja Selbstversorger und auf unterschiedliche Erzeugnisse von unterschiedlichen Tieren angewiesen.

    Auch wenn das vermutlich stimmt, so sehr bin ich in diesem Thema nicht "zuhause", als dass ich das im Kopf haben und mich darüber freuen würde, dass es seinen Weg ins Spiel gefunden hat... ;)

    Mir ist das Thema sehr wichtig, ich komme aber auch mit völlig ausgelatschten Themen klar. Eher mechanischem Euros, die nur sowas wie den Namen einer europäischen Stadt als Thema haben, mache ich das eigentlich nie zum Vorwurf. Das ist manchmal sogar gut, denn dann kenne ich mich in der Themenwelt schon aus (Getreide wird zu Brot oder Bier, Holz und Stein ergeben ein Haus usw).


    Es freut mich auf jeden Fall immer, wenn Thema und Mechanik Hand in Hand gehen, wenn etwas, das thematisch Sinn macht (zB eine Mühle in der Nähe von einem Kornfeld zu bauen), auch mechanisch belohnt wird.

    Und ich freue mich, wenn ich verstehe, "wer ich bin", und warum ich tue, was ich tue. Ob ich nun ein Bauer, eine Adelsfamilie, ein Volk bin, es gefällt mir, wenn ich diese Perspektive auch tatsächlich einnehmen kann.


    Störend wird es nur, wenn das Thema mehr verspricht, als ich am Ende bekomme.

    Das schon genannte #SteamTime ging mir zum Beispiel wirklich auf den Senkel.

    Was ich da mache, hat gefühlt so gar nichts mit Steampunk zu tun, ich fühlte mich da schon fast "getäuscht".

    Rein mechanisches Getue, aber total bunt und aufregend verpackt.

    Das gilt auch für manches Spiel, das als "total thematisch "gelobt wurde, etwa #Euphoria, #DerPate, #Trickerion... Ich hab keine Ahnung, wo ihr da eure Spielatmosphäre herbekommt, für mich sind das rein mechanische und abstrakte Rohstoff- und Siegpunktverwaltungsgeschichten. Fühlt ihr euch da wirklich, als wärt ihr in einer Dystopie? Als würdet ihr Zaubertricks aufführen? Als wärt ihr der Boss eines Mafiaclans?


    Manchmal stören mich auch nur kleinere Details, wenn die Mechanik sich dann an manchen Stellen doch vordrängelt. Ich verstehe zum Beispiel (wie die Jungs vom Dice Tower) nicht, warum ich bei #Agricola keine reine Rinderfarm haben darf, wenn ich das eben so spielen möchte. Dass mich die Wertung in Richtung "von allem ein bisschen" drängelt, empfinde ich als immersionsbrechend.