Beiträge von ravn im Thema „ Living Planet“

    Vorhin erste Partie mitgespielt in entspannter 4er-Runde. Wir haben, wie offiziell empfohlen, die Rundenzahl von 12 auf 8 verkürzt. Reichte auch für den Einstieg, auch weil man in der Erstpartie die ganzen Mechanismen erst einmal kennenlernen muss und dadurch durchaus Denkpausen entstehen können. Mit nur 16 Hauptaktionen fühlte es sich so an, dass man gerne jede Aktion optimieren will und dann in eine leichte Denkstarre geraten kann, da man etliches für seinen Zug beachten kann und auch sollte. Spielerfahrung hilft aber, so dass es nach der Kennenlernpartie flüssiger laufen sollte. Denn eigentlich ist das Spiel vom Regelwerk recht einfach, fast schon elegant.


    In Summe ein gutes Spiel. Allerdings sehr konfrontativ, da es Spielprinzip ist, dass Katastrophen auf den Hexfeldern ausbrechen und der aktive Spieler bestimmt, wo diese zuschlagen. So kann die Aufbauarbeit auch wieder vernichtet werden und wir neigten anfangs dazu, eher zu vorsichtig zu spielen, um ja kein Gebäude zu verlieren. Dadurch entstand ein gewisser Spannungsbogen und auch eine Anspannung, ob man wirklich alles beachtet hat, um die Wahrscheinlichkeit, dass man Schaden nehmen muss, möglichst zu minimieren. Das muss man mögen. Mir hat es gefallen, wenn ich auch wohl eher Dreierrunden bevorzugen würde, weil sich dann der eigene Einfluss auf den Aufbau höher wiegt im Vergleich zur Schadensverteilung durch die Mitspieler - eben 1 zu 3 statt 1 zu 4.


    Insgesamt hätte das Spielgeschehen aber durchaus epischer ausfallen können. Im Kern ist es dann doch ein eher herkömmliches Produktionsgebäude-Produktions-Markt-Spiel. Es fehlte mir die Entdeckung, weil das ist hier nur eine Erweiterung der Spielfläche. Es fehlten mir auch die Aktionsmöglichkeiten mit langfristigen oder überraschenden Auswirkungen, denn hier muss man schon sehr fokussiert die Chancen des Augenblicks nutzen und vorab einschätzen können, ob und wann die sich ergeben werden. So konnte ich durch eine gute Marktaktion mal eben 30 Megakredits einnehmen, was 6 Siegpunkte entspricht und ein Viertel meines Endstandes ausmachte.


    Besonders ist hingegen die zeitgleiche Auswahl der Aktionsstärke, die zeitgleich Auswirkung hat, wo man Schaden anrichten lassen kann und welche Gebäudenummern produzieren. Und dass der reihum wechselnde Startspieler die eigentliche Spielreihenfolge aller Spieler festlegt, ohne vorab zu wissen, was die einzelnen Spieler in ihren zwei Aktionen so machen werden. Ungewöhnlich aber gut. Funktioniert. Nur kann es dabei passieren, dass ich in einer Runde an Position 1 am Zug bin und in der Folgerunde an Position 4. Zwischen den eigenen Zügen also auch mal sechs Mitspielerzüge liegen können, während man zum Zuschauer wird. Hier hätte ich mir mehr Interaktion erhofft, auch wenn man selbst nicht am Zug ist.


    Es ist kein zweites Archipelago. Dazu ist es zu gradlinig und zu wenig episch. Braucht es aber auch nicht. Ein Earth Reborn ebenfalls nicht, dazu ist es zu einfach und zu wenig komplex. Dafür spielt es sich mit der Erfahrung einer Kennenlernpartie sicher zügiger und mit weniger Einstiegshürden in seinem Eurogame-Sektor. Wenn man die Spielweisen durchschaut hat, wie man eben nicht agieren sollte, weil die in Folge zu viele Aktionen erfordern oder im Vergleich zu wenig Siegpunkte einbringen und welche Aktionen sich wann wie wirklich lohnen und warum man wo fokussieren sollte, was man alles durchaus in der verkürzten Erstpartie herausbekommt, ist die für mich offene Frage, wie lange das Spiel trägt. Allerdings bietet die Kickstarterversion ja noch einiges an Erweiterungen mit dabei.


    Abschliessendes Wort zur Ausstattung. Gelungen, aber teilweise unübersichtlich, weil die Optik vor der Funktionalität steht. So sind die Ziffern der Produktionsgebäude eher klein und die Gefahrenarten fast schon im Hintergrund der Hexfeldgrafik verborgen. Die Metallwürfel sehen gut und wertig aus, aber die Ziffern lassen sich schlecht ablesen, so dass wir uns alle einig waren, lieber die einfachen Holzwürfel zu verwenden. Die Spielübersicht ist hingegen gelungen mit seiner Icon-Sprache, wenn auch nicht perfekt, weil an einigen Stellen nicht komplett eindeutig. Was bleibt, ist ein gutes Spiel, das eventuell nicht alle Erwartungen erfüllt, dabei aber vieles richtig macht.