Die Liefergeschwindigkeit der SO ist zur Zeit wirklich etwas schlechter als normalerweise. Ab September waren wir im Lagerumbau und hatten die Verzögerungen auch angekündigt. Das hat auch im Wesentlichen alles so geklappt, wie es geplant war, so dass wir mit Beginn der Messesaison mit den größten Maßnahmen fertig geworden sind und auch wieder auf normalem Versandstand waren. Der Umbau ist noch nicht komplett abgeschlossen, hat aber nur noch sehr geringe Auswirkungen auf die Kommissioniergeschwindigkeit.
Viel wichtiger ist die tatsächliche Messesaison. Es zeichnete sich schon recht früh im Jahr ab, dass es diesmal eine extreme Versandspitze im Oktober geben würde. Zum einen waren noch mehr Spiele als sonst für die Wochen direkt vor der Spiel zur Erstauslieferung angekündigt und zum anderen war abzusehen, dass sehr viele Schmiede- und Fulfillmentprojekte in dieser Zeit zur Auslieferung anstehen werden.
Unseren Planungen nach standen Aussendungen in dieser Zeit von ca. 150.000 Artikeln pro Monat an. Wir haben daher bereits im Juli begonnen, für diese Zeit Lagerhelfer anzuwerben, um unser Lager für einen Zweischichtbetrieb bereits ab September vorzubereiten. Dazu wurden von uns 14 neue Stellen geschaffen. Aber die Stellen zu schaffen ist das eine, sie zu besetzen stellt sich aktuell als besonders schwer heraus. Es gibt einfach nicht mehr genügend Bewerber. Gerade mal 6 neue Lagerhelfer konnten eingestellt werden. Mehr war trotz aller Bemühungen nicht rechtzeitig möglich. Und wir haben da nichts unversucht gelassen: Von allerlei kreativen Werbemaßnahmen bis hin zu Integrationskursen mit Flüchtlingen ist alles dabei gewesen und noch dabei. Das ist unser größtes Problem gerade. Dazu kommt, dass unsere Planungen sogar noch übertroffen wurden: Wir haben ca. 200.000 Artikel zu bewältigen und mussten den Personalbedarf auf 17 neue Stellen erhöhen. Wir suchen händeringend Leute, aber es ist zum Mäusemelken. Es stellen sich zwar pro Woche etwa 3-5 Bewerber vor, zum Probearbeitstag kommen dann aber nur 2-3, von denen sind dann 1-2 tauglich und bekommt einen Arbeitsvertrag angeboten und gerade mal einer von 4 tauglichen kommt dann tatsächlich auch zur Arbeit ("Schichten sind mir zu stressig", "Ich hab mir die Arbeit anders vorgestellt", "Hier muss man ja wirklich arbeiten") und von denen ist dann die Hälfte nochmal so unzuverlässig (Originalzitate u.a.: "Ich komme heute nicht, ich hab meinem Sohn versprochen, mit ihm einkaufen zu fahren", "Ich hab morgen eine Feier und muss noch was vorbereiten, da kann ich heute nicht zur Arbeit kommen."), dass sie plötzlich gar nicht mehr auftauchen und quasi nach ein paar Tagen entlassen werden müssen.
Dazu kommt die Messesaison. Für den SO Messestand in Essen werden 4 LKW-Ladungen Ware bewegt. Das entspricht einem Arbeitsaufwand wie etwa 10.000 Bestellungen. München und Stuttgart stehen jetzt noch an und sind auch noch an zwei aufeinanderfolgenden Wochenenden. Hier werden etwa 2,5 LKWs voll Ware benötigt. Wir haben es uns hier dieses Jahr zumindest Arbeitstechnisch in der Form erleichtert, dass wir nur etwa jeweils 40% aus eigenem Lager ziehen und den Rest direkt auf die Messen liefern lassen, wo das geht. Dennoch ist das sehr viel Arbeitsaufwand, der sich nicht verschieben lässt. Ein großer Teil der Ware kommt ja nach der Messe auch wieder zurück und muss neu eingelagert werden.
Und zu allem Überfluss hat uns Sturm Herwart noch enormen Schaden an der Lagerhalle angerichtet, was auch eine Menge Manpower zum Aufräumen und behaben gekostet hat und noch kosten wird.
Jeder einzelne Mitarbeiter hier steht unter Vollstress. So sehr, dass es schon körperlich spürbar ist. Ich mache mir darüber große Sorgen. Es ist nicht so, dass ich jetzt das Pensum verringern könnte. Dazu hätten die Weichen bereits vor etwa einem Jahr gestellt werden müssen. aber wer kann denn ahnen, dass es so schwierig sein würde, 14 bzw. jetzt 17 ungelernte Arbeitskräfte einzustellen?
Die guten Nachrichten: Es zeichnet sich Besserung ab: Wir haben die Personal-Anwerbung noch weiter intensiviert und können jetzt auch in begrenztem Maß auf einige externe Kräfte zugreifen. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir in den nächsten 2 Wochen endlich unser Personalziel erreichen werden. Es werden jetzt gefühlt alle 2-3 Tage neue Mitarbeiter eingestellt. dazu kommt, dass der Essen-Hype und die damit verbundenen Massenauslieferungen jetzt langsam abebben bzw. abgearbeitet sind.
Dennoch möchte ich auf einige hier gemachte Äußerungen noch zusätzlich eingehen, die mit der Situation oben gar nichts zu tun haben. z.B. lese ich öfter hier oder anderswo sowas wie:
"Als ich es bestellt habe, war es grün markiert, dann habe ich einen tag später geschaut, da war es plötzlich rot, also hab ich storniert. Und dann schau ich wieder nach, da ist es plötzlich wieder grün... Verarsche!" - ne, keine verarsche, sondern logisch. Wenn man das letzte Stück bestellt, wird es für den Besteller reserviert, und die Ampel schaltet um auf rot. Storniert man das dann gleich wieder, wird die reservierung aufgehoben -> grün.
"Ich habe Spiel A (beliebiges Massenmarktspiel ala Siedler von Catan) bei Shop XYZ bestellt und es war in 3 Tagen da, wie angekündigt. Aber als ich bei der SO Spiel B (Importware, englisch, absolutes Nischenprodukt) bestellt habe, habe ich es nach 2 Wochen noch immer nicht gehabt." - sorry, aber das ist Äpfel mit Birnen vergleichen. Fall A kann man in 1-2 Werktagen nachliefern lassen, Fall B muss man um die halbe Welt erstmal herorganisieren.
Im statistischen Mittel (den aktuellen Monat und o.g. Probleme mal ausgenommen), warten Kunden, die bei uns einen rot markierten Artikel bestellt haben, etwa 3-5 Werktage auf ihre Lieferung. Dabei rede ich aber nicht von extrem nischiger Importware, wie Wargame XY (engl.). Es gibt einen Grund, warum da dransteht "5-14 Tage, max 1 Monat". Wenn ein Spiel erst über den großen Teich importiert werden muss, dann heisst das zwangsläufig, dass das auch erstmal über den großen Teich fahren muss. Beamen wurde noch nicht erfunden und Luftfracht bezahlt keiner unserer Lieferanten freiwillig. Das größte Problem ist aber noch nichtmal die Fracht und Frachtdauer, es sind Mindestbestellmengen. Daher importieren wir die meisten Titel gar nicht selbst, sondern über Distributoren. Das meiste übrigens mit Pegasus oder Blackfire. Denn so können die die Bestellungen sammeln, bis von all den deutschen Shops mit imprtware genug zusammenkommt, um überhaupt eine Order bei den Consilidators wie PSI oder Alliance oder so bestellen zu können. Würden wir das alleine machen, würde es noch viel länger dauern. Jetzt fragt man sich natürlich, warum die Lieferzeitangaben da dennoch oft so ungenau sind. Das hat viele Ursachen:
Wir sind nicht in der Autoindustrie, wo jedes Unternehmen Milliarden schwer ist und sich sauber in ein Supply Chain Management eingliedern kann. Gleichzeitig sind die Lieferketten bei Importware aber seeeehr lang: Publisher -> Konsolidator - Distributor -> SO und bestehen in der Regel aus Unternehmen von 1-30 Mann Größe.
Wir können auch nicht vorausahnen, wann z.B. Pegasus wieder bei einem der Consolidators bestellen wird. So können wir das auch nur wage einrechnen und es gibt auf dem Weg zu uns 3 Parteien, die das gleiche Problem haben. Der Publisher hat vielleicht gerade keine Ware und weiß nicht, wann seine Fabrik ganz genau fertig wird, die Zulieferer der Fabrik haben das problem auch... Der Consolidator muss warten, bis sich die Bestellung beim Publisher lohnt, der Distributor macht das auch, um auf den MBW des Consolidators zu kommen. Am besten sagt noch irgendwer in der Kette: Wir wissen nicht, wann es fertig wird. "Es kommt, wenn es fertig ist." - und unsere Endkunden wollen dann ein Lieferdatum wissen. Aus welcher Kristallkugel sollen wir´s denn holen?
Jetzt könnte man meinen: "Dann schreibt doch hin, dass ihr es nicht wisst." - Und das haben wir früher auch. Aber das ist inzwischen verboten, weil sich unser Gesetzgeber einfach nicht vorstellen kann, dass Produkte auch in Nicht-Industriemaßstab gefertigt und importiert werden von Leuten, die solche Prognosen einfach nicht machen können. und noch dazu in einem Markt, der zu über 60% aus Vorbestellungen lebt - also auch nicht darauf verzichten kann, Artikel vor deren Lieferung anzubieten.
"Die Messe-Neuheiten sind bei allen anderen Shops lieferbar, nur bei der SO nicht." - Doch, sind sie in der Regel. Allerdings reden wir in anderen Maßstäben, als die Wettbewerber, mit denen die SO hier verglichen wird. Gerade bei gefragten Messeneuheiten ist es oft so, dass die nach der SPIEL erstmal fast ausverkauft sind. Da bekommt man dann zugeteilte 20 Stück geliefert, damit die Restauflage "fair" verteilt wird. Es dauert dann ungefähr eine Stunde, wenn die Ware eingetroffen, da ist sie bei uns einfach schon wieder alle. Bei den Mitbewerbern dauert es halt etwas länger, weil da weniger Leute bestellen.
Sollte eine Neuheit aber normal verfügbar sein, könnt ihr getrost auch bei "rot" bestellen. Wir bekommen täglich Lieferungen der großen Verlage. Unser Bestellsystem ist so angelegt, dass es die benötigte Lagermenge versucht, vorauszuberechnen und entsprechend zu bevorraten, denn wir können uns nicht Massen von jedem Artikel einlagern - soviel Platz haben wir einfach nicht. 80% der Artikel sind nur ein einziges Mal im Lager, weil sie so selten bestellt werden. Manchmal kommt es aber dennoch vor, dass zwei Leute den gleichzeitig haben wollen, weil irgendwo eine Rezension erschienen ist - das wissen wir vorher nicht. Und bei Hype-Artikeln ist es oft so, dass sie schneller von Kunden bestellt werden, als der Einkauf sie nachordern kann. Das Einkaufssystem passt sich da an und bestellt mehr und mehr, bis das irgendwann doch mal grün wird, in der Regel wartet aber dennoch kein Kunde länger 3-5 Tage auf so ein Spiel. Meist geht das sogar noch viel schneller, da diese dann quasi im Dauerzufluss sind. Wir bekommen täglich Ware von allen großen Verlagen.
Persönlich halte ich es übrigens für Quatsch, einen begehrten Artikel nicht zu bestellen, nur weil da gerade "wird nachbestellt" steht. Gerade bei begehrten Artikeln reiht man sich so wenigstens erstmal in die Warteschlange ein. Wenn ich da an Titel wie Terraforming Mars denke, mit denen wir quasi nur homöopatisch mal beliefert werden bzw. wurden, weil der Verlag mit der Produktion kaum hinterherkommt, da wär man doch doof, sich jeden Tag aufs neue hinten in der Schlange anzustellen... Stattdessen landen Kunden dann oft bei Shops, die sehr fragwürdige Lieferverfügbarkeitsangaben machen (teils unbeabsichtigt, weil von Hand gepflegt) und dann nie ihre Ware erhalten. Entsprechende Mails kann ich zu Hauf zitieren. Bei uns kann man sich zumindest darauf verlassen, dass die Anzeige ganz genau den Warenbastand wiederspiegelt, der im Lagersystem erfasst ist.
Abschließen kann ich nur sagen: Wir geben unser Bestes. Wir möchten jeden so schnell es geht beliefern und so gut wie möglich informeiren. Das klappt nicht immer. Meistens liegt der Grund, wenn etwas nicht so klappt, wie gewünscht, nicht bei uns selbst, manchmal aber schon. Und zumindest an letzterem Arbeiten wir ständig, um es zu verbessern.