Beiträge von MetalPirate im Thema „Gesucht: Spiele mit hoher Interaktion, aber nicht rein destruktiv“

    Als (gefühlt) alle Welt nur noch Blitzschach spielte, habe ich aufgehört Schach zu spielen, ich fand das unwürdig gegenüber dem Spiel (der bessere Auswendiglerner gewinnt).

    Dass "der bessere Auswendiglerner gewinnt", liegt dann aber weniger an der begrenzten Spielzeit, sondern eher am völligen Fehlen von Variation im Spielaufbau, was überhaupt erst die ganze Auswendiglernerei von Eröffnungen ermöglicht. ;)

    @Dumon: In Sachen Verhandlungsspiel bin ich kurz davor, mir Sidereal Confluence: Trading and Negotiation in the Elysian Quadrant zu kaufen. Reizt mich ungemeint. Sowas ist also schon im "Beuteschema" drin. Ich fürchte nur, dass ich ein Spiel wie #SiderealConfluence nie auf den Tisch kriegen würde. Vielleicht muss ich doch irgendwann von meinem Prinzip "zu Spielewochenenden fahre ich nicht" abweichen... Wenn das Töchterchen mal älter ist...



    Wie wäre es mit Area-Control-Spielen (oder welche, die in diese Richtung gehen)?

    Area Control verletzt recht schnell die Bedingung, dass es nicht zu destruktiv sein soll. Da werden ja in aller Regel Grenzen aktiv verschoben und Gebiete erobert. Ich habe es lieber indirekter.
    Randbemerkung: Für mich ist ein wesentlicher Grund für den Erfolg von Terra Mystica, welches manche ja auch zu "Area Control" zählen, dass es an dieser Stelle etwas macht, was für ein Spiel dieser Art total ungewöhnlich ist. Man hat enorme Konkurrenz um Territorien, aber wenn Rasse X ein Gebiet für sich terraformiert hat, dann gehört es bis Spielende ihnen. Dann ist absolut nichts mehr dagegen zu machen für die Nachbarn, die zu spät gekommen sind; Eroberung unmöglich. Das ist ein schönes Beispiel dafür, wie man Spannung schaffen kann, indem etwas gerade nicht möglich ist, was "normalerweise" in so einem Setting möglich sein müsste.

    [Murano]

    Außerdem entsteht Interaktion dadurch, dass man versucht abzuschätzen, welcher Mitspieler auf welcher Insel, welche Spielendekarte anpeilen könnte und das kann man natürlich etwas versalzen oder aber auch selbst davon profitieren.

    Ist das nach deinem Empfinden wirklich gezieltes Stören? Ich habe Murano immer so erlebt, dass man nicht selbst benötigte Plättchen möglichst wild und chaotisch auf anderen Inseln abschmeißt, in der Hoffnung, eher zufällig jemandem seine Pläne zu zerschießen. Das hat sowas von "wild mit der Schrotflinte rumballern" und da finde ich Interaktion durch gezieltere Aktionen in der Regel deutlich interessanter...
    Aber möglicherweise kommt das "gezielte Stören" erst rein, wenn man das Spiel oft genug gespielt hat, um die Endwertungskarten alle zu kennen.



    [Paläste von Carrara]
    Ja, da liegst du richtig, das halte ich auch für deutlich unterschätzt -- außer von der SdJ-Jury, die es zum Kennerspiel des Jahres nominiert hat. Vermutlich liegt so manche verhaltene Bewertung auch ganz wesentlich daran, dass die Spieler bei diesem Thema ein 0/8/15-Renaissance-Gebäudebau-Spiel erwarten und nicht das Wettrennen, das es eigentlich dem Wesen nach ist. Könnte man auch mal wieder rausholen. :)

    @toomuchcoffeeman:


    Vast liegt zuhause rum und auch die Erweiterung mit den Minis kommt noch dieses Jahr zu mir, die hatte ich bei Kickstarter unterstützt. Ist aber noch ungespielt. Die Regeln habe ich mir auch schon so weit draufgeschafft, dass ich es erklären könnte, aber, au weia, das zu erklären, das wird die Hölle. Ich will mich nicht beschweren; genau wegen der besonderen Asymmetrie habe ich es ja gekauft, aber da spielt wirklich jeder Spieler nach komplett eigenen Regeln. Wenn man Regelsatz A erklärt, dann müssen Spieler B, C und D auch wenigstens mit einem Ohr hinhören, sonst verstehen sie nachher vom Gesamtbild nur Bahnhof, aber fürs eigene Spiel brauchen sie dafür null-komma-nichts. Insgesamt dauert die Regelerklärung dann vorraussichtlich mindestens dreimal so lange wie bei einem normalen Spiel. Das auf den Tisch zu bringen ist eigentlich nur sinnvoll, wenn man in der gleichen Gruppe das Spiel mehrfach auf den Tisch bekommt.


    Wie hast du es denn geschafft, so ein extremes Spieldesign auf den Tisch zu kriegen und dann zu erklären? Oder gehörst du zu denen, die es mehr oder weniger unvorbereitet vorgesetzt bekommen haben? Auch dann würde mich interessieren, wie das konkret geklappt hat und wie es bei den Mitspielern angekommen ist. Vor dem Projekt "Vast auf den Tisch kriegen" habe ich gehörigen Respekt...

    Eigentlich müsste ich auf alles eingehen, aber sorry, das schaffe ich nicht... Danke für die vielen Vorschläge. Da sind inzwischen auch einige unbekannte Sachen dabei, neues (z.B. MiniRails) wie altes (z.B. Rapa Nui oder Namibia), was auf meine "muss ich mir mal näher anschauen"-Liste kommt. Allein dafür hat es sich für mich schon gelohnt, den Thread zu starten. Danke.


    Viele von den genannten Spielen habe ich. Die kommen vielleicht durch die Empfehlung hier jetzt mal eher wieder auf den Tisch (z.B. Railways of the World oder Raja, seit Ewigkeiten nicht mehr gespielt). Bei den Sachen, die ich nicht selbst besitze, weiß ich in vielen Fällen, warum ich sie nicht habe. Dauert mir zu lang (18xx!), unklare und widersprüchliche Regeln als KO-Grund (Panamax), geht nicht zu zweit, thematisch zu staubtrocken (manches Wirtschaftsspiel), rein optisch unterhalb der Toleranzgrenze (Age of Steam) oder keinerlei Zufallselemente -- das gibt alles bei mir Minuspunkte. Heißt nicht, dass die Sachen schlecht sind, aber "keine Zufallselemente" regt z.B. in meinen Spielegruppen dann halt doch wieder zum Durchrechnen und Totgrübeln an. Davor sind dezente Zufallselemente (Karten / Würfel) zum Glück ein recht verlässlicher Schutz. :) Und Sachen mit Papierplänen kriege ich gar nicht erst auf den Tisch; damit war dann z.B. Infamous Traffic trotz anfänglichem Interesse nach den Berichten hier im Forum wieder schnell von der Liste gestrichen. Was nützt mir das beste Spiel, wenn ich es auf absehbare Zeit nicht auf den Tisch kriege? Dann brauche ich es nicht kaufen. Auch wenn ich davon schon auch schon mal abgewichen bin. ;)



    Konkrete Fragen werden natürlich beantwortet:

    Kennst du den Heavy Cardboard Podcast? Da werden viele Spiele durchgenommen die in dein jetziges Beuteschema passen - mal so als Anhörtip.

    Kennen ja, aber ich bin nicht so der Podcast-Hörer. Das ist mir oft zuviel Gelaber (jetzt nicht auf Heavy Cardboard bezogen, sondern ganz allgemein). Ich lese lieber, denn wer schreibt, hat seine Gedanken schon geordnet. Die entsprechende Gilde bei BGG habe ich aber abonniert und im entsprechenden Unterforum waren auch schon sehr interessante Diskussionen drin.

    Ein paar Klassiker, die in dein Schema passen könnten: Caylus, Funkenschlag, Antike. Sind dir sicher bekannt !

    Bisher ist mir fast alles bekannt. Aber solche Nennungen wie deine können ja auch ein Anreiz sein, einen der Klassiker nach einer (allzu) langen Zeit des Staubeinfangens mal wieder aus dem Spieleregal zu holen. ;) Insofern: Weiter so, ich freue mich über die bisherigen Reaktionen und Vorschläge! Danke an alle, die bisher sich beteiligt haben.

    Hallo zusammen. Ich möchte mal die große Fachkenntnis dieses Forums anzapfen...


    An Spielen, bei denen man weitgehend parallel nebeneinander her optimiert, habe ich mich irgendwie satt gespielt. Ich mag keine Spiele mehr spielen, bei denen man nur Optimierungsprobleme durchrechnet und hier und da versucht, ein paar Siegpünktchen mehr heraus zu quetschen als die anderen. Zumal es irgendwie immer schwieriger wird, bei solchen Spielen Mitspieler zu finden, die solche Sachen auch aus dem Bauch heraus spielen können bzw. wollen. Stattdessen wird dann aus einem Spiel mit der Packungsangabe "90 Minuten Spielzeit" allzu leicht ein 3+-Stunden-Klopper, weil alles zu Tode analysiert und durchgerechnet wird. Da geht dann jede spielerische Leichtigkeit flöten. Furchtbar.


    Mir gefallen dagegen Spiele, bei denen eine sehr starke Spielerinteraktion dafür sorgt, dass eben nicht alles komplett durchrechenbar ist. Spiele, bei denen man nicht mehr als eine unscharfe, intuitive Idee davon hat, was die anderen kurz-, mittel- oder langfristig so vor haben, aber das bestimmt dann ganz wesentlich, was man selbst tun sollte. Kurz: Ich mag Spiele mit Spielerinteraktion.


    Ich mag insbesondere Spiele mit viel Konkurrenz parallel an vielen Fronten, denn dann ist's mit komplettem Durchrechnen ganz schnell vorbei. Man kann nicht überall mitmischen und dann braucht es Intuition. Konkurrenz beim Ausbreiten auf einer Karte, Konkurrenz um zu wenig Ressourcen, Konkurrenz um zu viel wenig gute Aktionen für alle Spieler, Konkurrenz in verschachtelten Mehrheitenwertungen, Konkurrenz um die beste Position in der Spielerreihenfolge, Konkurrenz um jede Runde immer stärker werdende Aktionen, wo man sich irgendwann sagt: "jetzt muss ich's nehmen, sonst kriegt's ein anderer". All sowas. Ich mag Spiele, in denen man versuchen muss, einen taktischen und/oder strategischen Weg zu gehen, wo man ungestört voran kommen kann, während die anderen Mitspieler auf ähnlichen Wegen sich gegenseitig behindern. In diese Kategorie stecke ich z.B. #Navegador und #Concordia.


    Ich habe dabei auch überhaupt keine Probleme damit, wenn es dabei fies und gemein werden kann. Es bringt Spannung und Emotionalität, wenn man einen Mitspieler auf dem falschen Fuß erwischen kann, man aber umgekehrt auch immer selbst in der Gefahr lebt, durch die Mitspieler die eigenen Planungen zerschossen zu bekommen. Zuletzt habe ich ein paar Mal #Vanuatu (2nd edition) gespielt, dessen erste Ausgabe damals irgendwie komplett an mir vorbei gegangen war. Herrlich. Ist sofort bei mir auf 9/10 Punkten eingestiegen. Das ist so ein Fall. Vanuatu kann brutal sein. Wenn's ganz dumm läuft, bekommt man in einer komletten Runde keine einzige sinnvolle Aktion hin. Das ist schon auf einem Niveau, wo es sicher nicht mehr für jeden passt, aber mit entsprechender Frusttoleranz ist das ein absolut tolles Spiel.


    Eines meiner Lieblingsspiele ist #BoraBora; auch das kann hundsgemein werden. Wer als Startspieler böse grinsend einen 1er-Würfel auf das Aktionsfeld setzt, wo jeder noch hin will, kann Flüche hören... ;) Ich mag auch Spiele, in denen man sich gegen solcherlei Fiesheiten absichern kann, es aber trotzdem manchmal sein lässt, weil Absicherungen auch mit irgendwelchen Kosten verbunden sind, so dass man auch kontrolliert Risiken eingehen muss, wohlwissend, dass nicht alles klappen wird. #Luna ist dafür auch ein schönes Beispiel. Da muss man sogar damit leben, dass die Mitspieler gegen den eigenen Willen die Runde einfach beenden können, während man noch ungenutzte Worker hat -- auch eine sehr schöne Art der Interaktion, eben weil man mit sowas auch einfach nur drohen kann. ;)


    Oder #Scoville, wo man per verdeckter All-pay-Auktion auf das Erstwahlrecht in der enorm wichtigen Zugreihenfolge bieten muss, enorm wichtig deshalb, weil manchmal jemand in der falschen Position böse ausmanövriert werden kann. Um das Geld für die wirklich wichtigen Momente im Spiel zu haben, muss man normalerweise sehr knapp bieten, also gezielt Risiken eingehen. Super. #Troyes hat auch viel schöne Interaktion, u.a. weil man dem Mitspieler seine Würfel einfach wegkaufen kann, wenn man genug Geld dafür hat. Bei #ArgentTheConsortium habe ich neulich die 2nd Edition bei Kickstarter gebacken. Das dürfte auch ziemlich sicher nach meinem Geschmack sein.


    Was ich allerdings überhaupt nicht mag, ist allzu starke direkte negative Interaktion. Wenn jemand etwas mühsam aufgebaut hat, möchte ich das nicht zerstören oder für mich erobern. Viel Interaktion: ja, gerne ... aber bitte möglichst unter der Schwelle von "ich mache dem Mitspieler etwas mühsam Aufgebautes kaputt". Ich möchte starke Interaktion, inklusive beliebig fieses "Knüppel zwischen die Beine schmeißen", aber sobald der Gegner irgendetwas fertig gebaut hat, dann steht's, herzlichen Glückwunsch dazu.



    Was sind eure liebsten Spiele mit hoher, auch fieser, Interaktion, die dabei aber (weitgehend) ohne rein destruktive Elemente auskommen?