Beiträge von MetalPirate im Thema „Charterstone (EN) vorbestellbar (Stonemaier Games, 2017)“

    Vielleicht war Rob bei Seafall schon bewusst, dass das Spiel einen gewissen "Hype" benötigt, denn die Schwächen des Spiels müssen den vielen Testspielern vorher doch auch aufgefallen sein.....aber das ist ja reine Spekulation.

    Ich behaupte mal, dass sich ein Legacy-Spiel gar nicht so einfach testen lässt. Das Legacy-Prinzip lebt doch gerade von unerwarteten permanenten Veränderungen und wenn man immer wieder die gleichen Leute testen lässt, dann ist da ab dem zweiten Durchlauf nichts mehr unerwartet.


    Von Charterstone hatte ich selbst lange vorher auch noch nichts gehört - wie lange allerdings die Entwicklungszeit von dem Spiel war, weiß ich jetzt nicht.

    Ich kann's jetzt nicht genau beziffern, aber als Abonnent des Stonemaier Games Newsletter ist mir das schon sehr lange bekannt. Ich hatte auch den Eindruck, dass das nach dem kommerziellen Flop von Seafall nochmal etwas nach hinten gerutscht ist in der Veröffentlichungspipeline. Würde mich nicht wundern, wenn da nochmal zusätzlich Entwicklungsarbeit reingeflossen ist, um bei Seafall erlebte Fehler zu vermeiden. Aber das ist auch reine Spekulation.

    Die bisher veröffentlichten Legacy-Spiele kamen ja auch "plötzlich"...

    "Plötzlich" kam aus meiner Sicht nur Risk Evolution. Pandemic Legacy hatte vorher schon einen mittelgroßen Hype. Seafall sogar einen riesengroßen Hype. Das war ja auch entsprechend lange in der Entwicklung und von jeder größeren Messe gab's Interviews mit Rob Daviau zu hören/sehen, wie weit denn die Entwicklung schon gekommen wäre.

    Diese ganzen Legacy- und Kampagnen-Spiele mit aufbauenden Spielelementen sind nicht wirklich für wechselnde Spielrunden geeignet. Ist dann aber eher ein Spielerproblem und kein Spielproblem. Scheint aber ein Trend zu sein (bei den Spielen, die mich interessieren): Gloomhaven, Near & Far, The 7th Continent, Mech vs Minions, Flick Em Up (mit Einschränkungen), Massive Darkness, ...

    Für meinen Geschmack schmeißt du da sehr viele sehr unterschiedliche Sachen in einen Topf. Die Szenarien von Massive Darkness lassen sich eigentlich nur als Einzelmission spielen (der Kampagnenmodus funktioniert eher schlecht als recht). Near & Far liefert gleichberechtigt mehrere Spielmodi (und schafft das, abgesehen von zu vielen Errata, auch überraschend gut!). Mechs vs Minions hat keine irreversiblen Legacy-Elemente und Gloomhaven nur geringe. Charterstone hat dagegen sehr ausgeprägte Legacy-Elemente. Das "erfordert feste Spielrunde über längere Zeit" gilt streng genommen eigentlich nur, wenn das Spiel irreversibel verändert wird. Sonst eigentlich nicht.


    Persönliche Meinung: Charterstone werde ich definitiv nicht vorbestellen. Sachen mit ausgeprägten irreversiblen Elementen kaufe ich frühestens dann, wenn sie längst erschienen sind und es viele positive Empfehlungen dafür gibt, und selbst dann ist das längst nicht gesetzt. Sonst verfolge ich das erstmal nur interessiert, aber mehr nicht. Man muss nicht alles kaufen, was gehypt wird. Legacy ist für mich nichts Positives, sondern erstmal ein Minuspunkt, der von vielen positiven Berichten kompensiert werden muss. Ich will Spiele aus dem Regal holen können, wenn ich Lust habe, das Spiel zu spielen. Ich will nicht 12 Spieleabende im Voraus in fester Gruppe planen müssen, ohne zu wissen, ob das Spiel überhaupt etwas taugt.


    Im Übrigen glaube ich, dass die Legacy-Welle schon längst spürbar abgeebbt ist. SeaFall war da für viele, bei den Käufern wie bei den Autoren und Verlagen, doch eine ziemliche Ernüchterung, und hat gezeigt, dass Legacy-Spiele nicht automatisch gut sind bzw. sich verkaufen wie geschnittenes Brot. Von kommenden "großen" Legacy-Spielen hat man auch in letzter Zeit eher wenig gehört.

    Ich sehe es ähnlich wie @Fluxx, wobei ich beide Punkte jeweils ein Stückchen negativer gewichte.


    Punkt A (Kampagne) finde ich im Grunde auch sehr interessant. Es ist etwas, das ein Spiel aus der Masse herausheben kann, und damit erstmal klar positiv. Aber ich sehe für mich das praktische Problem, dass man in der gleichen Runde in kurzen Abständen ein Spiel mehrfach auf den Tisch bringen muss. Das schaffe ich einfach nicht mit meinen üblichen Mitspielern. Jüngst wieder bei Near and Far erlebt. Spiele, die dann im Regal verstauben, nützen mir nichts. Das bleibt dann bei "theoretisch nett" stehen.


    Punkt B (Zerstörung) ist mir bezogen auf das Spiel eigentlich relativ egal. Kein Pluspunkt (ich ziehe keinen Reiz und keine gesteigerte Spannung daraus, etwas kaputt zu machen) und auch kein Minuspunkt (gehört dann halt zur Spielidee dazu). Aber auch hier ist wieder die gelebte Praxis das Problem: ich sammle keine Spiele. Etwa alle 12 Monate gibt es eine große Aufräumaktion, bei der ungefähr so viele Spiele wieder verkauft werden, wie ich in den vergangenenen 12 Monaten gekauft habe. Das Zerreißen von Karten reduziert dann den Wert auf (nahe) null und so wird's dann doch zum Negativpunkt, denn das ist es mir einfach nicht wert, wenn die Begründung für das Zerstören allein "höherer Kick bei manchen anderen Nutzern" ist.

    Irgendwann stirbst Du und Deine Spiele werden entsorgt. Das Aufschieben des Entsorgens ist nur ein Ausblenden - keine Lösung.

    Du tust ja fast so, als gäbe es nur die beiden Extreme "Entsorgung beim Spiel selbst (-> Legacy)" und "Entsorgung nach dem Tod des Spielers". Komisch. Bei mir sind die meisten Spiele durch ganz schlichtes und gewöhnliches Verkaufen von mir gegangen -- etwas, was bei Legacy per Definition nicht mehr ohne weiteres geht.

    Der Spielebaukasten von Herrn Friese ist aber doch ein Musterbeispiel für das Design von Spielen die funktionieren.

    Da bin ich ganz bei dir. Als 504 neu war, habe ich es einige Male gespielt und dabei immer wieder gestaunt, wie gut das rein mechanisch funktioniert. Dennoch war das Ganze ein recht seelenloses Konstrukt, das nach der Neuheiten-Phase nie wieder aus dem Spieleregal genommen wurde. Genau das ist das Problem bei diesen ganzen Ansätzen, wenn man 100+ richtig gute Spiele im Regal hat: gegen Terraforming Mars, Great Western Trail, Energy Empire und viele andere Spiele mehr, für die man sofort Mitspieler findet, zieht so ein Produkt dann immer den Kürzeren. Nur "gut" reicht eben nicht mehr, wenn "sehr gut" in großer Anzahl vorhanden ist.


    Charterstone werde ich aus diesem Grunde eben nicht vorbestellen. Sollte es wieder Erwarten doch mehr als "nur" gut werden (will ich nicht ausschließen, halte ich aber für unwahrscheinlich), dann kann ich es mir später immer noch kaufen.

    Ein Legacy-Spiel mit hoher Wiederspielbarkeit im Endzustand hinzukriegen ist meiner Meinung nach genauso schwierig wie Spielebaukästen der Sorte 504 (von 2F Spiele / Friedemann Friese), bei denen eine beliebig herausgegriffene Kombination ein tolles Spiel geben soll. Kann mit Glück funktionieren, wird aber im Normalfall nicht auf dem Niveau sein wie ein speziell in einer Konfiguration designtes Spiel. Es ist allein schon unmöglich, alle möglichen Endzustände bei einem solchen Legacy-Ansatz überhaupt zumindest einmal getestet zu haben. Zufällig einzelne Elemente zusammenstöpseln ergibt eben in den seltensten Fällen ein rundherum gelungenes Ganzes. Wer etwas anderes behauptet, redet die Arbeit klein, die Autoren und Redakteure in die Spiele stecken.