Beiträge von MetalPirate im Thema „Wie schnell kann der Ruf (Verkaufszahlen) eines neu erschienenen Spiels durch "ungerechtfertigte" Rezensionen ruiniert werden?“

    @Katzenpapa: "Hype" heißt ja erstmal nur, dass etwas im Gespräch ist. Das ist für mich per se weder positiv noch negativ besetzt. Wenn man damit eine Wertung verbinden möchte (wie dein klar negative "Fanboy-Geblubber"), dann muss man meiner Meinung nach genauer hinschauen, woher das kommt und warum etwas so im Gespräch ist.


    Liegt es daran, dass das Produkt einfach nur von einem bekannten Autor/Verlag kommt? Dann gilt am ehesten "Fanboy-Geblubber". Das lasse ich z.B. für Scythe gelten, auch wenn das Artwork als echter Hingucker sicher auch eine wichtige Rolle spielt. Scythe wäre auch "im Laden normal neben Siedler von Catan" sicher nicht unbeachtet geblieben. Oder liegt der Hype vielleicht an echtem Interesse in der Szene an neuen Ideen und Ansätzen (z.B. der "Spielebaukasten" 504, der von Anfang an kontrovers diskutiert wurde, auch hier)? Oder gibt es berechtigtes Lob für neue Spiele aus Kleinverlagen? Ja, auch Kleinverlage können Fanboys haben, die alles hochjubeln (bei Splotter sicher nicht komplett von der Hand zu weisen), aber gerade im Falle von Terraforming Mars finde ich z.B. den Vorwurf des "Fanboy-Geblubbers" etwas deplaziert. Wieviele Leute kennen frühere Spiele von Fryx Games? Also, just my 0.02 cents: ein bisschen mehr differenzieren statt Rundum-Schlägen wäre manchmal nicht verkehrt. Mein ja nur...

    Es gibt Leute, denen ich vertraue, weil sie (a) einen halbwegs kompatiblen Spielegeschmack haben, (b) recht treffsicher Vor- und Nachteile eines Spiels erfassen können und (c) das dann auch noch vernünftig in Worte fassen können, selbst wenn es nur in einem kurzen Bericht ist, etwa hier im Wochenthread. Sowas ist selbstverständlich keine "vollwertige" Rezension -- will es ja auch in aller Regel gar nicht sein. Aber wenn mich Neuheiten grundsätzlich interessieren, dann können solcherlei Ersteindrücke ein Spiel auf meiner Habenwollen-Liste schon spürbar nach oben oder unten drücken, erst recht, wenn mehrere Berichte solcher Leute in eine ähnliche Richtung gehen. Genau deshalb lese ich gerne den Wochenthread.


    In diesem Sinne: Ersteindrücke sind toll und hilfreich; genau sowas macht auch ein Forum wie dieses aus! (Nebenbemerkung: Solche Berichte hier sind auch sicherlich ein gutes Stück ehrlicher als ein Rahdo-Review, bei dem man sofort merkt, dass er das Spiel bestensfalls einmal vorher komplett gespielt hat.) Es ist natürlich immer mein Job als Konsument, das niemals über zu bewerten und da z.B. einen Rezensions-Anspruch drin zu sehen, der nie da war. Aber ich denke, dass die meisten hier es schaffen, den Wochenthread in diesem Sinne zu lesen...

    Mit dem "Macht natürlich keiner der unbezahlen Hobby-Reviewer" in Bezug auf den zu treibenden Aufwand bei Spielen, die nicht wirklich ins eigene Beuteschema passen, wollte ich keinem hier auf die Füße treten. Ich habe es deshalb oben in "Macht natürlich kaum einer der unbezahlen Hobby-Reviewer" geändert. Daumen hoch für alle, die diesen Aufwand trotzdem treiben und bei sowas noch eine gute Rezension schreiben! Ich weiß diesen Aufwand zu schätzen.

    Was ist denn "grau" oder "rot"? Gibt es da eine Trennscharfe, gültige Definition?

    Nein. Wohl aber Regeln und/oder Spielmechanismen, die den Gelegenheitsspieler schneller überfordern als viele hier es oft wahr haben wollen, und die deshalb zwar im anthrazitfarbenen Bereich, aber selten bis nie im Rot-Pöppel-Bereich zu finden sind:

    • alles über 8 Seiten Regelumfang
    • Regeln mit einer Verschachtelungstiefe, die zwingend Vorwärtsreferenzen erfordert ("XYZ wird später erklärt")
    • Spiele, die eine dediziert langfristige, strategische Vorausplanung erfordern (-> killt einen Großteil von Engine Building für Rot!)
    • alles mit komplett variabler Spielerreihenfolge
    • alles mit allzu vielen Leisten, auf denen irgendwas getrackt wird (empfindet der Rot-Zielgruppen-Gelegenheitsspieler als intransparent / aufwändig / wenig "spielerisch")
    • Spiele, die zum erfolgreichen Spielen eine hohe Spielkenntnis erfordern, z.B. die Kenntnis aller vorhandenen Karten/Plättchen/irgendwas
    • Spiele mit nennenswerte Siegpunktausschüttung erst am Spielende in einer großen Endwertung ("wie stehe ich im Spiel da?" muss für rot immer klar sein)
    • und vieles mehr...

    Dann wird es Zeit, eine Zertifizierung für jeden Rezensenten einzuführen , AZAV oder irgendetwas in der Art. Ist ja heute modern. Dann haben wir zumindest einheitliche Qualitätsstandards bei Rezensionen und die Welt wird wieder schön

    ....und wir hätten auch ein wunderschöne, dauerhafte Einnahmequelle für die Zertifizierungsorganisationen. Das ist doch der eigentliche Zweck der immer weiter um sich greifenden Zertifiziererei von jedem Furz. Es reicht nicht mehr, etwas zu können, nein, man muss stattdessen irgendwas in dieser Richtung zertifiziert haben, da hängt ja schließlich eine ganze Zertifizierungsindustrie dran. Und wenn man die ganzen inoffiziellen Werbelabels und -auszeichnungen irgendwelcher selbsternannter "Institute für sonstwas" mitrechnet, wird's noch wilder. Können zählt wenig, die Schau drum herum viel. Oder habe ich da etwas falsch verstanden? :evil:

    Wer bei einem Spiel großen Wert auf Interaktion legt, sollte Mehrspieler-Solitärspiele wie NMBR9, Take it easy, Karuba etc. gar nicht erst rezensieren KAUFEN.

    FTFY. :)


    Könnte das Problem evtl. darin liegen, dass Reviewer kostenlose Rezensionsexemplare erhalten, mit denen sie eigentlich bezogen auf ihren persönlichen Geschmack gar nicht viel anfangen können, sich dann aber trotzdem ein Review aus den Fingern saugen müssen? Ist dann nicht eigentlich irgendwas aus dem weiten Bereich des halbgares Geblubbers schon quasi vorprogrammiert?


    Wer ein Spiel, das ihm persönlich nicht liegt, vernünftig rezensieren soll, braucht dafür doch mindestens (!) den dreifachen Aufwand wie bei Spielen, die ihm liegen: dafür passende Spieler suchen, mit ihnen das Spiel spielen, das Ganze mehrfach, diese Mitspieler interviewen, die Antworten passend verarbeiten, in ein geschliffenes Review verpacken, etc. Macht natürlich EDIT: keiner kaum einer der unbezahlen Hobby-Reviewer. Das wird durch die "Nicht Fisch, nicht Fleisch" Pseudo-Reviews ersetzt, die eigentlich kein Mensch braucht.

    Und warum tun das dann so viele Rezensenten?

    [gemeint ist: Sachen besprechen, die einfach nicht zu ihnen passen]


    Antwort: weil sie oft Selbstdarsteller und Wichtigtuer sind, die meinen, alles was neu ist, eher schnell als gründlich besprechen zu müssen, um Clicks, Follower, Abonnenten, Verlinkungen oder was-weiß-ich-was abzubekommen. Diese Reviewer / Blogger / Youtuber sind dann bei mir ganz schnell unten durch, zumindest wenn's um eine Positionierung eines Spiels auf meiner Habenwollen-Liste geht.
    (Unter einem reinen Unterhaltungsaspekt betrachtet kann sowas trotzdem noch gut gemacht sein, selbst wenn der Reviewer fachlich keine Ahnung von der Sache hat, die er bespricht. Das will ich gar nicht geringschätzen, denn auch die sachlich fundierteste Rezensions liest niemand gerne, wenn sie nicht wenigstens halbwegs unterhaltsam verfasst ist.)

    Oh Mann, was hier wieder für ein Aufriss veranstaltet wird. @Jimmy_Dean schreibt: "Wenn ich die rezensieren würde [...]". Das ist Konjunktiv. Er rezensiert's nicht. Kein unbezahlter Hobby-Reviewer tut sich oder irgendjemandem sonst einen Gefallen, wenn er Sachen bespricht, die nicht zu ihm passen. Dann kann man sich auch die relativierenden Floskeln wie "könnte eventuell der Randgruppe XYZ gefallen" nämlich auch gleich sparen.

    Ich glaube, an solchen Sachen wie SeaFall kann man schon sehen, dass überwiegend negative (bzw. sehr "verhaltene") Reviews den Verkaufserfolg schon deutlich schmälern. Das wird nicht ohne Grund überall für deutliche Rabatte verkloppt, insbesondere auch im US-Markt. Da war's auch schon mal als "daily deal" für $20 plus shipping zu haben, und das bei MSRP (=UVP) $80!


    (Wobei in diesem speziellen Fall vermutlich auch dazu kommt, dass der Verlag übermäßig hohe Stückzahlen produziert haben dürfte, in der falschen Erwartung eines ähnlichen Erfolgs wie bei Pandemic Legacy. Der Hype vorher war ja auch entsprechend.)